Grenzach-Wyhlen – Die Nilgans-Population am Rhein wächst. Auch bei Grenzach-Wyhlen werden vermehrt Exemplare der invasiven Art beobachtet. Nun hat sich die Jägerin Beatrix Heller, Referentin der gleichnamigen Jagdschule, zu Wort gemeldet. Der Bestand, so die Expertin, habe sich in den vergangenen Jahren nicht nur erhöht, sondern regelrecht „vervielfacht“.
Heller zitiert aus dem Wildtierbericht des Landes, der 2018 vermerkte, dass sich die Brutmeldungen der vorherigen zwölf Jahre von 24 auf 176 Gemeinden in Baden-Württemberg versiebenfacht hätten. Damit sei die Art gesichert als invasiv zu bezeichnen, diese Ausbreitung wirke sich auf heimische Arten aus. Die Nilgänse konkurrieren mit heimischen Vogelarten um Nahrung und Lebensräume. „Die Population vermehrt sich rasant“, so Heller. „Durch ihr aggressives Brutverhalten verdrängen sie heimische Boden- und Schilfbrüter. Viele hiervon stehen unter Naturschutz und sind in der Roten Liste aufgeführt.“
Die Gänse hielten nicht nur die Ufervegetationen frei, sondern verursachten auch „erhebliche Schäden in der Landwirtschaft“. Besuchen die Gänse ein Feld, auf dem das junge Grün von keimendem Getreide sprießt, „bleibt bei keinem Landwirt ein Auge trocken, ein hoher wirtschaftlicher Schaden ist die Folge“, erklärt die Jagd-Expertin. „Es mag sein, dass Nesträuber wie Fuchs, Dachs, Marder, Waschbär, Wildschweine und Krähen das eine oder andere Nilgans-Ei oder gar das ganze Gelege verspeisen, also das Ei somit Nahrung für andere Tierarten ist“, so Heller. „Allerdings sollte man bedenken: Diese Arten sind auch vor dem Vorhandensein der Nilgänse durchaus reichlich satt geworden – ein Gewinn für diese Tierarten ist das Nilgans-Ei also nicht.“ Bei sechs bis neun Eiern pro Gelege spiele das einzelne gefressene Ei oder Gelege keine Rolle im Hinblick auf die Bestandsexplosion.
Wie soll man gegen die invasive Art vorgehen? Beatrix Heller hält Vergrämung oder das Fernhalten durch Zäune für wenig hilfreich. „Die Idee, der Plage von Nilgänsen durch räumliche Abtrennung, also Zäune, Herr zu werden, ist amüsant, handelt es sich doch um flug- und schwimmfähige Tiere“, so die Jägerin. „Eine Beschränkung der Brutmöglichkeiten für Nilgänse würde auch eine Beschränkung der Brutmöglichkeiten für heimische Boden- und Schilfbrüter bedeuten. Vergrämungsaktionen entsprechen dem St.-Florians-Prinzip und führen andernorts zu Populationsexplosion.“ Heller schlägt eine andere Strategie vor: „Ein probates Mittel zur Populationsreduktion wäre zum Beispiel die konsequente Entnahme der Eier durch Berechtigte.“ Auf keinen Fall sollte man die Gänse füttern. Das Füttern von Entenartigen, wozu auch Schwäne zählen, ist in Baden-Württemberg gemäß Paragraf 33 des Jagd- und Wildtier-Management-Gesetzes (JWMG) verboten.