Sein Motor hat nur die Stärke eines alten VW-Käfers: Und so sieht auch das Fluggerät von Gerhard Plessing aus, wie ein feuerroter Käfer. Wer zu dem erfahren Piloten in die Maschine steigt, stellt sich unwillkürlich die Frage, ob dieses Gerät wirklich fliegen kann – und vor allem, wie sicher das ist.
Die Frage ist berechtigt, nachdem am Sonntag, 9. Juli, eine vergleichbare Maschine in den Bodensee stürzte. Es handelt sich bei Plessings Fluggerät, wie auch bei der Absturzmaschine, um einen Tragschrauber. Plessing lapidar: „Der trägt und der schraubt.“ Bevor wir mit ihm zu einer Runde über die Insel Mainau abheben, versichert er, dass ein Traugschrauber sicherer sei als ein Flächenflugzeug. Denn die beiden Rotorblätter drehen sich von selbst, alleine durch den Flugwind.

Nach der Wasserung eines Tragschraubers in der Bucht vor Hard nahe Bregenz ist die Ursache des Unglücks bislang unklar. Die beiden Piloten konnten sich aus der Maschine befreien, bevor sie sank.
Plessing begutachtet Fotos der von Tauchern geborgenen Maschine und stellt fest, dass sie kaum Beschädigungen aufweist. Er gehe davon aus, dass sie wie bei einer nahezu normalen Landung auf den See zuflog, „und dann in nur noch etwa einem Meter Höhe ins Wasser plumpste“.
Rotoren drehen sich von selbst
Bei einem Tragschrauber kommt der Schub für den Start von einer Luftschraube am Heck, die wie ein Ventilator aussieht. Es gibt vergleichbare Fluggeräte, die von einem Gleitschirm in der Luft gehalten werden. Die Alpenüberquerungen junger Waldrappe werden damit begleitet. Ein Tragschrauber wiederum verfügt über Rotoren, er sieht also fast so aus wie ein Hubschrauber. Plessing erklärt den entscheidenden Unterschied: „Der Rotor dreht sich durch den Fahrtwind von selbst. Er ersetzt die Tragfläche vom Flugzeug.“ Mit einem Knüppel könne man lediglich den Anstellwinkel der Rotoren verändern.

Er kann langsamer als jede andere Maschine fliegen
Ein Tragschrauber, erklärt Plessing, kann nicht aus dem Stand starten, sondern braucht wie ein normales Flugzeug eine Startbahn. Die Landebahn könne etwas kürzer sein, denn wegen seiner besonderen Flugeigenschaften liegt seine Landegeschwindigkeit nur bei etwa 30 Stundenkilometern. In der Spitze bringt er es auf über 130, erklärt Plessing, er könne aber auch mit nur 40 bis 50 Stundenkilometern in der Luft gehalten werden. Stehen wie ein Hubschrauber kann er nicht, aber viel viel langsamer als jede andere Maschine fliegen, die eine entsprechende Strömung unter den Flügeln braucht, um in der Luft zu bleiben.
Die Mechanik sei einfach und günstig in der Herstellung. „Der Tragschrauber wird deshalb als ein sehr sicheres Flugzeug gehandelt, weil sein Rotor eigentlich nicht stehenbleiben kann. Es kann nie einen Strömungsabriss geben wie bei einem Flächenflugzeug.“ Andere Ultraleichtflugzeuge brauchen einen Rettungsschirm, der einen potenziellen Absturz abfängt, bei einem Tragschrauber gibt es diese Vorschrift nicht.
Was kostet so ein Fluggerät?
Mit Blick auf die Bilder des Absturzflugzeugs sagt Pilot Plessing, dass es sich, wie bei seinem Fluggerät, um ein Modell der Firma Auto Gyro aus Hildesheim handle. Je nach Ausstattung seien sie für 60.000 bis 150.000 Euro oder mehr zu haben. Die Unglücksmaschine habe eine Kanzel, unter der die Insassen nebeneinander sitzen, in seinem Gerät sitzt man hintereinander, und so im Freien, als sei man Carlsson vom Dach.
Endlich schiebt Plessing seinen feuerroten Brummel aus dem Hangar. Er streift sich einen dicken Overall über, der vor der Kälte schützt, die im Flugwind auch im Hochsommer herrscht, setzt sich einen Helm auf – und dann hebt er ab.