„Sie können froh sein, dass die Frau nicht tot ist.“ Diese Worte richtet Richter Alexander von Kennel am Ende der Verhandlung an den Mann auf der Anklagebank. Der 33-Jährige aus dem Bodenseekreis musste sich vor dem Überlinger Amtsgericht wegen gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung und Beleidigung verantworten.

Laut Anklage soll der Mann im September 2023 seine damalige Freundin brutal attackiert haben, nachdem diese auf dem Sofa eingeschlafen war. Er habe sie geschlagen und gewürgt, bis sie das Bewusstsein zu verlieren drohte, so die Staatsanwaltschaft.

Tritte gegen Kopf und Körper

Zudem habe er sie an den Haaren durch die Wohnung gezogen und sie auf dem Boden liegend gegen Kopf und Körper getreten. Er habe ihr angedroht, sie umzubringen, verliest die Staatsanwältin weiter. Der Angriff endete erst, als der Vater des Angeklagten, der im selben Haus lebt, auf den Lärm aufmerksam wurde und die Frau fliehen konnte.

In den darauffolgenden Wochen soll der Mann seine Ex-Freundin und deren Mutter mehrfach bedroht und beleidigt haben. Unter anderem drohte er ihnen mit Vergewaltigung und dem Tod. Dies belegen Chatverläufe und Sprachnotizen, die dem Gericht vorliegen.

Mann gibt Teil der Vorwürfe zu

Einen Teil der Vorwürfe räumt der Mann an diesem Verhandlungstag ein. Es stimme, dass er seine Ex-Freundin und deren Mutter beleidigt und bedroht habe, so der 33-Jährige. Seine Freundin habe ihn betrogen und beide hätten ihm Geld geschuldet, begründet er seine hasserfüllte Wortwahl. „Ich war sauer“, sagt er. „Und weil ich ihr nicht wehtun will, beleidige ich sie halt.“

Richter Alexander von Kennel ließ diese Rechtfertigungen nicht gelten und kritisierte den Angeklagten scharf: „Sie denken, über solche Beleidigungen und Bedrohungen Ihr Geld eintreiben zu können? Sie haben ein ganz merkwürdiges Rechtsverständnis.“

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Angeklagter streitet schwersten Vorwurf ab

Dass er seine Ex-Freundin körperlich misshandelt haben soll, bestreitet der 33-Jährige. Er habe in jener Nacht am Handy seiner Freundin Chatnachrichten gelesen, die seinen Verdacht bestätigten, dass sie fremdgehe, gibt er an. Anders als von der Staatsanwältin geschildert, will er die junge Frau geweckt und mit dem Vorwurf konfrontiert haben.

Anschließend habe er sie gebeten, die Wohnung zu verlassen. „Ich habe sie aus der Wohnung befördert, weil sie nicht gehen wollte“, so der Mann. „Aber ohne ihr wehzutun.“ Richter von Kennel zweifelt am Wahrheitsgehalt der Schilderung und bemerkt: „In der Vergangenheit haben Sie auch schon mal eine Frau geschlagen.“ Damit verweist von Kennel auf den Auszug des Strafregisters des Angeklagten. Dieser zählt 15 Einträge, darunter drei Monate Haft wegen häuslicher Gewalt und drei Jahre wegen Raubes.

Staatsanwaltschaft glaubt der Zeugin

Die Ex-Freundin des Angeklagten ist ebenfalls als Zeugin geladen, ihre Aussage erfolgt jedoch unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Wie die Staatsanwältin in ihrem anschließenden Plädoyer betont, hätten die Angaben der jungen Frau den Tatvorwurf belegt. „Sie machte einen äußerst glaubwürdigen Eindruck.“ Fotos der Würgemale, die vor Gericht gezeigt wurden, untermauerten das.

Es wiege zudem schwer, dass er wegen häuslicher Gewalt bereits in Haft saß, fährt sie fort. „Und er hat in dieser Haft nichts gelernt.“ Die Staatsanwältin fordert eine Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, die gerade noch auf Bewährung auszusetzen sei, weil sich der Angeklagte von der Geschädigten seit geraumer Zeit fernhalte.

Verteidigung stellt Opferaussage infrage

Der Verteidiger des 33-Jährigen fordert lediglich eine Geldstrafe für die Beleidigungen und bestreitet weiterhin den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung. Die Glaubwürdigkeit der Zeugin zweifelt er an – obwohl er „geneigt sei“, den Opfern „solcher Vorfälle“ zu glauben.

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Außerdem stellt er die Bilder der Würgemale infrage. Man könne sie nicht von Halloween-Schminke unterscheiden, argumentiert er. Eine Haftstrafe wolle er verhindern, da der Angeklagte sich gebessert habe: Er habe wieder Arbeit gefunden und plane, mit seiner neuen Freundin eine Familie zu gründen.

„Was Sie ihr angetan haben, war lebensgefährlich.“
Alexander von Kennel, Richter am Amtsgericht

Richter von Kennel verurteilt den 33-Jährigen schließlich zu einer einjährigen Freiheitsstrafe, die auf drei Jahre Bewährung ausgesetzt wird. „Ich glaube der Zeugin“, erklärt der Richter. „Was Sie ihr angetan haben, war lebensgefährlich.“ Abschließend fügt er hinzu: „Sie können froh sein, dass die Frau nicht tot ist.“

Zusätzlich zur Bewährungsstrafe muss der Mann ein Anti-Gewalt-Training absolvieren und 2000 Euro an einen Frauenschutzdienst in Konstanz zahlen.