Der Freundeskreis Brücke nach Ufa mit Sitz in Überlingen bezieht zum Krieg in der Ukraine auf seiner Internetseite Position: „Wir sind besorgt über die Situation in der Ukraine. Keiner von uns will Krieg. Das ist kein Mittel, um Konflikte und Probleme zu lösen. Der Krieg kennt keine Gewinner – wir denken, das ist bei allem sehr wichtig zu betonen.“
Seit 20 Jahren setzt sich der Verein für die Völkerverständigung zwischen West und Ost ein – im besonderen von Baschkortostan an den Bodensee. Nach der Flugzeugkatastrophe am 1. Juli 2002 in der Nähe von Überlingen entwickelte sich über die Jahre eine enge Bindung. Damals waren beim Zusammenstoß einer Passagiermaschine und eines Frachtflugzeugs 71 Menschen ums Leben gekommen. Der Großteil der Opfer stammte aus Baschkortostan, einer Republik der russischen Föderation.
Der Krieg in der Ukraine erschwert allerdings die Bestrebungen, den Kontakt aufrecht zu erhalten. Nadja Wintermeyer, Vorsitzende des Freundeskreises Brücke nach Ufa, erklärt: „Ich komme aus Moskau. Meine Mutter lebt dort und ich wollte sie im April besuchen.“ Das gehe wegen der aktuellen Entwicklungen und der Sanktionen gegen Russland nun nicht mehr. „Umso wichtiger ist es jetzt, Freundschaften, Kontakte und Friedensbrücken aufrecht zu erhalten“ – und das trotz der großen Entfernung.

Damit die Zusammenarbeit in Zukunft weiter bestehen bleiben könne, drücke der Verein den Freunden und Partnern auch in diesen schweren Zeiten weiterhin Verbundenheit und Zuversicht aus. Außerdem biete der Freundeskreis eine Art Übersetzungshilfe für die Geflüchteten an, um sprachlich zu helfen und für ein friedliches Miteinander zu sorgen.
Auf die Frage, wie die Kontaktpersonen in Russland zu dem Krieg in der Ukraine stehen, sagt Wintermeyer: „Ich habe mit Freunden in Russland telefoniert. Das Meinungsbild ist unterschiedlich. Wie in Deutschland auch. Aber: Kein Mensch möchte den Krieg. Auch Russen lieben ihre Kinder und wollen nicht, dass sie im Krieg fallen.“
„Niemand weiß, wie lange der Wahnsinn noch geht“
Nadja Wintermeyer fände es schlimm, wenn durch den Ukraine-Krieg jetzt in Deutschland eine antirussische Stimmung an den Stammtischen und im Alltag aufkäme. „Wir hoffen, dass keine zwischenmenschlichen Beziehungen zerbrechen. Das Problem ist nur: Niemand weiß, wie lange der Wahnsinn noch geht.“ Konkrete Anfeindungen gegen Menschen mit russischem Akzent habe sie selbst bisher nicht erfahren.
Gedenkwoche zum 20. Jahrestag des Flugzeugunglücks geplant
Fraglich sei momentan, ob die Planungen zum 20. Jahrestags der Flugzeugkatastrophe wegen des Kriegs umsetzbar sind. Nadja Wintermeyer erzählt: „Wir haben den Besuch der Angehörigen und der damaligen Hilfskräfte hier bei uns geplant.“ Im Rahmen einer Gedenkwoche sollte so eigentlich jeder die Möglichkeit bekommen, sich mit anderen auszutauschen und zu trauern. Sie könne aber nicht allein entscheiden, ob die Woche stattfinde oder nicht, erklärt die Vorsitzende: „Als ein gemeinnütziger Verein sind wir auf Unterstützung angewiesen. Die Stadt Überlingen ist bis jetzt mit im Boot. Wir hoffen, dass das auch so bleibt.“

Auf Nachfrage bei der Stadtverwaltung antwortete Pressesprecherin Andrea Winkler: „Herr OB Zeitler hat sich bereits im Februar in einem Telefonat mit dem Staatsministerium Baden-Württemberg hinsichtlich der Ausrichtung einer Gedenkveranstaltung zum Flugzeugabsturz am 1. Juli 2022 abgestimmt. Dabei wurde vereinbart, dass eine geeignete Örtlichkeit vor Ort reserviert wird, was zwischenzeitlich auch erfolgt ist.“ Der Gemeinderat der Stadt Überlingen sei über den aktuellen Sachstand informiert worden. Weitere Fragestellungen hinsichtlich der Gestaltung einer Gedenkwoche, die der Freundeskreis an die Stadtverwaltung adressiert habe, seien derzeit in Prüfung und Abstimmung mit dem Staatsministerium Baden-Württemberg.