Das „Galgenhölzle“, eine Bierkneipe in der Altstadt von Überlingen, zählt zu den zwei einzigen Gaststätten im Bodenseekreis, die sich im November 2019 der Aktion 'Luisa ist hier' angeschlossen haben. Es handelt sich dabei um ein Hilfsprogramm für Frauen, die (sexualisierten) Übergriffen ausgesetzt sind. „Ist Luisa hier?“ dient als Codewort: Kommt ein Gast an die Theke oder zur Bedienung und stellt diese Frage, läuft ein Schutzprogramm nach festgelegten Regeln ab, für das das Personal geschult wurde.

Als weitere Kneipe im Bodenseekreis macht das benachbarte „Anusch‘s Pub“ noch mit, sonst bislang niemand, was an der Pandemie liegen dürfte, die kurz nach dem Start der Initiative ausgebrochen ist. So zumindest erklärt es sich Lars Gäbler, Pressesprecher im Landratsamt. Es sei auch nicht bekannt, ob von der Aktion bislang je Gebrauch gemacht wurde.
Laut Galgen-Wirt Michael Jeckel ist ihm kein Fall bekannt, in dem via „Luisa“ je um Hilfe gerufen wurde, obwohl das Angebot über Aufkleber und Hinweisschilder in seiner Kneipe an mehreren Stellen beschrieben wird.
Unruhestifter werden im „Galgen“ rausgeschmissen
Übergriffe und Gewalt unter den Gästen könnten nicht ausgeschlossen werden. Jeckel: „Es gibt immer irgendwo welche, die den Alkohol nicht vertragen.“ Im Gegensatz zu früheren Jahrzehnten gehe es heute aber friedlicher zu, sagte der 69-Jährige. Und wenn es doch einmal zu Handgreiflichkeiten unter den Gästen kommt, regelten er und sein Personal das gerne selbst. Auch die Mitarbeiterinnen an der Theke seien taff genug, um Unruhestifter aus der Kneipe zu werfen. Da es sich dabei meistens um betrunkene Gäste handle, „ist das kein Problem“. Üblicherweise würden sich auch andere Gäste rasch ans Personal wenden, wenn es irgendwo zu Stress kommt. Diesmal, wundert sich Jeckel, habe sich seines Wissens nach niemand gemeldet, er könne deshalb zu dem Vorfall nichts sagen.
Was passierte am Freitag, 28. Januar, um 23.45 Uhr?
Doch was passierte nun am vergangenen Freitag? Laut einem Bericht des Polizeipräsidiums wurde eine 18-jährige Frau gegen 23.45 Uhr im „Galgen“ ins Gesicht geschlagen. Nachdem sie zusammensackte, sei sie zwei bis drei Mal mit Füßen getreten worden.
Ein Verdacht richtete sich gegen drei zunächst unbekannte Männer. Auf den öffentlichen Zeugenaufruf hin meldeten sich mehrere Personen bei der Polizei, die offenbar verwertbare Aussagen machten. Denn mittlerweile, so die Polizei, konzentrierten sich die Ermittlungen auf einen 18-jährigen Tatverdächtigen.
„Galgenhölzle“ war laut Jeckel gut besucht
Wie Jeckel sagt, „war die Bude voll“, teils hätte sich vor der Türe eine Warteschlange gebildet. Für Pandemie-Zeiten sei der Besuch sogar außergewöhnlich gut gewesen. „Wir waren zu siebt“, beschreibt Jeckel den Personaleinsatz. Er wolle keinesfalls den Eindruck erwecken, als ob er den Fall klein rede oder Zweifel am Hergang säe. Aber es wundere ihn, dass er von dem Fall nichts mitbekomme habe. Er kenne auch die 18-jährige Frau nicht, um die es gehe. Und die Polizei habe ihn, der er an dem Abend in seiner Kneipe gewesen sei, bislang nicht zu dem Vorfall befragt.