Zugegeben, es ist noch ein weiter Weg. Doch das Ziel steht fest: Die Überlinger Waldorfschule möchte klimaneutral werden. Auf einen Zeitpunkt will sich Geschäftsführer Raymund Feger nicht festlegen, zumal hinter dem langen Prozess eine Rechnung mit vielen Unbekannten steckt. Doch ein erster großer Schritt ist sichtbar getan – mit der Erneuerung eines großen Teils der Dachhaut am Hauptbau der Schule, der zwischen 1976 und 1987 errichtet wurde. Parallel dazu läuft in der großen Heizzentrale derzeit ein kompletter Umbau mit Optimierung der Steuerung.

„Die ersten Planungen dazu haben bereits vor mehreren Jahren begonnen“, betont Feger. Nur dieser akribischen Vorbereitung mit Architekten und Fachplanern sei unter Einbeziehung von Lehrern und Eltern der reibungslose Ablauf der ersten Etappe auch zu verdanken. Zumal die Schule neben Energieeffizienz und Umweltfreundlichkeit auch den pädagogischen Anforderungen gerecht werden musste und der Betrieb möglichst wenig gestört werden sollte.

Der Umbau der Heizzentrale im Keller der Schule läuft noch, wie Geschäftsführer Raymund Feger zeigt. Sie versorgt unter anderem auch den ...
Der Umbau der Heizzentrale im Keller der Schule läuft noch, wie Geschäftsführer Raymund Feger zeigt. Sie versorgt unter anderem auch den Kindergarten, die Sporthalle und das benachbarte Gebäude für Handwerk und Kunst. | Bild: Hanspeter Walter

Eine wichtige Variable beim Gesamtprojekt ist das Wetter, das dem Bauherrn bei der ersten Sanierungsetappe – einer größeren Operation am offenen Dach – in die Karten gespielt hat. „Wir hatten Notfallpläne entwickelt, falls es in der Umbauphase einmal fünf Wochen am Stück geregnet hätte“, räumt Feger offen ein. „Doch da hatten wir großes Glück.“

Nachdem die Biberschwanzziegel abgedeckt waren, hatten sich vier Zimmereibetriebe zugleich der Anpassung des Dachgebälks angenommen, das an die Wärmedämmung mit Zellulose angepasst werden musste. Eine Herausforderung angesichts der Topographie des unregelmäßigen Daches mit seinen Rundungen. „Die Kooperation zwischen den Firmen war vorbildlich“, lobt Raymund Feger.

Das könnte Sie auch interessieren

Wenn man die ganze Dachfläche genau anschaut, lässt sich erkennen, wo die erste Sanierungsetappe endet. Hier ist der First aufgrund der Dämmung und der Anpassung des Gebälks sichtbar erhöht. Doch auch hier war am dichten Übergang zur alten Dachhaut viel Feinarbeit erforderlich. Der erste Abschnitt macht weniger als ein Viertel der gesamten Dachfläche aus, hat laut Raymund Feger jedoch viele Erfahrungswerte für die weitere Arbeit gebracht. Mit der Erneuerung des Daches wurden in diesem Bauabschnitt auch sämtliche Fenster ausgetauscht. Der Geschäftsführer ist zufrieden: „Das macht Mut für die Zukunft.“

Operation am offenen Dach: Zimmerleute, Dachdecker und Fensterbauer konnten die Schönwetterperiode nutzen, um die erste Etappe der ...
Operation am offenen Dach: Zimmerleute, Dachdecker und Fensterbauer konnten die Schönwetterperiode nutzen, um die erste Etappe der Sanierung abzuschließen. | Bild: Waldorfschule

Die Minimierung von Wärmeverlusten ist eine Sache, eine andere Sache ist die möglichst effiziente Nutzung und eine Einsparung der eingesetzten Energie. Dies erfolgt derzeit durch den kompletten Umbau der Heizzentrale und eine Optimierung der Steuerung, die sich für jeden Raum und jeden Zeitpunkt gut ausrichten lässt. An das Nahwärmenetz der Waldorfschule sind unter anderem auch der benachbarte Kindergarten, das Zentrum für Handwerk und Bildende Künste sowie die weiter entfernte Sporthalle angeschlossen.

Riesige Steuerungskästen und ein vermeintlicher Kabelsalat sind in der Heizzentrale zu sehen. „Neben neuen Rohren haben wir allein in der Heizzentrale rund 700 Meter neue Kabel verlegt“, sagt Matthias Dehm vom Überlinger Unternehmen Kieback und Peter, das unter anderem auch die Wärmeversorgung für das Helios-Spital auf Effizienz getrimmt hat. „Es macht schon einen Unterschied, ob in einem Klassenzimmer 15 Schüler sind oder 30“, benennt Dehm einen Faktor für den Wärmebedarf. Diesen zu verringern und zu optimieren, mache in Summe einiges aus. „Heute holt man die Effizienz durch Programmierung heraus“, sagt der Fachmann.

Überlegungen lange vor der Gaskrise

Im Moment ist das wichtiger denn je. Denn noch liefern zwei Gaskessel rund 900 000 Kilowattstunden an Wärme für die Waldorfschule, deren Überlegungen zur aktuellen Sanierung lange vor der Gaskrise angelaufen sind. Erleichtert war Raymund Feger daher schon, als vor Kurzem aus dem Kultusministerium die schriftliche Zusage eintraf, dass die Schulen bei Gasknappheit als systemrelevant gelten und bevorzugt versorgt werden. „Da waren wir schon froh“, betont der Geschäftsführer der Privatschule. Wohl wissend, dass das noch nicht alles ist. „Zu den Kosten bei steigenden Preisen ist hier noch nichts gesagt worden“, betont Feger, der zu dieser Entwicklung keinerlei Prognose abgeben will. Nur soviel: „Das wird eine große Herausforderung.“

Deutlich bessere Karten hat die Waldorfschule beim Strom. Hier hat sie schon sehr früh in Photovoltaikanlagen investiert und im Jahr 2001 die ersten Module auf dem Haupthaus montiert. Eine große Anlage hat die Genossenschaft zur Förderung der Freien Waldorfschule am Bodensee 2018 auf der Sporthalle installiert. Seitdem werden von den erforderlichen 270 Megawattstunden bereits rund 220 auf eigenen Dächern produziert.