Es sind drei besondere Karrieren im Ehrenamt, die Anfang dieses Jahres offiziell zu Ende gegangen sind: Roland Wehrle, Peter Schmidt und Otto Gäng nahmen Abschied von ihren tragenden Rollen in der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN). Das geschah bei der Hauptversammlung der VSAN in Laufenburg am Hochrhein – ein symbolischer Ort, war Roland Wehrle dort doch 1996 nach einem Jahr im Interim zum Präsidenten gewählt worden.
Nun gab es einen großangelegten Festakt zum Abschied für die drei Fasnachtsurgesteine an einem weiteren Ort, der für die VSAN eine besondere Bedeutung hat, in Bad Dürrheim. Dort hat die VSAN ihren offiziellen Sitz und dort steht das Fasnachtsmuseum Narrenschopf. Auf diese Vorzeige-Einrichtung der Fasnacht ging auch Bürgermeister Jonathan Berggötz in seinem Grußwort ein: „Der Narrenschopf trägt eure Handschrift, er ist ein Zentrum der schwäbisch-alemannischen Fasnet“, sagte er.

Dass Fasnacht die Menschen in einer weiten Region bewegt, zeigt allein die Liste an Rednern, die sich mit Beiträgen an dem fast vierstündigen Programm beteiligten. Und die Beiträge zeigten auch, was für ein weitverzweigtes Netzwerk an Menschen hinter dem Kulturerbe Fasnacht steckt.
Zur Verdeutlichung: Grußbotschaften per Video kamen von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), dem CDU-Fraktionsvorsitzenden im Landtag, Manuel Hagel, und dem Chef des Europaparks, Roland Mack. Der Freizeitpark ist Veranstaltungsort für die Verleihung der Goldenen Narrenschelle, die die VSAN vergibt. Die hat in diesem Jahr Regina Halmich bekommen, aber auch Thomas Gottschalk gehört zu den Empfängern dieser Auszeichnung. Auch der SWR schickte seinen Abteilungsleiter Unterhaltung, Alexander Göbel, mit einem Redebeitrag.

Die Landespolitik vertrat Arne Braun in Bad Dürrheim, Staatssekretär im Wissenschaftsministerium. Der gab sich gleich als Aachener und somit Anhänger des Karnevals zu erkennen und gab Wehrle am Ende seiner Rede in Öcher Platt mit: „Et hät noch immer jot jejange.“
Säckeweise Lob für die Führungsfiguren der VSAN, die sich nun verabschieden
Zuvor würdigte er die VSAN als Einrichtung, die die Menschen im Land so sehr verbinde wie kaum eine andere, hob das beinahe 45 Jahre lange Engagement von Wehrle im Präsidium der VSAN hervor und ging auch auf die Nachsorgeklinik in Tannheim ein, maßgeblich von Wehrle initiiert und Beispiel für einen Charakterzug des Verabschiedeten, den Braun hervorhob: „Visionen mit Mut und Power Wirklichkeit werden lassen.“

Landrat Sven Hinterseh sprach scherzhaft vom Phantomschmerz nach Wehrles Abschied. Doch da dieser weiter als Ehrenpräsident aktiv bleibe, dürfte sich dieser Phantomschmerz am Ende doch in Grenzen halten, so Hinterseh.
Werner Mezger, landauf, landab als Fasnachtsprofessor bekannt, blickte in seinem Beitrag auch auf das Museum 4.0, eine Initiative des Kulturstaatsministeriums, die auf Digitalisierung im Museum abzielt und in der der Narrenschopf mit dem Museum Schloss Langenstein bei Eigeltingen im Kreis Konstanz vertreten ist. Auf die Arbeit des Narrenschopfes sei sogar der Louvre aufmerksam geworden, habe Ausstellungsmaterial genutzt und ihn, Mezger, eingeladen, eine Ausstellung mitzukuratieren. Die Grundlage für derartige Sichtbarkeit hätten Wehrle und seine Vizepräsidenten gelegt, so Mezger.
Ein Abend, der vor allem den Narren gehört
Doch bei all den Würdigungen: Der Abend gehörte vor allem den Narren. Da blickte Otto Gäng aus Markdorf, langjähriger Vize-Präsident der Vereinigung, launig auf seine erste Begegnung mit Wehrle im Jahr 1985 zurück: „Damals war mein erster Gedanke: Mit dem werde ich nie zusammenarbeiten.“ Am Ende seien dann doch 28 gemeinsame Jahre im Präsidium der VSAN daraus geworden, so Gäng: „Und es hat Spaß gemacht.“

Und er hatte nachdenkliche Worte für die Ehefrauen der Geehrten parat, die dafür gewürdigt wurden, ihre Männer für das Ehrenamt ziehen zu lassen. Gäng sagte: „Es war nicht immer einfach für die Frauen. Mir sind halt gange und die hont de Lade zsämmeg‘halte.“ Aufs Menschliche blickte auch Peter Schmidt: „Das Ehrenamt bringt dich als Mensch voran und es ist aller Ehren wert, das zu machen.“ Er freue sich nun auf die Fasnacht als ganz normaler Narr.
Wehrle selbst legte den Akzent auf den Dank an diejenigen, die sein ehrenamtliches Engagement überhaupt möglich gemacht haben – an die Aktiven der VSAN, aber allen voran an seine Familie. Und er berichtete über die Herausforderungen in der VSAN und in der Nachsorgeklinik Tannheim, die er zu bewältigen hatte. Beides habe voneinander profitiert und ohne sein Amt als Vizepräsident der VSAN Anfang der 1990er-Jahre würde die Klinik in Tannheim heute nicht stehen, sagte Wehrle. Denn er nutzte jede Gelegenheit, um Spenden zu werben, wie an dem Abend auch deutlich wurde.
Verhältnis zum rheinischen Karneval hat sich entspannt
Auch das Verhältnis zum rheinischen Karneval habe sich entspannt, so Wehrle weiter. Gemeinsam würden die schwäbisch-alemannischen Narren und die rheinischen Karnevalisten daran arbeiten, nach dem Status des bundesweiten immateriellen Kulturerbes auch den des immateriellen Weltkulturerbes zu erreichen.

Zum Ende des Abends hagelte es noch regelrecht Ehrungen. Wehrle darf sich in Immendingen nun Strumpfkugler nennen, in Waldkirch Ehren-Naudiak und in Wellendingen wurde er Ehrenmitglied. Die Schweizer Zünfte überreichten ihm eine riesige Kuhschelle und hatten auch für Otto Gäng ein Geschenk dabei. Und Anselm Säger und Alexander Brüderle, erster und zweiter Zunftmeister der Historischen Narrozunft Villingen, hatten für Wehrle, Gäng und Schmidt kleine Villinger Narroschemen im Gepäck – vom verlorenen Sohn Narrozunft, der die VSAN verlassen habe und nicht mehr zurückkehren werde, wie Säger klarmachte.
Was ging es Roland Wehrle damit? „Es war ein sensationeller Abend und eine große Würdigung für alles, was man gemeinsam geleistet hat“, sagte er nach dem Ende des offiziellen Programms. Mit der Vielzahl an Ehrungen habe er aber trotzdem nicht gerechnet: „Das ist eine große Wertschätzung.“ Als Vorstand der Kulturstiftung der VSAN werde er weiter aktiv bleiben, aber: „Es ist schön, dass die organisatorische Arbeit weg ist.“