„Bäumchenverein“ nennt Ortsvorsteher Martin Keßler gern etwas verniedlichend den Verein zur Erhaltung der Kulturlandschaft Hödingen, der seinem Namen seit fast zehn Jahren alle Ehre macht. Das Engagement der Mitglieder gilt unter anderem den landschaftsprägenden struktur- und artenreichen Obstwiesen auf der Gemarkung Hödingen und der Verein genießt breiten Rückhalt unter den Bürgern.

Nur noch drei alte Exemplare der Sipplinger Klosterbirne bekannt

Seit kurzem sind die Obstgärten des Überlinger Teilorts hoch über dem See um eine Rarität reicher. „Das ist eine Sipplinger Klosterbirne“, erklärte der Hödinger Birnensortenexperte Thomas Hepperle bei der jüngsten Feldbegehung, wie es bei dem Verein heißt. Weniger Begehung als feierliche Baumpflanzung wurde dieses Ereignis in der Herbstsonne unmittelbar über den Goldbacher Rebanlagen. „Im Moment sind nur noch drei alte Exemplare der Sipplinger Klosterbirne bekannt“, sagte Thomas Hepperle. Ein Baum steht auf der Gemarkung Bonndorf, ein anderer beim Sportplatz Hödingen und der dritte nahe der Birnau. Allesamt sind diese Methusaleme zwischen 100 und 150 Jahre alt. Die aktuelle Pflanzung soll einen Beitrag zum langfristigen Erhalt dieser Sorte leisten.

Mit vereinten Kräften wird die Sipplinger Klosterbirne aus dem Pflanzgefäß gezogen, in dem sie bei der Landesgartenschau stand.
Mit vereinten Kräften wird die Sipplinger Klosterbirne aus dem Pflanzgefäß gezogen, in dem sie bei der Landesgartenschau stand. | Bild: Hanspeter Walter

Für den Teilortbeitrag zur Landesgartenschau hatte Hepperle ein Reis der Sipplinger Klosterbirne von Rolf Gihr in der Baumschule Linzgau auf eine robuste Unterlage pfropfen lassen. In einem großen Pflanzkasten stand die Birne als Aushängeschild im Uferpark. Mit dem neuen Standort schlage man einen bleibenden Bogen von der Landesgartenschau hinauf zu den Hödinger Obstwiesen, erklärte Hepperle bei der Feldbegehung vor rund 30 Bürgern und Helfern. „Wir pflanzen quasi ein Stückchen Landesgartenschau am Hödinger Berg.“

Mehr als 120 Apfel- und Birnensorten am Hödinger Berg

Doch auch in anderer Hinsicht habe die Aktion symbolischen Charakter. Sie solle nicht nur einen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität im Streuobstbau am Hödinger Berg leisten, wo immerhin noch mehr als 120 Apfel- und Birnensorten zu finden seien. Zugleich wolle der Verein mit der Pflanzung auch ein weiteres Zeichen setzen für die langjährige Partnerschaft mit der Heinz-Sielmann-Stiftung. Sie unterstütze das Streuobst- und Weideprojekt im Rahmen des Biotopverbunds Bodensee schon seit vielen Jahren.

Worauf es beim Einpflanzen eines Obstbaumes ankommt, erläuterte Fachmann Konrad Hauser (rechts).
Worauf es beim Einpflanzen eines Obstbaumes ankommt, erläuterte Fachmann Konrad Hauser (rechts). | Bild: Hanspeter Walter

Konrad Hauser gibt Tipps zu Pflanzung und Pflege

Ein weiterer Förderer der Hödinger Aktivitäten ist der Obstbaumexperte Konrad Hauser aus Beuren bei Singen. Trotz seiner inzwischen 85 Jahre ließ es sich der Routinier nicht nehmen, die bestmögliche Pflanzung der Klosterbirne fachmännisch zu begleiten. Hauser hielt gleich ein längeres Referat und erläuterte, worauf bei der Größe des Pflanzloches, der Tiefe des Wurzelballens, der Anbringung eines Drahtkorbes zum Schutz gegen Wühlmäuse und bei einem Kunststoffmantel gegen Wildverbiss zu achten sei. Ob das kleine Gläschen Obstwasser, das Konrad Hauser zum Abschluss über das Pflanzloch träufelte, eine positive Wirkung auf das Wachstum hat, ist wissenschaftlich nicht belegt.

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Multitalent zum Kochen, Mosten, Dörren und Brennen

Belegt ist allerdings, was Thomas Hepperle am Ende als kleines Geheimnis der Klosterbirne von Sipplingen lüftete. Ursprünglich in der Seegemeinde weit verbreitet, war sie als „Breite Weingärtler“ bekannt. Wohl durch eine zufällige Kreuzung entstanden, sei das Multitalent als Koch-, Most-, Dörr- und Brennbirne gleichermaßen geeignet und gelte als beste Dörrbirne Europas.

Thomas Hepperle zeigte die Früchte der Sipplinger Klosterbirne im Bild.
Thomas Hepperle zeigte die Früchte der Sipplinger Klosterbirne im Bild. | Bild: Hanspeter Walter

In Sipplingen bleibt die Klosterbirne die „Broade Wiigärtler“

Ihren heutigen würdevollen Namen hat die Sorte allerdings keineswegs in der stolzen Heimat am Bodensee erhalten. Auch im Markgräfler Land sei sie schon vor 1850 eingeführt und bald sehr geschätzt worden, hat Hepperle recherchiert. Der Landwirtschaftliche Bezirksverein Kandern habe die Birne 1868 zur offiziellen Namensgebung der Versammlung deutscher Pomologen in Reutlingen vorgelegt und den neuen Namen Sipplinger Klosterbirne vorgeschlagen. Was den damaligen Fachleuten offensichtlich wesentlich würdiger erschienen sei als der alte Mundartname. Was die Sipplinger selbst allerdings nicht weiter interessiert habe. Hepperle schloss: „Sie blieben bis heute bei ihrem Namen ‚Broade Wiigärtler‘.“