Nach fast einem Monat im Sattel hat Tankred Kauf zahlreiche Anekdoten zu erzählen. Zum Beispiel über den heißesten Tag seines Abenteuers. „50 Grad auf dem Asphalt, da habe ich fast einen Hitzschlag bekommen“, erzählt der 43-Jährige über seine Etappe durch Südpiemont. „Dagegen ist die Sahara mit 30 Grad angenehm.“

Oder die herzlichen Begegnungen mit Einheimischen, wie dem Fahrradreisenden Miloud in Marokko. Auf dem Weg nach Marrakesch habe er sich verfahren und sei dem ehemaligen Radprofi begegnet. Dieser war mit zwei deutschen Radreisenden unterwegs und man verstand sich auf Anhieb gut. Das Kennenlernen endete darin, dass der Marokkaner die Deutschen zu sich nach Hause einlud. „An diese Begegnung denke ich gern zurück.“

Tankred Kauf (links) mit den Fahrradreisenden Sandra, Omar und dem Marokkaner Miloud. Sie lernte er auf dem Weg nach Marrakesch kennen.
Tankred Kauf (links) mit den Fahrradreisenden Sandra, Omar und dem Marokkaner Miloud. Sie lernte er auf dem Weg nach Marrakesch kennen. | Bild: Tankred Kauf

Fahrrad fahren – und einen Flug sparen

Seit dem 25. Juli ist Tankred Kauf mit dem Rad unterwegs nach Namibia. Mitten im Hochsommer startete der Unternehmer mit etwa 15 Kilogramm Gepäck von der Haustür aus gen Süden. Zuerst ging es über die Schweiz, Liechtenstein und Italien, von dort nahm er die Fähre nach Marokko. Anschließend ging es durch Marokko und das Westsahara-Gebiet nach Mauretanien und in den Senegal, wo er aktuell noch ist. Bis Anfang November will er an seinem Zielort ankommen. Das ist Krumhuk, südlich der namibischen Hauptstadt Windhuk. Auf dem Tacho stehen dann 8500 Kilometer.

Bild 2: Überlinger fährt mit Rad vom Bodensee nach Namibia
Bild: Schönlein, Ute

Dass Kauf ausgerechnet jetzt an diesen Ort fährt, hat folgenden Grund: Freunde von ihm betreiben dort eine Farm mit nachhaltiger Landwirtschaft und Sozialprojekten. Sie hatten den Überlinger zu einer Veranstaltung im Rahmen der Hundertjahrfeier der biodynamischen Landwirtschaft eingeladen. „Als Vertreter der nachhaltigen Landwirtschaft und in Zeiten des Klimawandels dachte ich mir, dass ich mir diesen Flug sparen könnte.“ Nachdem er in der Vergangenheit bereits in Namibia und Krumhuk war, nahm er diese Einladung als Anlass für seine Tour. Seine Frau und seine Freunde hätten ihn von Anfang an bei dieser ungewöhnlichen Idee unterstützt, sagt er.

Das Fahrrad von Kauf angelehnt an marokkanischen Flaggen in der Wüste.
Das Fahrrad von Kauf angelehnt an marokkanischen Flaggen in der Wüste. | Bild: Tankred Kauf

Kein Muskelkater, aber den Magen verdorben

Bevor er losfuhr, hatte er rund 1000 Kilometer auf kleineren Touren trainiert. Muskelkater hatte er im vergangenen Monat aber nie. Entscheidend sei es, mit einem niedrigen Puls zu fahren, sagt er. Dann komme man weit und habe keine Probleme mit übersäuerten Waden. Schwierig sei es nur, wenn das Essen nicht im Körper bleibe. Vor einigen Tagen habe er sich den Magen verdorben, erzählt er, davon erhole er sich immer noch.

Tankred Kauf auf seinem Rad unterwegs durch Afrika.
Tankred Kauf auf seinem Rad unterwegs durch Afrika. | Bild: Tankred Kauf

Seine Chefrolle bei Campo Verde hat er für den Trip größtenteils abgegeben – an seine Frau und zwei Kollegen. Obwohl er unterwegs ist, lässt er sich trotzdem ein Mal wöchentlich per Smartphone zu Meetings zuschalten. Zwischendurch führe er Einzelgespräche, um über das Geschehen in seiner Firma auf dem Laufenden zu bleiben, erklärt er. Auch den Jour fixe für seine Tätigkeit im Demeter-Bundesverband könne er von unterwegs regelmäßig wahrnehmen, sagt er. „Das klappt ohne Probleme.“

Macht das überhaupt Spaß?

Obwohl sich das viele nicht vorstellen könnten, mache ihm die Radtour Spaß. „Manchmal verflucht man sich, wenn es noch 50 oder 70 Kilometer bis zum Ziel sind. Aber wenn man abends in der Unterkunft ankommt, stellt sich ein tiefes Gefühl der Zufriedenheit ein.“ Am meisten Freude mache ihm die Begegnung mit den Einheimischen – und da sei das Fahrrad oft ein Türöffner. Das Transportmittel sei nicht nur die „purste Möglichkeit der Wahrnehmung“, sondern auch eine Art Schlüssel zu den Menschen. „In einem 4x4-Truck wäre der Zugang zu den Menschen sicherlich schwieriger“, sagt er.

Die Hütten sind südlich von Noaudibou (Mauretanien) aufgenommen worden, also tief in der Sahara.
Die Hütten sind südlich von Noaudibou (Mauretanien) aufgenommen worden, also tief in der Sahara. | Bild: Tankred Kauf
Kaffeestop an einem mobilen Verkaufsstand in Marokko.
Kaffeestop an einem mobilen Verkaufsstand in Marokko. | Bild: Tankred Kauf

Wie seine Tage auf dem Rad sind, sieht man in seinen Posts auf Social Media. Darin zeigt er beispielsweise Eindrücke von Landschaften und Städten, berichtet von kuriosen Grenzübergängen oder Pausenstopps unter dem Dach eines Obstverkäufers.

Wichtig sei es, sich bei jedem Stop mit Wasser und Essen zu verpflegen. „Manchmal muss man 50 Kilometer fahren, bis wieder etwas kommt. Da darf man keine Tankstelle oder Laden verpassen, sonst kann es haarig werden.“ Während des Tages habe er viele Stunden für sich. Mit dieser Einsamkeit komme er gut zurecht. Wichtig sei es ihm aber, möglichst jeden Abend mit seiner Familie zu telefonieren. Für den Notfall habe er auch ein Satellitentelefon dabei.

Alles hat ein Ende

Aktuell befindet sich der Überlinger im Senegal. Von hier aus sind es noch etwa 5500 Kilometer. Demnächst stehen unter anderem die Länder Guinea-Bissau, Guinea, Sierra Leone, Elfenbeinküste und Ghana auf der Route. In der Hauptstadt Accra ist er beim deutschen Botschafter eingeladen für einen Vortrag über biodynamische Landwirtschaft. Von dort aus geht es mit der Fähre nach Angola und danach nach Namibia.

Dass diese Reise irgendwann endet, ist dem Unternehmer bewusst. „Ich werde ein großes Glücksgefühl haben, die Reise geschafft zu haben“, ist er sich sicher. Für ihn sei dieses Abenteuer „ein zeitlich begrenzter Bereich“. „Ich freue mich darauf, dann zurückzukommen.“ Den Rückweg wird er allerdings nicht mit dem Rad bestreiten. Da nimmt er das Flugzeug.

Ein Wüstenradler im Narrenkonzert?

Neben seiner Tätigkeit bei Campo Verde dürfte Kauf den Überlingern auch durch seine Auftritte beim Narrenkonzert bekannt sein. Dort trat er in den vergangenen Jahren in unterschiedlichen Rollen auf.

Tankred Kauf (links) und Jens Fräntzki beim Narrenkonzert 2023.
Tankred Kauf (links) und Jens Fräntzki beim Narrenkonzert 2023. | Bild: Hilser, Stefan
Tankred Kauf beim Narrenkonzert 2024.
Tankred Kauf beim Narrenkonzert 2024. | Bild: Hilser, Stefan

Inwiefern sein Trip im nächsten Drehbuch Platz findet, könne er noch nicht sagen. Anfang September sei die erste Stückleschreiber-Sitzung, wo er leider nicht dabei sein könne, sagt er. „Dazu denke ich auf dem Fahrrad nochmal nach und schreibe meinen Kollegen.“ Mehr werde er aber natürlich nicht erzählen. „Der Inhalt ist wie immer top secret.“