Rund 50 Bürgerinnen und Bürger kamen zu einem Informationsabend in den Ratssaal, im Rahmen dessen die Stadtverwaltung jetzt erstmals gezielt das aktuelle Starkregenrisikomanagement vorstellte. Baubürgermeister Thomas Kölschbach hatte mit Helmut Köberlein, dem Leiter der Abteilung Tiefbau, und Niko Clauß die „geballte Kompetenz“ mitgebracht, wie er sagte. Wer durch die Katastrophen in anderen Regionen bisher nicht aufgeschreckt war, wurde spätestens durch Überflutungen vom 5. September des Vorjahres wachgerüttelt, die zahlreiche Gebäude in der Altstadt in Mitleidenschaft gezogen haben.
„Wir wollen Sie für die Gefahr sensibilisieren“, erklärte Thomas Kölschbach: „Die Stadt kann das Risiko nicht alleine tragen.“ Für das eigene Grundstück seien die Bürgerinnen und Bürger selbst mitverantwortlich und gehalten, bei Bedarf Schutzmaßnahmen zu ergreifen. „Wir können dabei nur Hilfestellung geben“, betonte Kölschbach: „Was können Sie machen? Was sollten Sie machen, damit Haus und Hof keinen Schaden nehmen?“ Die Wahrscheinlichkeit sei einfach groß, dass sich Starkregenereignisse aufgrund der Klimaveränderung künftig häufiger einstellen würden. Weder Ort, Zeit noch die Intensität könnten allerdings genau vorhergesagt werden.
Schadenpotenzial soll minimiert werden
Ganz verhindern werde man Folgeschäden von Starkregenereignissen nicht können, schickte Niko Clauß vorweg: „Es geht uns darum, das Schadenspotenzial zu minimieren.“ Dazu hatte die Verwaltung Untersuchungen für das Gebiet der Kernstadt mit den Teilorten Deisendorf und Nußdorf in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse sich nun in Gefahrenkarten widerspiegeln. „Diese Flächen hängen topografisch eng zusammen“, begründete Clauß die Auswahl.
Aus pragmatischen Gründen ist der untersuchte Bereich in sieben Einzugsgebiete gegliedert, die auf der Homepage der Stadt separat aufgerufen werden können. Diese Starkregengefahrenkarten zeigen die möglichen Auswirkungen von unterschiedlichen Niederschlagsmengen in drei Szenarien: Einem seltenen Ereignis, einem außergewöhnlichen Ereignis und einem Extremereignis verschiedene Farbtöne kennzeichnen hier die maximalen Wasserstände und die Fließgeschwindigkeit des von der Oberfläche abfließenden Regenwassers.

Betroffene müssen Eigentum selbst sichern
Die Starkregengefahrenkarten seien lediglich ein Hilfsmittel zur Beurteilung des privaten Risikos von Grundstücks- bzw. Gebäudeeigentümern, betonte Niko Clauß. Gegebenenfalls erforderliche individuelle Schutzmaßnahmen zu ergreifen, sei die Aufgabe der Betroffenen. Sei es durch Sicherung von Türen und Fenstern oder die Erhöhung von Lichtschächten. Nicht zulässig seien allerdings Maßnahmen, die zu Schäden auf benachbarten Grundstücken führten.
Gastronom Dirk Limberger hinterfragte, ob Abflüsse durch die Mauer an der Südseite der Wiestorstraße in den Stadtgraben die Situation für die Altstadt nicht entlasten könnten. Hier seien die Folgen zum einen nicht absehbar, entgegnete Thomas Kölschbach. Zum anderen dürfe man mögliche Schäden nicht von einem in ein anderes Gebiet verlagern. Einzelhändler Klaus Munding erklärte, weshalb sich das Wasser auf dem Münsterplatz staue und empfahl, zusätzliche Abflüsse einzurichten. „Wir haben schon mehrere Abflüsse auf dem Münsterplatz“, entgegnete Helmut Köberlein. Doch trage die Topografie rund um den Platz dazu bei, dass diese im Extremfall nicht ausreichten. Peter Gött und Andrea Hahn von der „Wasserkarawane“ hinterfragten unter anderem die Kompetenz des mit den Untersuchungen beauftragten Büros. Dies sei eigens von der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) dafür zertifiziert, erklärte Niko Clauß.
Eigentümer haben eine Holschuld
„Was passiert mit den Überlinger Bürgern, die jetzt nicht da sind?“, fragte Stadtrat Herbert Dreiseitl (LBU/Grüne): „Geht die Verwaltung aktiv auf die Betroffenen zu, die in den gefährdeten Gebieten liegen.“ Alle anzuschreiben, die möglicherweise betroffen sein könnten, das sei schlicht nicht leistbar, erklärte Baubürgermeister Thomas Kölschbach. Zum einen verfüge man nicht über das erforderliche Personal, zum anderen wisse man nicht genau, wen man bei einem betroffenen Grundstück anschreiben müsste, schilderte er. Eigentümer könnten die Gefahrenlage und das lokale Risiko an den bereitgestellten detaillierten Karten der Verwaltung ablesen.
„Irgendwie gibt es hier auch eine gewisse Holschuld“, erklärte Kölschbach. Bei konkreten Fragen zu den Gefahrenkarten und der Interpretation könne die Abteilung Tiefbau allerdings angesprochen werden und gebe bei Bedarf Hilfestellung. Für Schutzmaßnahmen bei individuellen Problemstellungen müssten allerdings Fachbüros zurate gezogen werden. Wichtig sei insbesondere die Überprüfung des Versicherungsschutzes. Zumal die Elementarversicherer selbst Einblick in verfügbare Karten nähmen und gegebenenfalls überprüften, inwieweit die Betroffenen selbst mögliche Schutzmaßnahmen ergriffen hatten.