Freitagnachmittag am Kneippbecken in den Villengärten: Die Vorsitzende des Überlinger Kneippvereins, Renate Rösler, und ihre Mitstreiter laden die Besucher gleich zum Wassertreten unter Anleitung ein. Neben dem Wassertretbecken gibt es ein Armbad. Die Parkanlage ist gefühlt zum Bersten voll. Rösler verrät: „Da geht noch mehr.“ Die meisten wenden sich für ein Bad dem Bodensee zu. Eine Gruppe von fünf Personen, bestehend aus Touristen und Einheimischen, interessiert sich jedoch fürs Kneippen. Seit 2. Mai immer freitags von 17 bis 17.30 Uhr erklären die Vereinsvertreter am Becken in den Villengärten, wie es richtig geht.
Bodensee ist das größte Kneippbecken
Überlingen ist seit 1955 Kneippheilbad. Im Stadtgebiet befinden sich drei Becken: in den Villengärten, realisiert zur Landesgartenschau, im Stadtgarten und neben der gläsernen Werft. Im Uferpark gibt es im Bodensee, dem größten Kneippbecken, auch seit der Landesgartenschau einen Handlauf zum Wassertreten. Therme und Kliniken beziehen das Thema ebenfalls mit ein. Das Wasser in den Becken kommt laut Rösler frisch aus der Leitung. „Die Temperatur ist abhängig von der Witterung. Günstigerweise hat es um die 18 Grad. Es soll ein Kältereiz da sein“, sagt die Vereinsvorsitzende. Wichtig ist, dass die jeweiligen Gliedmaßen vor dem Kneippen warm sind. „Sobald der Kältereiz entsteht, sollten Sie aufhören, das Wasser abstreifen und für aktive Erwärmung sorgen“, erklärt Rösler. Zwischen den Zehen abtrocknen nicht vergessen.

Vereinsmitglied Julian Dütling macht das korrekte Wassertreten vor. Im Storchengang und mit einer Hand am Handlauf bewegt er sich durch das Becken. „Einmal bis 15 zählen“, sagt Dütling. Die Besucher tun es ihm gleich. Wassertreten und Armbad dürfen nicht kurz nacheinander erfolgen. „Der Körper weiß gar nicht mehr, was er machen soll“, begründet Renate Rösler. Denn das kalte Wasser bringt ihr zufolge den Kreislauf ordentlich in Schwung. Verschiedene Quellen raten zu Pausen von ein bis zwei Stunden zwischen Wassertreten und Armbad. Letzteres wird, ausgeführt nach einem Mittagessen, „kneippscher Cappuccino“ genannt. „Es ist sehr belebend und erfrischend“, berichtet Rösler aus eigener Erfahrung.

Anlagen sind keine Schwimmbecken
Beim Armbad wird zuerst der rechte, herzferne Arm bis zur Mitte des Oberarms ins Wasser getaucht. Dann kommt der linke Arm hinterher. Ist ein deutliches Kältegefühl zu spüren, Arme wieder rausziehen, Wasser abstreifen und für Erwärmung sorgen. Der Knieguß läuft ähnlich ab: vom rechten Zeh hoch zum Knie, dann auf der linken Seite. Gekneippt werden kann mehrfach pro Woche. Vorausgesetzt, es bestehen keine Verletzungen oder Erkrankungen. Dann sollte vorher ein Mediziner zurate gezogen werden. Kneippbecken sind keine Schwimmbecken. Dennoch wird das Objekt in den Villengärten an diesem Freitagnachmittag als Planschbecken für kleine Kinder genutzt. Rösler gibt im Gespräch mit dem SÜDKURIER zu bedenken: „Das Wasser ist zu kalt.“
Rund 200 Mitglieder zählt der Kneippverein Überlingen aktuell. „Wir waren mal 330 Mitglieder“, sagt die Vorsitzende. Der Vorstand besteht aus drei Personen. „Wir sind auf Kante genäht. Es darf niemand ausfallen.“ Auch bei den Kursleitern. Im Angebot ist etwa Qi Gong. Gemeinsam mit dem Taichi Haus werden im Sommer Übungsstunden in den Villengärten angeboten. Auf dem Programm stehen zudem Wanderungen und der Tag der Heilkräuter am 15. August an den Kräuterhochbeeten in den Villengärten. Rösler würde sich über weitere Unterstützer freuen. Im Frühjahr 2026 möchte sie nach eigenen Angaben nicht mehr als Vorsitzende kandidieren. Helfen will sie weiterhin. „Ich brenne für Kneipp, weil es eine einfache Lebensweise ist, um gesund zu bleiben“, sagt Rösler.