Der 13. Juli ist für Adriana Jeanne Hönig aus Mühlingen ein Freudentag, in diesem Jahr ganz besonders – denn da feierte sie ihren 90. Geburtstag im Kreise ihrer Familie. Die weltoffene Niederländerin hat in ihrem Leben viel erlebt und bewegt, wie sie im Gespräch mit dem SÜDKURIER schildert. Die Landwirtschaft wurde ihr in die Wiege gelegt, doch der Weg nach Mühlingen kam überraschend.

Geboren wurde sie im niederländischen Dorf Hendrik-Ido-Ambacht und wuchs als mittlere von fünf Geschwistern auf einem Milchviehzuchtbetrieb auf. „Diesen bewirtschafteten wir mit mindestens zehn Kaltblutpferden. Gemolken wurde damals schon mit mobilen Melkgeschirren direkt auf der Weide – hier waren unsere Eltern schon sehr fortschrittlich“, erinnert sich Hönig. Mit ihrem Vater habe sie damals viel Zeit auf dem Feld und bei den Tieren verbracht.

Ihren Mann lernte sie auf dem Schiff kennen

Ein Wink des Schicksals führte sie als junge Frau, nachdem sie sich in ihrer Heimat bereits als Landjugendvorsitzende für die jungen Menschen engagiert hatte, als Vertreterin für die Niederlande in die Ferne. Sie fiel offenbar mit ihrer vorwärtsgewandten und zielgerichteten Art auf – und wurde für ein Projekt, an dem 50 Nationen beteiligt waren, nach Amerika entsandt, erzählt sie.

Bei einer Fahrt von New York nach Rotterdam lernte sie ihre große Liebe Hans kennen. Mit ihm war sie 63 Jahre verheiratet, bis er im vergangenen Jahr starb. „Wir beide haben sofort gewusst, dass wir eine gemeinsame Zukunft planen wollen“, berichtet Hönig. Nach einer einjährigen Fernbeziehung hätten sie einen ersten Hof zur gemeinsamen Pacht gefunden.

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„In Ursaul haben wir eine erste Chance bekommen. Als Mitgift hatte Hans Schweine mit auf den Hof gebracht, aber später haben wir dann Hühner gehalten und die Eier habe ich privat verkauft“, erzählt Hönig über den Start der jungen Familie.

Sie arbeitet noch immer ab 7 Uhr morgens

Nach der Heirat kamen die Kinder Jan-Fritz, Jeanet, Marjan und Christoph zur Welt. Und es gab immer viel zu tun. Hönig sagt: „Ich musste die Kinder überallhin mitnehmen, da ich keine Verwandten hier hatte. Ganz gleich, ob zum Einkaufen oder zu Arztterminen.“ Dies habe der Bindung nicht geschadet – im Gegenteil: Noch heute versammle sich die Familie täglich an ihrem Küchentisch zum gemeinsamen Mittagessen.

Ihr Tagesablauf ist noch immer von Arbeit für die Familie und den Familienbetrieb geprägt. „Morgens um 7 Uhr fange ich an, die Kundschaft abzufragen. Danach, um 11 Uhr, gehe ich kochen“, berichtet Jeanne Hönig, die laut eigener Aussage den Kontakt zu den Kunden liebt und diese Arbeit noch lange machen möchte.

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Alleine in der Fremde

Leicht war ihr Leben aber nicht immer. Für sie sei es anfangs schon schwer gewesen, ganz ohne Freunde und Familie zu sein. Nach und nach aber habe sie durch die Vereine und Organisationen, in denen ihr Mann war, Freunde gefunden. „Mein Ein und Alles ist der Lionsclub“, erzählt sie. Und ihre „Hommed“, wie sie sagt, sei die Reißmühle in Mühlingen, die die Familie im Jahre 1974 kaufen konnte.

Gemeinsam mit ihrer Familie führt sie ein gemeinsames Herzensprojekt von ihr und ihrem verstorbenen Mann weiter: eine von ihr gegründete Schule in Kenia. Seit Hans‘ Tod im vergangenen Jahr war sie deshalb bereits zweimal in Kenia, um die Schule zu besuchen, erzählt sie. Anlässlich ihres Geburtstages verzichtet sie, so sagt sie selbst, auch zu Gunsten dieser Schule auf Geschenke – und bittet stattdessen um Spenden.