Im Herbst 2021 kursierten in Salem im Bodenseekreis seltsame Flyer. Ein sogenannter Ewiger Bund wirbt für die Reaktivierung des Deutschen Reichs und bedient sich illegal eines Bildes von Max Markgraf von Baden. Nach Erkenntnissen der Polizei stammen die Urheber aus der Reichsbürgerbewegung.

Keine regionalen Hotspots bekannt
Ein Schwerpunkt des Milieus sogenannter Reichsbürge und Selbstverwalter in Baden-Württemberg lasse sich kaum belastbar identifizieren. In der Gesamtschau lasse sich aber festhalten, dass sie in ländlichen Gebieten häufiger als in Städten anzutreffen sind. Das teilte das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) auf Anfrage des SÜDKURIER mit.
Insgesamt rechnet das LfV der Szene in Baden-Württemberg etwa 3800 Personen zu, Tendenz zuletzt deutlich steigend. 2020 wurden 3300 Personen registriert, im Jahr 2019 waren es 3200. Ein Grund für den Anstieg sei die weitere Aufklärung der Szene, also eine Aufhellung des Dunkelfeldes. Zudem sei mit Beginn der Proteste gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen die Zahl der Menschen, die sich dem Milieu zugehörig fühlen, „merklich angestiegen“. Regionale Zahlen gibt das Landesamt öffentlich nicht bekannt.
Sie berufen sich auf das Land Baden
Eine Reichsbürger-Gruppierung unter der Bezeichnung Republik Baden war noch bis vor wenigen Jahren in Baden-Württemberg aktiv. Sie war Teil des fiktiven Staatenzusammenschlusses Staatenbund Deutsches Reich, zu dem noch andere regionale Gruppierungen gehörten. Seit etwa 2019/2020 entfalte der Staatenbund Deutsches Reich insgesamt keine nennenswerten Aktivitäten mehr, stellt das LfV fest. Die Republik Baden sei zuvor in Baden-Württemberg durch den massenhaften Versand von Schreiben aufgefallen. Anhänger der Gruppierung verschickten unter anderem sogenannte Amtsblätter, um Behörden über ihre ideologischen Ansichten zu belehren.
Affinität zum Deutschen Reich
Die Bezeichnung Republik Baden werde von Reichsbürgern nach wie vor benutzt, beispielsweise, um die eigene Herkunft oder die ihrer Vorfahren nach historischem Vorbild zu beschreiben. Der LfV-Sprecher sagt: „Grund hierfür ist die bekannte Affinität des Milieus zum Deutschen Reich.“ Daneben sei es durchaus möglich, dass auch Bezeichnungen wie Republik Baden von kleineren Gruppen genutzt werden. Ein größerer Zusammenschluss dieses Namens ist dem Landesamt aktuell aber nicht bekannt. Ähnlich verhalte es sich mit dem Begriff Großherzogtum Baden.
Schwere Straftaten bestätigen die Gefährlichkeit
Die Gefahr, die von Reichsbürgern und Selbstverwaltern ausgehe, schätzt das LfV bereits seit Beginn der Beobachtung im Jahr 2016 als hoch ein. Ihre Einschätzung bestätigten Vorfälle auch in diesem Jahr. „Darunter schwerste Straftaten wie versuchte Tötungsdelikte“, sagt ein Sprecher des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) gegenüber dem SÜDKURIER.
Politisch motivierte Taten kaum bekannt
Für den Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Konstanz wurden im Jahr 2019 zwei politisch motivierte Straftaten mit dem Themenfeld „Reichsbürger/Selbstverwalter“ erfasst. Das teilte das Landeskriminalamt Stuttgart auf Anfrage mit. Im Jahr 2020 war es im Präsidiumsbereich eine, im Jahr 2021 war ebenfalls eine Straftat. Im Bereich des Polizeipräsidiums Ravensburg wurden im Jahr 2019 keine politisch motivierten Straftaten mit dem Themenfeld „Reichsbürger/Selbstverwalter“ erfasst, im Jahr 2020 war es eine, im Jahr 2021 waren es 18. Ein Sprecher des LKA sagte zur Einordnung dieser Zahlen: „Aus der Anzahl der registrierten Straftaten sind keine Rückschlüsse auf das Potenzial der Personen möglich.“ Dazu könne nur das Landesamt für Verfassungsschutz Aussagen treffen, die sich aber wiederum nur auf das ganze Land und nicht auf einzelne Landkreise und Polizeipräsidien beziehen. Regionale Zahlen gebe man nicht bekannt, teilte ein Sprecher des Landesamtes mit.