Kurz nach 12 Uhr war ein Drohanruf beim Polizeirevier Überlingen eingegangen, der mit einer Gewalttat explizit an der Constantin-Vanotti-Schule gedroht habe, berichtet Schulleiter Thomas Gundelsweiler am Nachmittag. Telefonisch verständigt habe die Polizei die Schule vor dem Einsatz nicht, um gegebenenfalls keine Zeit zu verlieren, sagt er.

Christian Sugg, Polizeisprecher des Polizeipräsidiums Ravensburg, bestätigte den Polizeieinsatz gegenüber dem SÜDKURIER gegen 13 Uhr. Mehrere Polizeistreifen seien vor Ort, nachdem ein Mann bei der Polizei angerufen habe. Einzelheiten nennt die Polizei noch nicht. „Der Mann drohte, auf Personen losgehen zu wollen“, heißt es später in der Mitteilungen der Polizei dazu. Thomas Gundelsweiler schildert, dass die Verantwortlichen aufgrund der offensichtlich nebulösen Mitteilungen des Anrufers, der sogar seinen Namen genannt habe, nicht von einer konkreten Amoklage ausgegangen seien.

Thomas Gundelsweiler, Schulleiter
Thomas Gundelsweiler, Schulleiter | Bild: SK-Archiv

Schulleiter geht mit Polizei durchs Gebäude

„Ich habe die Situation erst wahrgenommen, als ich von meinem Büro aus bewaffnete Polizisten vor dem Schuleingang sah“, sagt Schulleiter Gundelsweiler im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Dann habe er sich bei den Polizeibeamten nach der Bedrohung erkundigt und sei mit ihnen durch das Gebäude gegangen.

Einsatzkräfte in der Schule Video: Schülerin der CVS

In seiner 15-jährigen Tätigkeit als Schulleiter habe er zum ersten Mal so einen Polizeieinsatz erlebt, sagt Thomas Gundelsweiler, der im vierten Jahr Rektor der Constantin-Vanotti-Schule ist. Er war enorm erleichtert, dass der Polizeieinsatz unbegründet war, die mögliche Gefahr sich nach einer guten Stunde in Luft aufgelöst hatte und Lehrkräfte wie Schüler das Gebäude wieder verlassen konnten. Kurz vor 14 Uhr rückten die letzten Einsatzkräfte aus dem Schulhaus ab.

Schüler blieben zunächst im Klassenzimmer

Das Vorgehen der Einsatzkräfte sei „sehr beruhigend“ gewesen, betont Gundelsweiler. Sie hätten die Situation sofort „eingefroren“ und niemandem gestattet, einen Raum zu betreten oder zu verlassen. Das bestätigt auch eine Schülerin des Wirtschaftsgymnasiums. Sie schildert, dass alle Schüler und Lehrkräfte in ihren Klassenräumen geblieben seien und die Türen verschlossen worden. Durch das Fenster konnten sie „schwer bewaffnete Polizeibeamte mit Helmen“ beobachten, die in Sichtweite auf dem Gelände waren und sich der Schule näherten. Gemeinsam habe man sich im Klassenzimmer aufgehalten und die Türen verschlossen. Dieses Verhalten proben die Schüler für die Alarmierung bei einem Amoklauf. Auch der jüngste Elternbrief der Constantin-Vanotti-Schule zu Beginn dieses Jahres verweist darauf.

Schwerbewaffnete Spezialeinkräfte an der Schule.
Schwerbewaffnete Spezialeinkräfte an der Schule. | Bild: privat

Die Polizei sei später in das Klassenzimmer gekommen, offenbar auf der Suche nach etwas oder jemandem. Nach wenigen Minuten seien die drei Beamten weitergezogen, berichtet die Schülerin.

Die Einsatzkräfte seien mit dem Schulleiter von Klasse zu Klasse gegangen und hätten die Lage sondiert. „Der Einsatz lief völlig ruhig und sehr professionell ab“, betont Gundelsweiler: „Das war wirklich toll und gab mir sofort ein Gefühl der Sicherheit.“ Die Schüler durften das Gebäude später verlassen, allerdings nicht über den Haupteingang, sondern durch einen Hintereingang, bestätigt die Schülerin.

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Ermittlungen sind in vollem Gange

Nachdem das Schulgelände überprüft wurde und alle Schulbesucher das Gelände sicher verlassen hatten, teilte die Polizei mit, seien nun die Ermittlungen zur Identität und zum Motiv des Anrufes in vollem Gange. „Eine konkrete Gefahr oder Gefährdung für Schülerinnen und Schüler sowie Lehrpersonal bestand zu keinem Zeitpunkt“, hieß es.

Sebastian Fritz vom Gymnasium Überlingen meldete sich mit einer schnellen Info an besorgte Eltern, denen der Einsatz zu Ohren gekommen. „Im Zuge des Einsatzes konnte das Schulgelände zeitweise nicht über alle bekannten Wege erreicht oder verlassen werden“, schrieb die Schule. Es sei aber zu jeder Zeit möglich gewesen, das Gelände zu erreichen oder verlassen. „Situationen wie diese führen immer zu Unbehagen“, betonte Fritz: „Die Kolleginnen und Kollegen sind gerne bereit, die Situation z.B. im Rahmen der Klassenlehrerstunde oder in einer anderen geeigneten Form nochmal aufzugreifen, wenn es von Seiten der jeweiligen Klasse Bedarf gibt.“

Aus diesem Grund informierte die Schule nicht proaktiv

Die benachbarten städtischen Schulen wurden von der Polizei nicht proaktiv über den Einsatz informiert. Dennoch wurden auch dort Vorsichtsmaßnahmen getroffen, nämlich dahingehend, dass die Schüler vorerst das Schulgebäude nicht verlassen durften. Das geschah auf „Empfehlung“ der Polizei, wie Polizeisprecher Oliver Weißflog sagte. Allerdings nur die Schulen, die sich von sich aus bei der Polizei über den Großeinsatz erkundigten, hätten diese „Empfehlung“ erhalten. Andere Schulen nicht.

Weißflog betont, dass sie den Einsatz „niederschwelliger“ als bei einem normalen Amokalarm mit seinen festgelegten Maßnahmen angegangen seien. Denn es habe sich nicht um einen Amokalarm gehandelt, vielmehr seien sie nach der am Telefon ausgesprochenen Bedrohung „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ davon ausgegangen, dass es „keine Gefahrenlage“ gibt.