Pro Verkehrsübungsplatz: Eine Frage der Sicherheit
Verkehrsübungsplätze sind in Baden-Württemberg längst Standard und es wird höchste Zeit, dass auch der Kreis Waldshut endlich nachzieht. Denn nur auf solchen Plätzen ist sichergestellt, dass die Kinder mit einer Vielzahl möglicher Verkehrssituationen in Kontakt kommen: Ampeln, Bahnschranken, Zebrastreifen, um nur einige Beispiele zu nennen.

Was auf den ersten Blick übertrieben erscheinen mag, ist eine sinnvolle Einrichtung, da das Einüben in der Praxis oft nur schwer zu realisieren ist. Denn wo finden sich diese Situationen, mit denen die Kinder dann später möglicherweise alleine klar kommen müssen, wenn sie mit dem Rad unterwegs sind? In Bad Säckingen gibt es sie, aber schon in Wehr wird es schwierig. Noch viel wichtiger: Wie lässt sich im normalen Straßenverkehr das richtige Verhalten in der jeweiligen Situation erlernen, ohne dass man die Kinder in Gefahr bringt? Die Rede ist hier nicht von ein oder zwei Sprösslingen auf dem Fahrrad, sondern von einer Gruppe von mindestens 20 Viertklässlern, die erfolgreich vom Bürgersteig auf die Straße wechseln sollen und wollen.
Fakt ist: Jeder, der etwas Neues lernt, macht Fehler. Deshalb sollten unsere Kinder die Möglichkeit bekommen, diese Fehler etwas abseits des richtigen Straßenverkehrs zu machen, damit sie ihnen später dann nicht passieren. Sie sollten die Möglichkeit haben, möglichst viele Situationen kennenzulernen, auch wenn es die so direkt vor der Haustür nicht gibt. Und wer weiß, vielleicht wird ein Verkehrsübungsplatz, der aktuell auf die Radfahrausbildung reduziert wird, durch weitere Nutzergruppen ein echter Gewinn für die ganze Region? Gut vorstellbar.
Contra: Der Staat ist doch kein Fahrlehrer
Auf Verkehrsübungsplätzen sollen Kinder sich sicher auf die Fahrradprüfung vorbereiten. In Bad Säckingen ist ein solcher Verkehrsübungsplatz in Planung, ein weiterer in Wutöschingen. Beide sollen 1,3 Millionen kosten. Eine Investition in die Sicherheit der Kinder.

Was auf Anhieb ganz plausibel klingt, hat auch eine andere Seite, die zumindest bedacht werden sollte: Es geht um den Umstand, dass der Staat immer mehr Aufgaben übernehmen muss. Bleiben wir beim aktuellen Beispiel Radfahren: Erzieher, Lehrer und Polizei beklagen schon seit Jahren den kontinuierlichen Rückgang der motorischen Fähigkeiten bei Kindern. Das merkt man nicht nur im Sportunterricht, sondern eben auch beim Radfahren. Gehörte es früher zu den familiären Pflichten, die eigenen Kinder in gesunder Bewegung zu halten und ihnen auch das Radfahren zu vermitteln, delegiert man das heute gerne an den Staat, der dafür mit Millionenaufwand "Schonräume" baut.
Aber da wir nun in dieser Situation angekommen sind und es um die Sicherheit der Kinder geht, kommen wir nicht mehr drum herum. Gleichwohl bleibt festzuhalten: Es gehört nicht zu den originären Aufgaben einer Staatsverwaltung, dem einzelnen Kind das Radfahren beizubringen. Das gehört in den privaten, familiären Verband. Dies an den Staat abzudrücken, heißt, die nötigen Investitionen dafür müssen von Steuergeldern finanziert werden. Die Krux: Radfahren ist nicht das einzige Beispiel wie private Verantwortung heute bei der öffentlichen Hand landet. Auch Kindergärtnerinnen können davon ein Lied singen. Diese Dinge gibt es aber nicht umsonst. Deshalb darf sich keiner über die Steuerquote in unserem Land wundern.