Hohentengen - Das soziale Projekt Pfarrwiese wird jetzt am Samstag, 15. Juni, groß eröffnet. Was zunächst als kleinere Veranstaltung geplant war, entwickelte sich in den letzten Monaten zu einem größeren Projekt.
Durch den demografischen Wandel wird die Beschäftigung mit dem Thema ‚Pflege‘ und demenziellen Erkrankungen auch in Zukunft immer wichtiger werden. Das erklärt, warum so viele soziale Einrichtungen an diesem Tag dabei sein wollen, wenn die „Pflegewohngemeinschaft mit demenziellem Schwerpunkt“ eröffnet wird. Mit dabei am 15. Juni, ist auch die Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg, die einen eigenen Parcours aufbauen wird, in dem man erfahren kann, wie Menschen mit Demenzerkrankung ihre Umgebung wahrnehmen. Dies wird wahrscheinlich eine spannende und augenöffnende Erfahrung für viele Besucher sein. Das DRK Hochrhein, wird einiges aus ihrem Repertoire vorführen und unter anderem den Umgang mit einem Defibrillator zeigen. Sowohl die Arzt- als auch die Zahnarztpraxen öffnen ihr Türen und zeigen den Besuchern einiges aus ihrem Praxisalltag.
Tatsächlich ist das, das Hauptziel des Tages. Berührungsängste sollen ab- und Verständnis aufgebaut werden. Speziell im ländlichen Bereich existiert noch viel Scham rund um die Diagnose „Demenzerkrankung“. Deshalb stellen sich die verschiedenen Organisationen rund ums Thema“‚Gesundheit, Pflege und Demenz“ mit ihren Infoständen persönlich vor. „Es ist wichtig, die Menschen dort abzuholen wo sie stehen und dem oft unüberschaubaren ‚Gesundheits-Dschungel‘ Gesichter gegenüber zu stellen, Gespräche und ein Zusammentreffen von Mensch zu Mensch zu ermöglichen.“, so Yvonne Vollmer, Leiterin des Eigenbetriebes Gemeindeentwicklung und als solche federführende Organisatorin der Veranstaltung. „Deshalb freuen wir uns riesig darüber, dass so viele Organisationen sich bereit erklärt haben, zu uns ins schöne Hohentengen zu kommen und so diesen Tag bunt zu machen. Es zeigt, wie wichtig es auch ihnen ist, sich den Betroffenen vorzustellen. Außerdem wird unsere derzeit noch leerstehende Pflegewohngemeinschaft zu besichtigen sein, damit man einen Eindruck davon gewinnen kann, wie schön Leben auch im Alter außerhalb der eigenen vier Wände sein kann. Die Betreuungskräfte der Caritas sind vor Ort und geben gerne zu allen Fragen Auskunft.“
Ab 12 Uhr wird an der und um die Pfarrwiese, Hauptstraße 3c in Hohentengen Toleranz, Gemeinschaft und Hilfsbereitschaft gefeiert. Neben den zahlreichen Infoständen gibt es natürlich auch Bewirtung, unter anderem durch die Angehörigen und Bewohner der ersten, bereits besetzten Pflegewohngemeinschaft, die sich mit dem Erlös einen neuen Liegestuhl finanzieren möchten. Passend dazu gibt es verschiedenste Sorten Eis vom Stolls Bauernladen. Der FC Hochrhein wird auf dem Festgelände, das Bürgernetzwerk in ihrem „Blockhuus“ und der Gartenterrasse für Getränke sorgen. Die Landfrauen Stetten-Günzgen arbeiten gemeinsam mit „Fridas Gartencafè“, einem demenzfreundlichen Angebot der evangelischen Initiative „Mit–einander Hochrhein – Lokale Allianz für Menschen mit Demenz“. Sie bieten Kaffee und Kuchen an. Der Narrenverein Lienheim kümmert sich um Bratwurst und Pommes, die bei solch einem Fest natürlich nicht fehlen dürfen. Der RSV Lienheim schafft kulinarische Abwechslung mit Fischknusperle, Kartoffelsalat und Salattellern. Dazu gibt es sowohl eine Wein- als auch eine Bierdegustaion vom Weingut Engelhof und der Broisaner Brauerei. Zahlreiche Anbieter stellen am Veranstaltungstag sich und ihre Leistungen vor. Dazu gehören das Gesundheitsnetz, ZipHo, LRA-Pflegestützpunkt, die Alzheimer Gesellschaft BW, der VDK, die Caritas, die Sozialstation Klettgau, der Hospizdienst Hochrhein, der Sozialverband katholischer Männer, das Sozialmanagement Klettgau-Rechberg, die Initiative Miteinander Hochrhein und das Bürgernetzwerk Hohentengen.
Es soll aber auch ein Fest für Jung und Alt werden, ein Fest für die ganze Familie und so bietet das Bürgernetzwerk Hohentengen auch einen Spieleparcour für die jüngsten Besucher an. Es soll auch ein Fest bei Sonnenschein und Regen werden, sodass das Fest bei jeder Wetterlage stattfinden kann.
Bei schönem Wetter laden die Vereine auf den Hof des Geländes ein, bei schlechtem Wetter öffnet der mit auf dem Gelände liegende Kindergarten seine Türen und bewirtet dort seine Gäste.
Von der Pflegeeinrichtung zum umfassenden integrativen Lebensmittelpunkt
Das neue Gebäude beherbergt neun altengerechte Wohnungen, zwei Pflegewohngemeinschaften und vier Praxen. Wichtig war es der Gemeinde, nicht nur einen Beitrag für lebenswertes Leben im Alter zu leisten, sondern auch für eine gute medizinische Versorgung im Ort. So konnte mit tatkräftiger Unterstützung des Gemeinderates eine Hauärztin gewonnen werden, ebenso sind Zahnarztpraxis und eine Psychotherapiepraxis im Haus ist beheimatet. Eine Arztpraxis befindet sich noch im Rohbau, um sie ganz nach den Wünschen und Vorstellungen eines künftigen Facharztes ausbauen zu können.
Außerdem war es der Gemeinde wichtig, in ihrem sozialen Projekt bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und so waren nach der Fertigstellungen auch sofort alle Wohnungen belegt. Auch die Pflegewohngemeinschaft im Erdgeschoss hat mittlerweile Vollbelegung erreicht, es gibt Wartelisten. Gerade deshalb freut sich die Gemeinde zusammen mit dem Betreiber Wohngemeinschaften, der Caritas-Hochrhein GmbH im Sommer die zweite Wohngemeinschaft eröffnen zu können.
Der Eigenbetrieb „Gemeindeentwicklung“, der für die Planung und Umsetzung zuständig ist, besteht seit 2019. Ursprünglich ging es vor allem um die Vermietung und Verpachtung des Gebäudes „Pfarrwiese“ an Ärzte und Senioren. Im Laufe der Zeit wurde deutlich, dass nicht nur ein großer Bedarf an Betreuungsmöglichkeiten für Pflegebedürftige und Demenzkranke besteht, sondern dass es auch nicht ausreicht, diese Pflegewohngemeinschaft zur Verfügung zu stellen. Es musste eine strukturelle Veränderung herbeigeführt werden und dazu brauchte es die ganze Gemeinde.
Mit viel Herzblut und Energie der Verantwortlichen wurde dieser vorangetrieben. Das bekannte Zitat von Martin Buber ‚Alles Wirkliche im Leben ist Begegnung‘ ist zum Leitmotiv des Eigenbetriebes geworden. Zu Beginn des Jahres erweiterte in diesem Sinne der Gemeinderat den Zweck des Eigenbetriebes Gemeindeentwicklung, so dass dieser Unterstützung zum einen für die Bewohnerinnen und Bewohner der Pfarrwiese, aber auch für Hilfesuchende in der Gesamtgemeinde auf- und ausbauen soll. Zunächst wurden über das gemeindliche Mitteilungsblatt der Gemeinde vom Dezember 2023 an Aufklärungstexte der AlzheimerGesellschaft BW zum Thema ‚Demenz‘ veröffentlicht. Im Februar fand dann ein erster Informationsabend mit den Vereinsvorständen der Gemeinde statt, um die ersten Ansprechpartner der Gemeinde mit ins Boot zu holen. Bei diesem Treffen wurden Fragen diskutiert, die den alltäglichen Umgang mit Menschen mit Demenz und deren Angehörigen betreffen. Wie kann man ein Vereinsmitglied unterstützen, das durch die Pflegeverantwortung weniger Zeit für die eigene Freizeit hat?
Wie reagiert man als Nachbar, auf verwirrt wirkende Personen? Diese Fragen wurden in den letzten Monaten häufig diskutiert. Aufklärung und eine offene Gesprächskultur sind hier für alle Seiten enorm wichtig. Hohentengen ist auf dem Weg zu einer „demenzaktiven Gemeinde“, die sich durch mehr Inklusion und Gemeinschaft gegenseitig unterstützt. Die Lebensqualität und gesellschaftliche Teilhabe von pflegebedürftigen Menschen und ihren Angehörigen soll aktiv gefördert werden. Begegnungsmöglichkeiten für Menschen mit und ohne Demenz wurden und werden geschaffen.
Um die entsprechende schnittstellenübergreifende Zusammenarbeit zu gewährleisten und zu koordinieren, wurde gemeinsam mit den bisherigen Partnern der Pfarrwiese, der Caritas Sozialstationen Hochrhein GmbH und dem Bürgernetzwerk Hohentengen im Januar des Jahres, eigens ein Netzwerk gegründet. Als weiterer Netzwerkpartner konnte mittlerweile auch die Sozialstation Klettgau-Rheintal GmbH gewonnen werden.
Inzwischen sind die letzten Hürden überwunden, die Anerkennung des Landratsamt Waldshut für die neu aufgebaute Nachbarschaftshilfe liegt vor. Die dafür zuständige Koordinatorin auf dem Rathaus, Yvonne Vollmer, lobt hierbei ausdrücklich die überaus unterstützende und unbürokratische Zusammenarbeit, mit der zuständigen Sachbearbeiterin, Ulrike Klein vom Sozialamt. „Überhaupt“, so Vollmer, „sind wir in allen Belangen, angefangen von der Heimaufsicht bis hin zum Sozialamt immer glücklich darüber gewesen, ein lösungsorientiertes und koopratives Gegenüber zu haben.“