Das Jahr begann insgesamt gut für die Fahrradbranche. Ein warmer Frühling folgte auf einen milden Winter, die Prognosen für den Sommer waren noch besser. Das Fahrrad wurde immer beliebter, das Auto wird öfter stehen gelassen. Doch dann kam die Corona-Pandemie und traf diese Branche, wie sie auch viele andere traf. Was folgte, waren Verkaufseinbußen und Unsicherheit.
Tipps für schöne Radtouren in der Region
Kaufverhalten auf einen Schlag abgeebbt
Michaela Buchholz von Bernds, einem Fahrradladen in Überlingen, erzählt: „Die Leute sind Anfang des Jahres begeistert aufs Rad gestiegen. Da haben alle in der Fahrradbranche gut verkauft. Doch dann kam die Corona-Krise. Das begann erst einmal langsam, aber ab dem 11. März haben wir es auf einen Schlag gemerkt: Das Kaufverhalten ist komplett abgeebbt.“ Hinzu gekommen sei, dass das Team intern nicht genau gewusst habe, wie man miteinander umgehen sollte mit den neuen Hygieneregeln. Buchholz sagt: „Aber die Wahrscheinlichkeit einer Infektion war gering. Schlicht und ergreifend, weil einfach keiner mehr kam. Und da wir sozusagen systemrelevant sind, hatten wir durchgehend geöffnet.“
Dann kam die Wende: Die Menschen wollten wieder aufs Fahrrad
Dann, irgendwann, habe sich die Lage drastisch geändert. Die Menschen wollten wieder aufs Fahrrad. Michaela Buchholz sieht einen der Gründe im Geld: Denn viele hätten jetzt Geld übrig, da man durch fehlende Freizeitaktivitäten weniger ausgebe. Doch den zweiten, viel wichtigeren Grund für das gesteigerte Interesse am Fahrradfahren sieht sie in einem viel ursprünglicheren Verlangen des Menschen. Sie sagt: „Der große Drang nach Freiheit zog die Menschen nach draußen. Selbstbestimmung, frische Luft und Bewegung. Man spürte, das wollten die Menschen. Und sich das zu holen, ist über ein Fahrrad direkt vor der eigenen Haustür möglich. Besonders in unserer Region. Die Leute haben einfach probiert, ein Stück Freiheit zurückzugewinnen.“ Darüber hinaus befriedige das Fahrradfahren noch ein anderes Bedürfnis: „Es ist Nahrung für die Seele“, sagt Buchholz. „Es sorgt für eine Verbindung mit der Natur und für Stressabbau.“

Und je mehr die staatlichen Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus gelockert werden, desto mehr kämen die Menschen, um Fahrräder zu kaufen. Der Sommerurlaub, der möglicherweise nicht stattfinden könne, werde in ein neues Rad umgemünzt. Das könne man nicht nur bei Bernds, sondern branchenweit betrachten. Viele Zulieferer würden nicht mehr vor und zurück wissen, so unfassbar viel ist laut Michaela Buchholz zu tun.
Corona macht den Weg frei für Alternativen
Sie sagt außerdem: „Bewegungen wie Fridays for Future haben das Radfahren schon länger nach vorne gebracht. Doch jetzt hat Corona das geschafft, zu was Fridays for Future nicht ganz in der Lage war: Die Leute lassen das Auto stehen und fahren mehr Fahrrad. Sogar der Weg zum Baumarkt wird zum Teil mit dem Lastenrad zurückgelegt. Corona hat den Weg frei gemacht für Alternativen in den Köpfen der Menschen.“
Dass sich gerade jetzt immer mehr Menschen auf das Fahrrad wagen, sieht auch Irene Alpes vom ADFC-Ortsverband Überlingen. „Gerade in der starken Lockdown-Zeit war das Fahrrad die Alternative schlechthin. Ich konnte mich mit Freunden verabreden und konnte ohne Probleme den Abstand wahren“, sagt Alpes. Das gute Wetter im April habe viele Menschen nach draußen gelockt. Mit dem Fahrrad sei es möglich gewesen, trotz des eingeschränkten Schiffverkehrs und der veränderten Situation im ÖPNV gut Ziele zu erreichen, sagt Alpes. Auch Picknick-Touren hätten in letzter Zeit zugenommen. „Wir haben das Picknicken wieder gelernt“, findet sie. Damit der Trend zum Fahrradfahren ungebrochen bleibt, setze sich der ADFC regelmäßig für die Stärkung der Radlerrechte ein.
Doch welche Klientel kauft eigentlich welches Fahrrad? Michaela Buchholz sagt: „20 bis 35 Jährige kaufen gerne Fixie Bikes. Das ist eine Philosophie, ein völlig reduziertes Rad. Wir allerdings verkaufen in dieser Richtung nur faltbare und leichte Räder. Was bei uns vor allem gekauft wird, sind elektrifizierte Räder. Da ist die Käuferschicht von 35 bis 80 Jahre alt.“ Tipps für Touren von Überlingen aus haben wir im Folgenden zusammengefasst.