Wie in einer anderen Welt fühlte man sich am Montagvormittag in den Einkaufszentren entlang des Hochrheins. Denn infolge der kurzfristig angeordneten Grenzschließung zur Schweiz, verbunden mit verstärkten Kontrollen des durchfahrenden Verkehrs, kam der Einkaufstourismus vollständig zum Erliegen. Auf den sonst proppevollen Parkplätzen herrschte stellenweise gähnende Leere, lange Warteschlangen an den Kassen blieben aus.
Da die Regelung erst um 8 Uhr inkraft trat, waren die tausenden Grenzgänger zunächst einmal nicht von der Grenzschließung betroffen, zumal diese ohnehin einseitig von Deutschland umgesetzt wird. Das sollte sich im Lauf des Nachmittags grunsätzlich ändern. Denn dann bildeten sich an den Grenübergängen in Bad Säckingen und Laufenburg lange Staus, verbunden mit erheblichen Wartezeiten bei der Einreise nach Deutschland.

Daran dürfte sich nichts ändern, solange die Grenzschließung Bestand hat, denn wie früheren Zeiten wird jedes einzelne Fahrzeug gestoppt und gegebenenfalls kontrolliert. Die Zollbeamten lassen nur den durch, der für seine Einreise einen triftigen Grund nennt. Etliche Fahrzeuge wenden und treten die Heimreise in die Schweiz an.

Die Folgen sieht man in den Einkaufszentren im Laufenpark und in Bad Säckingen. „Es ist eigentlich ein ganz normaler Morgen, nur ohne ein einziges CH-Kennzeichen auf dem Parkplatz“, kommentiert ein Mitarbeiter einer Security-Agentur, der namentlich nicht genannt werden will. Nach dem Ansturm von Kunden in den vergangenen zwei Wochen sei dies eine echte Wohltat. Ohnehin: Was da in Sachen Hamsterkäufe so passiert sei, „das kann man kaum in Worte fassen. Und man kann es gar nicht verstehen, warum die Leute sich so verhalten haben“, sagt der Security-Mann kopfschüttelnd.

In den Läden setzt sich das Bild fort. Die Zahl der Kunden ist überschaubar, wo sonst drei oder vier Kassen geöffnet sind, um dem Ansturm Herr zu werden, ist heute nur eine offen. Und das reicht vollkommen aus. „So entspannt habe ich seit bestimmt fünf Jahren nicht mehr eingekauft“, kommentierte eine gut gelaunte Discounter-Kundin. So würde man sich das doch öfter mal wünschen, fügt sie hinzu. Denn dass diese Situation von Dauer sein könnte, kann sie sich nicht vorstellen, sagt sie im Gespräch mit unserer Zeitung.

Auch bei den Mitarbeiterinnen der Tankstelle im Laufenpark ist es ruhig: „Sonst haben wir bestimmt ein Drittel oder die Hälfte Schweizer Kunden. Heute waren es höchstens drei“, erklärt die Kassiererin. Das mitten im Laufenpark aufgestellte Zollhaus, wo insbesondere samstags lange Schlangen von Einkaufstouristen abgefertigt werden, ist geschlossen. Wegen Corona werden derzeit keine Ausfuhrscheine abgestempelt, heißt es auf einem Zettel an der Tür.

Wenige Kilometer weiter in Bad Säckingen, ist am Grenzübergang deutlich mehr Betrieb. Der Verkehr staut sich gegen 12 Uhr bereits deutlich über die Brückenmitte hinaus, was einen deutlichen Vorgeschmack für die Abendstunden geben dürfte, wenn die Grenzgänger nach Feierabend wieder zurückkehren.
Auch auf dem Parkplatz Brennet-Areal sind Autos mit Schweizer Kennzeichen Mangelware. Doch trotzdem herrscht hier, ebenso wie bei Kaufland in Obersäckingen ordentlich Betrieb. „Die Geschäfte erleben jetzt einmal, wie wichtig die einheimische Kundschaft ist. Wir kommen auch, wenn die Grenzen zu sind“, sagt eine Seniorin, die nach eigenen Angaben seit vielen Jahren Stammkundin von Kaufland ist.
Allzu oft, habe sie seit dem Frankenschock das Gefühl gehabt, dass einige Händler ganz vergessen hätten, wie wichtig die Kunden von der deutschen Seite seien – auch wenn sie nicht in so großen Dimensionen einkauften wie die Einkaufstouristen aus der Schweiz.

Äußerungen weiterer Kunden schwanken zwischen offener Häme und durchaus ehrlicher Besorgnis, inwieweit sich dies im Fall einer längeren Dauer auf die Arbeitsplätze im Handel auswirken könnte. Aber dass dauerhaft die Kunden aus der Schweiz wegbleiben – kaum einer kaum sich das am ersten Tag der Grenzschließung vorstellen, auch wenn am Montagnachmittag kleine Grenzübergänge komplett gesperrt wurden und seither die Holzbrücke von Bad Säckingen somit erstmals seit dem zweiten Weltkrieg ihre Funktion als völkerverbindendes Wahrzeichen zumindest vorübergehend verloren hat.
Handel und Gewerbe im Krisenmodus: So reagieren die Bad Säckinger Geschäftswelt auf die Grenzschließung
Die Grenzschließung wird sowohl Handel, Gastronomie, Hotellerie und Dienstleister in Bad Säckingen in finanzieller Hinsicht enorm treffen. Davon geht der Stadtmarketingverein Pro Bad Säckingen aus, wie die Vorsitzende Elisabeth Vogt auf Nachfrage unserer Zeitung erklärt. „Erste Einbrüche waren bereits in den letzten beiden Wochen mit noch offenen Grenzen zu verzeichnen“, so Vogt weiter.
Die Geschäftsleute in der Stadt versuchten demnach, mit größerer Flexibilität und zusätzlichen angeboten auf die aktuellen Veränderungen zu reagieren. Radsport Riedl-Leirer, das Modegeschäft Ulli S. und Hofmanns Tabaccheria hätten beispielsweise ihre Öffnungszeiten kurzfristig so verändert, dass auch Schweizer Kunden noch davon profitieren könnten, so Vogt. „Einige Geschäfte bieten auch Lieferdienste an, zum Beispiel Hofmanns Tabaccheria und Zeitgeist“, erklärt die Pro-Bad-Säckingen-Vorsitzende.
Prognosen seien in der aktuellen Situation schwierig. Die Ereignisse hätten sich in der vergangenen Woche derart überschlagen, „daher können wir aktuell nicht abschätzen, wie schnell wir uns alle noch mehr einschränken müssen.“ Sie ruft aber dazu auf, lieber mit dem Kauf von Waren zu warten und sie beim hiesigen Handel zu erwerben, als sie im Internet zu bestellen. (msb)