Mit dieser Ehrung hätte er nicht gerechnet, sagt Lars Höllerer immer noch ein bisschen, als sich der Raum langsam füllt. Die zahlreichen Gäste sind zur Überreichung des Bundesverdienstordens an den Künstler erschienen, der sich trotz seiner schweren Behinderung für andere engagiert. Verliehen hat ihm die Auszeichnung, die korrekt Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland heißt, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Februar 2024 auf Vorschlag von Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Die feierliche Übergabe nahm Oberbürgermeister Jan Zeitler vor und würdigte Lars Höllerer in einer bewegenden und wertschätzenden Rede.

Nach der feierlichen Überreichung posiert Lars Höller geduldig und mit sichtlichem Stolz mit dem Orden für die zahlreichen Fotowünsche.
Nach der feierlichen Überreichung posiert Lars Höller geduldig und mit sichtlichem Stolz mit dem Orden für die zahlreichen Fotowünsche. | Bild: Sabine Busse

„Es ist mir eine außerordentliche Ehre und Freude, heute einen Mann zu würdigen, der nicht nur die Grenzen seiner eigenen physischen Einschränkungen überschritten, sondern auch die Herzen zahlloser Menschen berührt hat“, beginnt Jan Zeitler. Er erläutert, dass diese höchste Auszeichnung des Staates für besondere Verdienste beispielsweise im sozialen, karitativen und mitmenschlichen Bereich verliehen werde.

Durch Motorradunfall vom Hals abwärts gelähmt

Zeitler betont, wie Lars Höllerer sein Schicksal auf bewundernswerte Weise meistert. Im Alter von 21 Jahren erleidet Lars Höllerer einen Motorradunfall und ist seitdem vom Hals abwärts gelähmt. Bereits in der Reha beschäftigt er sich mit Kunst und erlernt die Mundmalerei. Lars Höllerer bildet sich Ende der 1990er Jahre in der Kunstakademie Mühlhofen fort und erlangt wachsende Anerkennung. Er wird schrittweise in die Vereinigung der mund- und fußmalenden Künstler aufgenommen, wo er seit 2007 Vollmitglied ist. Seitdem hat Lars Höllerer zahlreiche Ausstellungen bestückt und engagiert sich für die Inklusion. Er besucht Kindergärten und Schulen, wo er Kindern seine Maltechnik mit dem Mund vorführt und die Scheu vor Menschen mit Behinderungen abbaut. Dazu versteigert er immer wieder Bilder und spendet den Erlös, um andere Menschen in schwierigen Situationen zu unterstützen.

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„Holla die Waldfee, die kommen alle für mich!“ Das sei ihm durch den Kopf gegangen, als er erfuhr, wer zu seiner Ehrung geladen sei, sagt Lars Höllerer mit seinem typischen Humor. Zur feierlichen Verleihung in einem Restaurant an der Promenade in Überlingen sind die beiden Landtagsabgeordneten Martin Hahn und Klaus Hoher erschienen, dazu einige Stadträte, die Behindertenbeauftragte Irene Wickbold sowie Familie und Freunde des Geehrten.

Im Rollstuhl ständig auf Hilfe angewiesen

„Ich finde, es gibt viele Institutionen, die das mehr verdient hätten, aber gefreut habe ich mich trotzdem“, fügt Höllerer an. Er liest anschließend das erste Kapital seines Buchs „Roll.On“ vor, in dem er die ersten 26 Jahre im Rollstuhl schildert. Mittlerweile sind es fast 33 Jahre. Sehr offen beschreibt er zu Beginn des Buches, wie er sich nach der Diagnose das Leben nehmen will, aber nicht weiß wie. Überlingen sei ein schlechter Ort für Menschen, die ständig auf Hilfe und einen elektrischen Rollstuhl angewiesen seien und Selbstmordgedanken hegten. Dann lernt er zu malen und findet darin eine besondere Erfüllung und neue Aufgaben. „Ich hätte damals nicht gedacht, was alles noch an schönen und herzerwärmenden Dingen in meinem Leben kommen würde – trotz der Schmerzen, gesundheitlicher Probleme und Einschränkungen.“

Bei Kindern erlebt der Offenheit und Toleranz

Lars Höllerer meint, dass er für die Dinge ausgezeichnet werde, die er „von Herzen gern macht“. Er schildert die wundervolle Erfahrung, mit Kindern zu sprechen, ihre Offenheit und Toleranz zu erleben. In über 250 Ausstellungen und Lesungen hat er sich und seine Bilder vorgestellt und viel Anerkennung erfahren. Sein besonderer Dank geht an seinen Vater, der ihn seit dem Unfall unterstützt, und die „vielen Helfer“, auf die er angewiesen ist.

Lars Höllerer schenkt der Stadt eines seiner Ölbilder, das Jan Zeitler mit ins Rathaus nehmen wird.
Lars Höllerer schenkt der Stadt eines seiner Ölbilder, das Jan Zeitler mit ins Rathaus nehmen wird. | Bild: Sabine Busse

Zum Schluss schenkt er seiner Heimatstadt eines seiner Bilder. Jan Zeitler nimmt das Ölgemälde „Sunday Stroll“ entgegen, das eine junge Familie beim Spaziergang auf der Promenade in Höhe des Badgartens zeigt. Die Szene fängt einen schönen Sommertag ein, das Leben scheint unbeschwert. Höllerer vermittelt mit seinen meist farbintensiven Bildern eine heitere Stimmung, zeigt weite Landschaften, unbeschwerte Kinder oder Alltagssituation, bei denen der Mensch meist von hinten zu sehen ist.