Lange Zeit lagen hier 8000 Quadratmeter Fläche brach: Das Roth-Areal rund um das alte Sägewerk und die Mühle in Aach wandelt sich derzeit vom verlassenen Ort zu lebenswertem Wohnraum. Denn in den historischen Gebäuden sollen moderne Wohnungen entstehen – allerdings mit altem Charme. Die ersten sind nun fertig, wie ein Ortsbesuch vor dem offiziellen Rundgang zeigt. Denn am Samstag, 13. September, können Interessierte sich das Gelände gemeinsam mit Wagner und Schmäh ansehen.
Corinna Wagner und Sebastian Schmäh haben sich dieser Herausforderung angenommen. Wagner ist freie Architektin in Meersburg und auf Denkmalpflege spezialisiert. Schmäh betreut als Projektentwickler die handwerkliche Sanierung des Areals. Er leitet die Firma Holzbau Schmäh, ebenfalls in Meersburg. Rund 3,5 Millionen Euro habe man bisher investiert, berichtet Schmäh. Nach der ungefähr zwei Jahren Bauzeit gibt es in der ehemaligen Mühle nun sechs sanierte Wohnungen.
„Die gesamte Mühle ist verkauft und wird demnächst komplett an die neuen Eigentümer übergeben“, berichtet Corinna Wagner. Die Wohnungspreise rangierten laut Irmgard Möhrle-Schmäh von der eigens gegründeten Projektentwicklungsgesellschaft grob zwischen 450.000 und 850.000 Euro. Doch damit sind die Bauarbeiten noch nicht fertig.
Sanierung statt Abriss
Wo sich momentan noch die Säge befindet, sollen später noch zwei bis drei Wohnungen hinzukommen. Im Ökonomiegebäude sollen sechs weitere Wohnungen entstehen. Das Gebäude sei früher schon zum Abriss freigegeben worden. Wie Schmäh berichtet, habe man sich dennoch für das alte Bauwerk und gegen einen Neubau entschieden: „Für mich ist ein Standard-Wohnkomfort, wo womöglich noch alle sechs Wohnungen den gleichen Grundriss haben, nichts Besonderes. Hier wird jede Wohnung seinen Charme haben.“

Die Umwandlung des ehemals verlassenen Geländes ist auch für die Menschen in Aach eine Umgewöhnung. „Es war jahrelang in Aach so ein bisschen Lost Place und das ist schon für die Bevölkerung ein Unterschied“, berichtet Architektin Wagner. 2023 betonte allerdings Bürgermeister Manfred Ossola zum Start der Bauarbeiten: „Wir bekommen nach der Sanierung ein komplett gestaltetes Areal zurück, das für Bürger und Gäste gleichermaßen attraktiv sein soll.“ Die Stadt könne sich glücklich schätzen, einen Projektentwickler gefunden zu haben, der nicht abreißt, sondern erhält und aufwertet.

Areal mit langer Geschichte
Das historische Mühlenareal in Aach hat eine lange Geschichte: „Seit über 1000 Jahren ist der Platz als Mühlplatz verbürgt“, berichtet Corinna Wagner. Die Sägemühle sei zuerst da gewesen. Im 19. Jahrhundert seien noch die Mehlmühle und weitere Gebäude hinzugekommen. „Die Sägemühle war bis Mitte der 1980er-Jahre in Betrieb“, erzählt Corinna Wagner. Später kaufte die Stadt das Gebiet.
Als die Stadt dann nach Investoren suchte, habe sich das Team aus Schmähs Firma und Partnern beworben und sich gegen zwei weitere Parteien durchgesetzt, berichtet der Projektentwickler. „Aus unserer Sicht haben wir uns durchgesetzt, weil wir sehr viel in der Denkmalpflege machen, sehr erfahren sind“, sagt er. Für die Sanierung gab es auch Mittel vom Land und der Gemeinde. Teile der Flächen gehen an die Gemeinde zurück und sollen öffentlich zugänglich sein.
Bei der Entwicklung hatte die Architektin Wagner klare Vorstellungen: „Meine Vision war von Anfang an, dass sich dieses Wohnen mit der Natur verbindet.“ Dabei setzte sie auch darauf, Altes zu erhalten: „Man kann in diese Atmosphäre eines alten Hauses eintauchen. Es ist kein Stahl-Beton-Bau.“
Eine Arbeit „wie Detektiv spielen“
Aus einem historischen Gelände ein modernes Wohnquartier zu machen, hat auch seine Herausforderungen. Architektin Wagner zählt etwa Technik, Brandschutz und Wärmeschutz auf. Die Kunst sei es, das alles umzusetzen, ohne dass das Haus neu aussehe. „Das ist wie ein Verbinden von Alt und Neu, aber ohne dass das Neue dominiert“, erklärt sie. „Es ist natürlich sehr komplex, weil es die Fantasie braucht“, sagt auch Sebastian Schmäh.

Die Arbeit sei auch ein bisschen „wie Detektiv spielen“, erklärt Corinna Wagner. Man suche nach den Lebensspuren auf dem Gelände. „Dann sehen wir an der Wand, da muss eine Treppe gewesen sein, weil sich der Putz so abzeichnet. Und dann verstehen wir das Gebäude im Laufe der Zeit und können etwas entwickeln, was für das Gebäude stimmt“, erläutert sie.

Bauen hat immer Herausforderungen
Trotz langer Erfahrung in der Branche geht auf dem Bau nicht immer alles glatt. „Eine Baustelle, wo nichts schief geht, die gibt es überhaupt nicht“, berichtet die 60-Jährige. In der untersten Wohnung wollte man eine Fußbodenheizung einbauen und unter dem Zeitdruck passierte ein Fehler, erinnert sich Wagner: Die Leitungen für die Heizung waren vergessen worden. Also musste der Estrich-Untergrund wieder entfernt werden. „Wir sind alle Menschen“, resümiert Wagner.
Manche hätten das Projekt mit Skepsis betrachtet, berichtet Projektleiter Schmäh. Gerade als ortsfremde Unternehmer habe man das Vertrauen erst gewinnen müssen. „Tatsächlich war ich überrascht, dass es lange dauert, bis man in dieser Gemeinde so verankert, was wir hier tun.“ Wagner und Schmäh betonen aber: „Wir kriegen schon sehr viel positive Resonanz“.

Die Besichtigung des umgestalteten Mühlenareals startet laut der Webseite des Mühlenareals um 17 Uhr und endet um 18.30 Uhr.