Bernau Was hat das auf vier Jahre angelegte „Herdenschutz-Projekt Südschwarzwald“ gegen Wolfsangriffe gebracht? Zwei Bernauer Landwirte berichten zur Halbzeit von ihren Erfahrungen. Beide Betriebe liegen im Ortsteil Dorf, beide halten rund 200 Rinder. Markus Schmidt hält an seinem Dorfmattenhof Milchkühe, die vorwiegend auf Weiden in Hofnähe und nachts in Ställen sind. Der Goldbachhof von Markus Kaiser ist ein Mutter-Kuh-Betrieb mit Rindermast zur Fleischerzeugung. Kaisers Herden leben im Sommerhalbjahr auf umliegenden Weiden, vorwiegend in Höhenlagen. Schmidt hat keine Wolfsrisse zu beklagen, auf Kaisers Weiden wurden acht Rinder getötet. Seit zwei Wölfe eines dreiköpfigen Rudels im Raum Schluchsee in den vergangenen Jahren im Straßenverkehr starben, seien Angriffe praktisch ausgeblieben.
In Baden-Württemberg seien vier sesshafte Wölfe nachweisbar: je zwei im Nord- und Südschwarzwald. Einer sei der Wolfsrüde GW1129m im Schluchseegebiet, sagt Rebecca Müller, Projektkoordinatorin des Herdenschutzprojekts, bei einem Pressetermin mit den Landwirten in Bernau. Manches spreche dafür, dass Wölfe auf der Suche nach einem Revier im Südschwarzwald unterwegs seien. So seien vermehrt Ausbrüche ganzer Herden aus ihren Weiden gemeldet worden, was auf eine Bedrohungslage hindeute.
Ins Pilotprojekt wurden 15 sehr unterschiedliche Betriebe aufgenommen. Es habe gezeigt, welche Vorkehrungen sich als sinnvoll erwiesen haben. Es gebe nur individuelle Lösungen. Abgekommen sei man davon, Weidegebiete großflächig mit wolfsabweisenden Zäunen abzusperren – weil diese allein im Südschwarzwald Hunderte Millionen Euro kosten würden und Interessenkonflikte mit weiteren Nutzern hervorriefen: Wanderwege, Loipen oder Mountainbike-Strecken führen über die Weidfelder, die Forstwirtschaft nutze die Wege. Zäune widersprächen der Förderung der Auerhuhn-Population.
„Das Projekt versucht, die Akteure an einen Tisch zusammenzuholen“, sagt Müller. Was es bewirkt habe, sei eine bessere Vernetzung über die Interessengruppen hinweg, bestätigen beide Landwirte. Empfohlen werden wolfsabweisende Zäune nur noch für Weiden, auf denen Kälber oder Schafe und Ziegen gehalten werden. Der Trend gehe außerhalb von Hofgrundstücken zu Mobilzäunen, die leicht aufzustellen seien und die regelmäßigen Mähungen vereinfachen.
Markus Kaiser schützt seine Weiden mit wolfsabweisenden Zäunen. Diese sind mit fünf quer gespannten Drähten ausgestattet. Die Drähte werden im Abstand von rund 20 Zentimetern übereinander montiert, der Abstand des untersten Drahts zum Boden muss rund 20 Zentimeter betragen. Übliche Zäune haben nur zwei Drähte. Da über Kaisers hofnahe Weiden eine Loipe verläuft, hat sein Zaun zwei Tore am Eingang und Ausgang der Loipenspur. Finanziert worden seien sie aus dem Fördertopf des Landes für Herdenschutz. Der Zaun gelte bis zu einer Schneehöhe von 35 Zentimetern als sicher, so Kaiser.