Herr Binninger, erklären Sie uns doch bitte in kurzen Worten, was Kryptogeld ist und seit wann es so etwas im öffentlichen Raum gibt.
Kryptogeld ist die Hoffnung, dass irgendwer, irgendwo, irgendwie auf digitalem Weg einem für gängiges Geld Kryptogeld zuteilt. Alle wichtigen Fragen sind offen. Wer steht dahinter? Wer regelt? Wer kontrolliert? Mit was ist Kryptogeld gedeckt? Wie steht es mit der Rechtssicherheit? Wie wird der Preis ermittelt? Mit einem gigantischen Stromverbrauch (CO2-Emissionen) werden Bitcoins geschürft…

Und was ist dann Geld, wie wir es landläufig kennen?
Geld ist das gerade aktuelle allgemein anerkannte Tausch- und Zahlungsmittel. Geld ist ein Wertmaßstab und Recheneinheit. Geld ermöglicht Handel und Wirtschaft. Wir hatten in Deutschland seit Bismarck die Mark, die Rentenmark, die Reichsmark, Alliierte Militärmark, die Währung der DDR, Deutsche Mark und zur Zeit den Euro.
Welche Bestrebungen stehen hinter Kryptogeld und welche Gefahren bestehen für Kunden dieser Währung?
Irgendwer, irgendwo will irgendwie ein Geschäft machen. Wie schon gesagt, ohne jegliche staatliche Kontrolle und Maßstäbe.
Welches lokales Kryptogeld gibt es im Landkreis Waldshut?
Der eine oder andere Gewerbeverein im Landkreis hat ein Gutscheinwesen. Das ist korrekt und vertrauenswürdig. Diese Gutscheine kann man im weiteren Sinne als Kryptogeld bezeichnen.
Wem nutzt digitales Kryptogeld überhaupt?
Denen, die es verkaufen. Dann natürlich auch den Spekulanten und kriminellen Akteuren.
Welche Chancen, welche Gefahren sehen Sie in der Libra oder überhaupt in Kryptogeld für den Einzelhandel, etwa in der Region Bonndorf, Grafenhausen und Wutach?
Wenn alle knapp acht Milliarden Menschen Frieden, Gerechtigkeit, Wohlstand für alle, für jedermann ein Smartphone oder PC und eine Golddeckung des Libras haben, ist es eine tolle Sache. Ich glaube das dauert noch etwas. Die bisherigen Gefahren bleiben also bestehen egal wie das „Kind“ heißt; Undurchsichtigkeit, Risiken und Beschiss. Natürlich finden sich immer begeisterungsfähige Menschen für etwas Neues. Das ist auch gut. Aber nicht alles Neue von großen, fernen Konzernen oder Einrichtungen ist auch gut. Der Libra wird den heimischen Handel nicht weiterbringen. Wir als Sparkasse tun alles, um unsere Betriebe sowie auch den heimischen Handel zu unterstützen.
Wird sich Kryptogeld langfristig durchsetzen?
Die Menschen, die Welt und das Geldwesen haben sich schon immer weiter entwickelt. Unsere 1765 gegründete Sparkasse arbeitet heute mit zeitgemäßen Produkten und Techniken. Sicher, schnell, nach festen Regeln, anständig, vor Ort, kontrolliert und man kann rund 100 Mitarbeitern in die Augen sehen. Wir fördern unsere Unternehmen, Vereine und Menschen. Wir sind ein verlässlicher Arbeitgeber, Ausbilder, Sponsor und Steuerzahler. Wir entscheiden vor Ort. Kryptogeld wird es als Bodensatz weiterhin geben. Wir sehen in der Blockchaintechnologie (dezentrale Datenbank; Anmerkung der Redaktion) eine Zukunft, die wir für unsere Kunden einsetzen werden.
Hintergrund und Person
- Zum Hintergrund: Ein Konsortium aus Facebook, Mastercard, Visa und PayPal sowie Gründungspartner möchten die Libra als Kryptogeld auf den Markt bringen. Damit sollen auch Waren im Internet bezahlt werden können. Facebook und dessen Ablegerdienste haben 2,7 Milliarden Nutzer, also potenzielle Kunden. Der Begriff krypto stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet soviel wie verborgen, versteckt, geheim. Theo Binninger definiert „Währung“ in einem weiteren Sinn als Verfassung und Ordnung des Geldwesens eines Staates. Deshalb spricht er nicht von Kryptowährung, sondern von Kryptogeld.
- Zur Person: Theo Binninger kommt aus Wutach-Ewattingen, ist Diplom-Bankbetriebswirt und seit 1997 Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Bonndorf-Stühlingen.