In der Aachstraße scheint jeder eine kleine Anekdote von diesem Tag erzählen zu können, auch Engin Atmaca. Er ist Inhaber des gleichnamigen Supermarkts und wohnt seit 25 Jahren hier. Uhldingen-Mühlhofen sei „ein friedliches Dorf“, sagt er. „Aber sowas habe ich hier noch nie erlebt.“ Damit meint er den Polizeieinsatz, den ein 28-Jähriger Anfang April auslöste, nachdem er im Umkreis von Atmacas Geschäft Menschen mit einem Messer bedroht hatte.

Noch immer verärgert wegen der „Bild“-Zeitung

Am Tag danach habe die Kriminalpolizei vorbeigeschaut, um Videomaterial der Überwachungskameras für die Ermittlungen zu sichern, erzählt er. Was ihn bis heute ärgere, sei aber die „Bild“-Zeitung. Diese stellte in einem Artikel den Zusammenhang her, dass der Vorfall mit seinem Supermarkt zu tun habe. Der Einsatz war in der Nähe seines Geschäfts, hatte mit diesem aber nichts zu tun.

Engin Atmaca, Inhaber des Atmaca-Supermarkts in Oberuhldingen.
Engin Atmaca, Inhaber des Atmaca-Supermarkts in Oberuhldingen. | Bild: Cian Hartung

Doch noch immer ist in dem Artikel ein Bild des Supermarkts zu sehen – und das störe ihn. Juristisch wolle er aber nicht gegen die Zeitung vorgehen. Und einen Anwalt zu beauftragen, das sei ihm zu teuer. Aber fühlt er sich nun unsicher in seiner Gemeinde? „Nein, für mich ist alles wieder gut.“

„Ich fühle mich hier sicher“

Gaby Radosalowitsch kann auch einiges von dem Tag erzählen. Sie ist Mitarbeiterin der Bäckerei Kränkel in der Aachstraße. Das Geschäft liegt unweit des damaligen Einsatzbereichs. Sie erzählt: An dem Tag seien immer Kunden reingekommen und hätten Neuigkeiten über den Einsatz erzählt. Vieles davon war aber falsch, wie sie heute sagt. Fühlt sie sich seitdem eingeschüchtert an ihrem Wohnort? Nein, sagt sie. „Ich fühle mich hier sicher.“

Gaby Radosalowitsch, Mitarbeiterin der Bäckerei Kränkel in der Filiale in Oberuhldingen.
Gaby Radosalowitsch, Mitarbeiterin der Bäckerei Kränkel in der Filiale in Oberuhldingen. | Bild: Cian Hartung

Gerüchte kursieren auch nach den Vorfällen

Gerüchte zu den Straftaten sind in den vergangenen Wochen auch Engin Kilci zu Ohren gekommen. Er ist Inhaber des gleichnamigen Dönerladens am oberen Ende. Für ihn seien sowohl der Polizeieinsatz und der Messerangriff am Friedhof abgehakt. Sein Eindruck: „Jeder erzählt etwas, doch nicht viele wissen, was wirklich los war.“ Von der Straftat mit der schweren Körperverletzung mit Todesfolge habe er noch nicht gehört und zuckt die Schultern. „Angst habe ich jetzt jedenfalls nicht.“

Engin Kilci, Inhaber des Dönerladens Kebap bei Engin in der Aachstraße.
Engin Kilci, Inhaber des Dönerladens Kebap bei Engin in der Aachstraße. | Bild: Cian Hartung

Chronologie der Ereignisse

Einige sind trotzdem beunruhigt

Mehr Gedanken um ihre Heimatgemeinde macht sich dagegen Marion Wagner. Die Betreiberin des Hotel-Restaurants „Storchen“ wurde am Morgen des Polizeieinsatzes von ihrem Sohn per Telefon gewarnt, als sie mit ihrem Hund Gassi gehen wollte. „Er wohnt im Ausland und hat davon im Internet erfahren“, erzählt sie.

Marion Wagner, Betreiberin des Hotel-Restaurants „Storchen“ in Oberuhldingen.
Marion Wagner, Betreiberin des Hotel-Restaurants „Storchen“ in Oberuhldingen. | Bild: Cian Hartung

Für sie sind die Vorfälle die Fortsetzung einer Entwicklung der vergangenen Jahre. Sie bringt diese auch mit Vandalismus in Verbindung, von dem auch ihr Hotel betroffen gewesen sei. Wagner gehe mittlerweile abends und nachts nur noch ungern allein auf die Straße – und wenn mit ihrem 60 Kilogramm schweren Hund, sagt sie. Andere Bewohner äußern sich ähnlich, doch viele wollen sich nicht namentlich äußern.

Von dieser Straftat wissen viele noch nicht

Zu dem Streit mit der Messerattacke am Friedhof in Seefelden hat dagegen kaum jemand eine persönliche Geschichte zu erzählen. Und fast ganz untergegangen scheint die schwere Körperverletzung mit Todesfolge Anfang Mai in einer Wohnung in Oberuhldingen. Selbst viele Anwohner oder Nachbarn in dem betreffenden Wohnblock scheinen den Polizeieinsatz nicht mitbekommen zu haben, wie eine Umfrage in der Nachbarschaft ergibt. Dabei war an dem Abend ein Rettungshubschrauber auf der Fläche hinter einer nahegelegenen Grundschule gelandet und hatte den 42-jährigen Schwerverletzten ins Krankenhaus gebracht, wie die Polizei auf SÜDKURIER-Anfrage bestätigt.

In dieser Nachbarschaft in Oberuhldingen soll sich am 4. Mai eine schwere Straftat ereignet haben. Ein 37-Jähriger soll einen ...
In dieser Nachbarschaft in Oberuhldingen soll sich am 4. Mai eine schwere Straftat ereignet haben. Ein 37-Jähriger soll einen 42-Jährigen in dessen Wohnung schwer verletzt haben. Dieser starb einige Tage danach an den Verletzungen. | Bild: Cian Hartung

In dem Wohnhaus sind kaum Menschen anzutreffen. Ein Großteil der Wohneinheiten bestehe aus Ferien- und Zweitwohnungen, heißt es. Nur etwa ein Drittel sei offenbar fest vermietet, sagt eine Eigentümerin. Wer hier dennoch Dauerbewohner antrifft, erfährt wilde Gerüchte. Offenbar soll eine Kellertür aufgebrochen worden und erneut in die Wohnung eingebrochen sein. Die Pressestelle des Polizeipräsidiums Ravensburg dementiert diese Gerüchte.

Bürgermeister wendet sich an die Gemeinde

Bürgermeister Dominik Männle ist für ein persönliches Gespräch nicht verfügbar, äußert sich gegenüber dem SÜDKURIER aber schriftlich. Er sei erschrocken gewesen über diese drei Straftaten in so kurzer Zeit. „Diese Vorfälle haben im Ort für Aufsehen und Diskussionen gesorgt, eine Hysterie oder übertriebene Angst habe ich aber nicht wahrgenommen“, schreibt er.

Dominik Männle, Bürgermeister von Uhldingen-Mühlhofen.
Dominik Männle, Bürgermeister von Uhldingen-Mühlhofen. | Bild: Cian Hartung

Derartige Straftaten und die Berichterstattung darüber könnten für Unbehagen sorgen. Nachdem sie sich aber im persönlichen Bereich abgespielt hätten, sei diese Häufung aber wohl rein zufällig gewesen, so Männle. „So sollten wir hier nicht überreagieren, sondern versuchen, einen kühlen Kopf zu bewahren.“ Die aktuelle Häufung ändere nichts daran, dass die Gemeinde Uhldingen-Mühlhofen ein „sehr sicherer Ort“ sei, schreibt er und verweist auf die polizeiliche Kriminalstatistik.