Es ist früh am Morgen und gerade so richtig hell geworden. Der Nebel hängt in großen Schwaden über dem Boden und über dem Bachbett der Aach in Mühlhofen. Doch das hält die Mitglieder des Anglervereins Uhldingen-Mühlhofen nicht davon ab, ihren Plan in die Tat umzusetzen. Unter Federführung des Gewässerwarts Reinhard Greiser sind sieben Männer im Bachbett unterwegs und lockern mit Harken das Kiesbett auf. Der Hauptdarsteller des Morgens fehlt aber noch: Rico. Er ist etwa zwölf Jahre alt, hat mehr Kraft als alle Männer zusammen und vier Beine. Er ist ein Freiberger-Hengst, gehört Robert Adebar aus Oberteuringen und steht auf der Reitanlage Hoher in Grasbeuren.
Kies ist mit Schlamm verklebt, sodass Fische nicht laichen können
Es gibt einen guten Grund, warum das Team der Angler das Wasser umpflügt. „Wir wollen die Möglichkeit schaffen, dass Bachforellen, Eschen und Seeforellen wieder laichen können“, erklärt Reinhard Greiser. „Wir hoffen, dass sie in Mühlhofen wieder Laichgruben schlagen werden.“ Früher wurde in der Aach sogar Kies abgebaut, heute ist sie dermaßen mit Schlamm verdreckt, dass die Fische nicht mehr laichen können, weil der Kies verklebt ist. Dies soll sich zwischen der Fischtreppe und der Dorfbrücke ändern, wenn es nach dem Willen der Mitglieder des Anglersportvereins Uhldingen-Mühlhofen geht.
Landratsamt und Regierungspräsidium geben grünes Licht
Um dieses Ziel zu erreichen, schmiedeten die Angler vor wenigen Wochen einen besonderen Plan. „In einer Vorstandssitzung kam die Idee auf, dass wir mit einem Pferd und einer Egge das Bachbett auflockern könnten“, berichtet der Wassersportwart. Er informierte sich daraufhin umgehend beim Landratsamt und beim Regierungspräsidium. Beide Ämter hatten nichts dagegen, sodass die Aktion realisiert werden konnte.
Pferdebesitzer Robert Adebar leiht Rico gern für die Aktion aus
Reinhard Geiser machte sich auf die Suche und kam schließlich mit Anna Vollmer in Kontakt, die in der Reitanlage Hoher in Grasbeuren arbeitet. Und so landete die Anfrage bei Pferdebesitzer Robert Adebar. „Ich fand die Idee interessant und habe gedacht, dass wir es ja probieren können“, sagt er. Wenige Tage vor dem großen Einsatz testete Anna Vollmer mit Rico zusammen den Zugang zur Aach.
Für Rico ist es der erste Einsatz im Wasser
Das Pferd absolvierte diesen Test mit Bravour, erzählt sie. Normalerweise wird Rico geritten, zieht eine Kutsche oder hin und wieder eine Egge auf der Reitanlage. „Im Wasser war er bislang noch nie“, berichtet Anna Vollmer und fügt schmunzelnd hinzu: „Jetzt hat er auch noch sein Seepferdchen gemacht.“
Am besagten Morgen in Mühlhofen wird Rico schon sehnsüchtig erwartet. Robert Adebar und Anna Vollmer kommen mit ihm in einer Kutsche angefahren. Nun wird sein Zaumzeug gewechselt, die Egge wird in die Aach getragen. Beide Pferdeführer steigen in hohe, wasserdichte Anglerhosen, um ins Wasser gehen zu können. Dann geht es los. Anna Vollmer führt Rico ins Wasser, wo ihm die Egge angehängt wird.
Die Pferdeführer sind trotz Anglerhosen gleich nass
Der Plan der Pferdeführer, nicht nass zu werden, wird schnell durchkreuzt. Rico zieht die Egge durchs Wasser; Robert Adebar und Anna Vollmer haben vor allem mit der Strömung mächtig zu kämpfen. Da das Wasser mittlerweile längst in ihre Anglerhosen gelaufen ist, fällt ihnen das Gehen noch schwerer. Aber der Einsatz lohnt sich: Die Egge tut ihre Arbeit, der Kies im Bachbett der Aach wird mächtig aufgelockert. Nach drei Runden ist die Arbeit getan und Rico verlässt das Wasser wieder. Im Schlepptau hat er zwei sichtlich angestrengte Pferdeführer.
Rico zieht in der Aach seine Bahnen
„Es war ganz schön nass und wirklich extrem anstrengend“, berichtet Robert Adebar, für den diese Aktion eine Premiere war. Erschwerend sei hinzugekommen, dass der Wasserstand im Vergleich zum Test noch einmal gestiegen war und dadurch die Strömung zugenommen hatte. „Ohne Anna wäre die Aktion sicherlich nicht möglich gewesen“, betont Robert Adebar. „Sie hat einfach eine gute Kondition und einen eisernen Willen. Ich hoffe nur, dass der Zweck erfüllt wurde und sich der Einsatz gelohnt hat.“
Reinhard Greiser steht mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck neben der Aach und sagt umgehend mit einem Nicken: „Der Kies ist definitiv aufgelockert worden, die Rechnung ist aufgegangen.“ Seine Kollegen vom Anglerverein arbeiten das Bachbett noch etwas nach. Jetzt heißt es Daumendrücken. „Im November und Dezember steigen die See- und Bachforellen bis zur Fischtreppe auf. Dann hoffen wir, dass wieder Laichgruben geschlagen werden“, sagt der Gewässerwart. „Ob die ganze Aktion erfolgreich war, zeigt sich dann im Januar.“ Wenn es nach dem Wunsch von Reinhard Greiser geht, dann soll der Abschnitt zwischen Fischtreppe und Dorfbrücke in Mühlhofen für die Fische zur Schonstrecke werden. Dann dürfte dort nicht mehr gefischt werden.
Die Aktion
- Laichgruben: See- und Bachforellen, Äschen und weitere Fische laichen in Bächen und Flüssen und legen ihre Eier in fließendem Wasser in Kiesbänken ab. Dafür schlagen sie Laichgruben am Gewässergrund. Nachdem der Laich abgelegt wurde, decken die Fische ihn mit Kies wieder zu. So sind die Eier vor Schmutz und Fressfeinde sicher. Dennoch wird durch die Strömung viel Laich abgetrieben. Bei Forellen dauert es etwa drei Wochen, bis der Nachwuchs schlüpft. Dann bleiben die kleinen Fische noch einmal etwa zwei Wochen in der Laichgrube, bis sie beginnen, auf Futtersuche zu gehen.
- Aktion: Der Anglerverein Uhldingen-Mühlhofen will erreichen, dass in der Aach in Mühlhofen zwischen Fischtreppe und Dorfbrücke verschiedene Fischarten wieder natürlich laichen. Außerdem hoffen die Initiatoren darauf, dass dadurch auch Kleintiere wie die Eintagsfliege angesiedelt werden können.