Die Lage beruhigt sich in der Blattert-Mühle in Bonndorf-Wellendingen. Die Nachfrage nach Mehlprodukten war in den vergangenen Wochen drastisch in die Höhe geschnellt, was im Vergleich zum bisher gewohnten Maße des Handelsgeschehens zu Verwerfungen führte. Das Coronavirus verändert alles. Müllermeister Daniel Blattert aus Wellendingen schüttelt den Kopf. Das Müllergewerbe versuche, dies weiter alles aufzufangen, so gut es gehe. Die zeitweise angespannte Situation habe sich durch besonnenes Handeln der Menschen etwas gelöst.
Daniel Blattert verweist im Gespräch mit dieser Zeitung darauf, dass die Branche am Arbeitsanschlag agiert habe, um der gestiegenen Nachfrage Herr zu werden. Lediglich die besonders leistungsfähigen Betriebe der Branche, zu denen Daniel Blattert seinen Betrieb zählt, seien noch in der Lage gewesen, auf die erhöhte Nachfrage zu reagieren. Doch dies sei prinzipiell nicht dauerhaft möglich oder steigerbar. Den Bäckereien und dem produzierenden Gewerbe sichert Daniel Blattert weiterhin die kontinuierliche Lieferung bisher bezogener Mengen zu.
Die Gesellschaft befinde sich in Friedenszeiten, die Infrastruktur des produzierenden Mühlengewerbes sei intakt, betont der Müllermeister. Die Silos seien zudem voll, die Wellendinger Mühle könne produzieren, sendet Daniel Blattert weiter beruhigende Nachrichten. Dies sollten Menschen auch weiterhin in ihrem Umfeld verbreiten. Zeitweise leere Regale im Mühlenladen seien kein Anlass zur Beunruhigung. Das Mehl geht also nicht aus.
Die Branche habe in den vergangenen Tagen alle Produktionsressourcen in die Waagschale geworfen, um die Situation zu meistern. Das Blattert-Team habe Außergewöhnliches geleistet, das Arbeitsaufkommen hatte sich in der Zeit vervierfacht. Er habe täglich neu abwägen müssen, was sinnvoll machbar sei und was nicht, um seine Angestellten vor Überlastung zu schützen. Darunter fällt auch der Backtag freitags: Das Sortiment wurde auf die Sorten Bauernbrot, Spezialbrot und Dinkelvollkornbrot reduziert.
Leere Regale seien vielerorts das Resultat von hamsternden Kunden. Mehl sei eben schon immer ein klassisches Hamsterprodukt gewesen. Die Blattert-Mühle-Mitarbeiter weisen laut Daniel Blattert mittlerweile diese spezielle Klientel darauf hin, das nur in haushaltsüblichen Mengen abgegeben werde. Ein leeres Regal sei am nächsten Tag bislang immer wieder gefüllt worden, beruhigt Daniel Blattert. Im Ladengeschäft der Wellendinger Mühle tauchen in diesen Tagen zunehmend auch Privatkunden aus der weiteren Region auf, weil eben andere Mühlen nicht mehr in der Lage seien, die Nachfrage nach Mehl zu bedienen.
Zudem backe der Einzelne mehr zu Hause. Bislang seien es geschätzt zehn Prozent derjenigen Kunden gewesen, die Mehl aus dem Ladengeschäft der Mühle kauften. Auch dieser Prozentsatz habe sich sicherlich etwas erhöht. Was die Leute im Moment interessiere, seien Backrezepte. Hefe sei allerdings mindestens bis Ostern überaus schwer zu bekommen. Er arbeite an einer Anleitung, wie man sich selbst Frischhefe heranziehen kann und am Leben hält – „damit die Osterzöpfe gesichert sind...“, merkt Daniel Blattert mit einem Augenzwinkern an (wir berichten noch). Daniel Blattert ruft aber auch dazu auf, an die Bäckereien zu denken, bei denen ebenfalls Backwaren gekauft werden können. Dies entlaste die Mühlenbranche.
Nicht zuletzt sei die Nachfrage bei den Wiederverkäufern der Blattert-Mühleprodukte, also der Einzelhandel, extrem gestiegen. Es sei doch ein seltsames Gefühl, vom hoffierenden Marketing der vergangenen 25 Jahre in eine Lage zu wechseln, Anfragen neuer Wiederverkäufer abweisen zu müssen. Daniel Blattert machte in den vergangenen Tagen noch ein weiteres Nadelöhr in der Produktionskette aus – die kleinen Verpackungsgrößen. Im vergangenen Jahrzehnt habe die Nachfrage nach Ein- bis Zehn-Kilogramm-Verpackungen deutlich nachgelassen. Nun seien diese arbeitsintensiven Größen für den Mühlenladen durch die Zunahme des Privatkundengeschäfts wieder stark nachgefragt gewesen. Weil die Mitarbeiter sich auf das Wesentliche konzentrieren, komme es deshalb insbesondere bei Nebenprodukten (Backmischungen) zu Fehlmengen im Angebot. Die Blattert-Mühle setze ihren Schwerpunkt auf die Hauptartikel, also aufs reine Mehl.