Überlingen Um es vorweg zu nehmen: Den Musikerinnen und Musikern um Stadtmusikdirektor Ralf Ochs muss es nicht bange sein, wenn sie Ende Mai zum großen Bundesmusikfest nach Ulm fahren. Das, was beide Kapellen am Ostermontag im Kursaal boten, konnte sich fürwahr hören und sehen lassen. Das Publikum spendete immer wieder herzlichen und kräftigen Applaus. Beide Klangkörper boten ein abwechslungsreiches und mitreißendes Programm, das sozusagen als Generalprobe für Ulm diente. Dabei standen Werke renommierter Komponisten der sinfonischen Blasmusik auf dem Programm, darunter Kompositionen von Alfred Reed und José Alberto Pina, die mit kraftvollen, farbenreichen Klangbildern begeisterten. Zwei Stunden, länger als das Osterkonzert gewöhnlich dauert, waren im Nu vorbei.

Zweifelsohne war das Konzert ein besonderes: Denn Ende Mai werden beide Kapellen an einem der größten deutschen Musikfestivals für Blasmusik teilnehmen. 21.500 Musikerinnen und Musiker aus 445 Vereinen haben sich angemeldet, wie die charmant durchs Programm führende Moderatorin Katharina Kitt ihr Publikum wissen ließ. In Ulm werden die beiden Orchester bei Konzertwettbewerben antreten und ihre Leistung vor einer Fachjury unter Beweis stellen. Teile aus dem dafür einstudierten Programm gab es am Ostermontag zu hören.

Die Jugendkapelle nahm ihr Publikum zunächst in „Hermitage“ des niederländischen Komponisten Jan de Haan mit auf eine musikalische Zeitreise ins russische St. Petersburg zum prunkvollen Winterpalast, der ehemaligen Hauptresidenz der Zaren. Dann ging es weiter mit einer Geschichte, die die meisten im Publikum vermutlich aus der Literatur, dem Ballett oder der Oper kannten: Don Quixote von Miguel de Cerwantes. In dem Stück, in dem es auch zu den bedrohlichen Windmühlen geht, die Don Quijotes imaginäre Feinde sind, imitierte das Orchester auf kreative Art die Geräusche von Wind und Schwertern.

In „The Legend of Maracaibo“, mit dem die Jugendkapelle ihr Publikum an die Nordküste Spaniens entführte, wechselten sich musikalisch wilde energiegeladene Themen mit lyrischen, triumphalen und geheimnisvollen Melodien ab, was diese Komposition zu einem sehr intensiven Stück macht. Das Publikum belohnte die Aufführung mit nicht enden wollendem Applaus. Keine Frage, dass die Jungmusikanten erst nach einer Zugabe die Bühne verlassen durften. „El Cumbanchero“ hieß das Stück im Big Band-Sound von Rafael Hérnandez, das durch sein berauschendes, anspruchsvolles Arrangement überzeugte.

Die österlichen Aufführungen setzte die Stadtkapelle nach einer Pause mit „Curtain Up“ von Alfred Reed fort. Zu Beginn gab‘s eine klassische Eröffnungsfanfare, im Verlauf des Stücks wurde es auch tänzerisch romantisch und am Ende mischten sogar noch Jazz und Rock mit: Ein Ouvertüre wie bei einem Broadway-Musical.

Anschließend ging es von der Theaterbühne weiter aufs Parkett, denn die Kapelle wagte mit ihrem Publikum ein Tänzchen. In den vier Sätzen der „Second Suite for Band“ wurde sich jeweils einem Lied oder Tanz gewidmet, wie er typisch für eine gewisse Region Lateinamerikas ist. Den Anfang machte die kubanische Musikrichtung Son muntono, eng verwandt mit dem afro-karibischen Tanzrhythmus Calypso, wie Katharina Kitt erläuterte. Im zweiten Satz wurde ein weicher und langsamer brasilianischer Tango porträtiert, im dritten Teil gab es mit einem Guaracha ein übermütiges argentinisches Trinklied und der finale vierte Satz widmete sich dann dem Pasodoble, einem Tanz, in dem tänzerisch die umstrittene Tradition des Stierkampfes dargestellt wird.

Schließlich boten die Musikerinnen und Musiker unter Ralf Ochs mit „El Camino Real“ einen absoluten Klassiker aus dem Bereich der symphonischen Blasmusik. Das Stück, was übersetzt so viel heißt wie „königlicher Weg“ und welches von der spanischen Folklore charakterisiert ist, bezieht sich auf eine Straße, welche die spanischen Missionsstationen in Kalifornien miteinander verband.

Dass die Kapelle auch volkstümlich kann, bewies sie mit ihrer finalen Zugabe. Die Fischerin vom Bodensee – ja die muss einfach sein. Und das Publikum hatte darauf schon gewartet, wie Ralf Ochs augenzwinkernd anmerkte. Eine Ehrung hatte es zuvor im Übrigen auch noch gegeben, Julius Moser, seit 62 Jahren Musiker in der Stadtkapelle, wurde zu seiner Überraschung an das Mikrofon geholt, denn Vorsitzender Ulrich Bäumler ernannte ihn für sein langes Wirken zum Ehrenmitglied. Eine Auszeichnung, die nur ganz wenige in der Stadtkapelle erhalten. Der Applaus hätte nicht herzlicher sein können.