Herr Wiener, Sie sind vor knapp einem Jahr zum Bürgermeister gewählt worden. Welche Ihrer Themen aus dem Wahlkampf konnten Sie umsetzen?

Das Thema Transparenz war mir wichtig. Hierzu habe ich mir im Wahlkampf schon viele Gedanken gemacht, vor allem, wie man die junge Generation einbinden kann. Ich habe eine Bürgersprechstunde eingeführt, wir haben im Februar und März in allen Ortsteilen Bürgerversammlungen abgehalten, den digitalen Dorfplatz gestartet und ich informiere über die Sozialen Medien über aktuelle Entwicklungen. Ich habe mich in die großen Themen eingearbeitet und Projekte, die bereits aufgegleist waren, erfolgreich abgeschlossen, wie das Bürgerhaus in Stetten, die Feldwegesanierung und die Installation von Defibrillatoren in allen Ortsteilen. Wichtig ist mir auch die Organisationskultur, also auch innerhalb der Verwaltung transparent zu sein. Dann gab es noch viele kleine Dinge, wie eine Verkehrsschau oder das Austauschen einer Skulptur auf dem Skulpturenweg. 2023/2024 konnten wir fast alle offenen Stellen im Kindergarten nachbesetzen.

Und was war eher schwierig?

Es ist allgemein eine große Herausforderung, in ein solches Amt zu starten. Es gibt viele Themen und man kann nie allen gerecht werden. Man muss Prioritäten setzen. Man muss den Überblick behalten, Hohentengen hat zum Beispiel viele Eigenbetriebe. Und es ist eine Kunst, dass man sich vor der Welle bewegt, also agieren kann und nicht immer nur reagieren muss.

Was wird 2024 in Hohentengen wichtig?

Die Digitalisierung. Die Umstellung der internen Prozesse, die Einführung der digitalen E-Akte und des Ratsinfomationssystems. Außerdem werden wir die Sanierung und die Erweiterung des Rathauses voranbringen. Dafür haben wir vor Kurzem 750.000 Euro ELR-Mittel bewilligt bekommen.

Welches Projekt liegt Ihnen besonders am Herzen?

Die Digitalisierung. Dass wir hier Schritt halten, aber dadurch auch keine Bürger abhängen. Digital zu werden, hilft uns, Prozesse einfacher und schneller zu machen.

Was sind Herausforderungen?

Herausforderungen haben wir viele. Wie müssen den Klimawandel voranbringen. Die medizinische Versorgung muss aufrechterhalten werden und wir müssen ausreichend Pflegeangebote zur Verfügung stellen, damit die Bürger in Hohentengen auch alt werden können. Und, dass wir personell gut aufgestellt sind. Auch das geologische Tiefenlager in der Schweiz wird uns 2024 fordern.

Was passiert 2024 rund um das geplante Schweizer Atommüllendlager?

2024 wird die Regionalentwicklung ein großes Thema in der Regionalkonferenz. Übergeordnete Fragen sind, welche Projekte die Region weiterentwickeln können und nach welchen Kriterien mögliche Projekte ausgewählt werden. Auch die Bevölkerung soll daran digital partizipieren können. Auch das Thema Abgeltung wird uns die nächsten zwei Jahre begleiten. Die Nagra will Mitte November das Rahmenbewilligungsgesuch einreichen, das von den Fachbehörden in puncto Sicherheit überprüft wird. Mir ist wichtig, dass wir bei der Regionalkonferenz auch die junge Generation mit einbeziehen. Denn sie ist es, die später die nachfolgende Generation daran erinnern kann, warum wir diesen Weg eingeschlagen haben. In diese Richtung sind auch Projekte und Workshops geplant, bei welchen ich mich besonders einbringen möchte.

Eine Mehrheit der Schweizer Stimmbürger hat sich Anfang März für eine Verlängerung von zwei Start- und Landebahnen des Flughafens Zürich-Kloten ausgesprochen. Was bedeutet die Entscheidung für Hohentengen?

Das ist eine souveräne Entscheidung des Stimmvolks, die man zu akzeptieren hat. Nichtsdestotrotz haben wir die Befürchtung, dass der Flugverkehr zunehmen wird. Deshalb ist es wichtig, dass die deutsche Seite in den weiteren Prozess – auf Augenhöhe – eingebunden wird. Der Flughafen-Betreiber sagt, dass es keine Mehrbelastung geben wird. Wenn das so ist, könnte man das beispielsweise auch in einem „schlanken“ Staatsvertrag oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung festhalten. Hier sind insbesondere Bund und Land gefordert.

Im Sommer 2023 gab es Bürgerprotest gegen das geplante Baugebiet „Untere Stauden“. Wie ist hier der Stand?

Das Baugebiet wird ab Mai wieder Thema im Gemeinderat. Dort werden wir alle Bedenken und Stellungnahmen, die eingegangen sind, aufarbeiten und abwägen. Es kam zur Verzögerung, weil es ein Parallelverfahren mit der punktuellen Änderung des Flächennutzungsplans gab. Das Baugebiet hat uns nicht nur im Gemeinderat beschäftigt, sondern auch im gemeinsamen Gemeindeverwaltungsverband mit Küssaberg. Denn ein Teil des künftigen Baugebiets ist nicht im Flächennutzungsplan. Der Gemeinderat tagt öfter als der Verwaltungsverband. Wir mussten erst abwarten, was im Verfahren um den Flächennutzungsplan auf uns zukommt. Denn wir müssen das Thema gesamthaft betrachten und alles wieder auf eine Höhe bringen.

Wie sieht es mit den weiteren Baugebieten aus?

Der Aufstellungsbeschluss für die „Untere Lenggen“ in Lienheim wird noch im Frühling Thema im Gemeinderat. Das Gebiet ist Teil des Flächennutzungsplans. Beim Baugebiet „Hanfwiesen“ in Bergöschingen gehen wir in die Vermarktung. Das Gebiet werden wir im Sommer in Angriff nehmen.

Wie blicken Sie auf die Kommunalwahl?

Es ist wichtig, dass wir viele Kandidaten gewinnen können. Auf den ersten Blick ist das auch der Fall. Die Bürger sollen eine große Auswahl an Kandidaten haben, und ich hoffe, dass auch viele Bürger an die Wahlurnen gehen. Ich wünsche mir, dass der neue Gemeinderat eine heterogene Gruppe mit allen Alters- und Berufsgruppen wird, damit wir einen Blick in alle Richtungen werfen können.

Worauf freuen Sie sich persönlich?

Ich freue mich, dass ich mein berufsbegleitendes Studium, den Master im Public Management, erfolgreich und mit einer hervorragenden Note abgeschlossen habe. Durch den Abschluss kann ich mich hier in Hohentengen jetzt auch noch intensiver einbringen. Ich freue mich außerdem auf die nachträgliche Eröffnung des Sozialen Projekts Pfarrwiese am 15. Juni und auf die 50-Jahr-Feier der Gemeinde Hohentengen 2025. Da ist dieses Jahr bereits einiges an Planung erforderlich. Spannend wird auch, wie sich das Rathaus-Projekt entwickeln wird. Es gibt also viel, was einem als Bürgermeister Freude macht.

Warum wird 2024 ein gutes Jahr für Hohentengen?

Das wissen wir erst am Ende (lacht). Es wird ein gutes Jahr, weil wir das Beste dafür tun, dass es ein gutes Jahr wird. Es sind einige Themen in der Welt, die schwierig sind. Wenn wir am Ende unsere wichtigen Projekte geschafft haben und es keinen Krieg mehr in der Ukraine gibt, dann wird es ein gutes Jahr.

Warum ist es schön, Bürgermeister in Hohentengen zu sein?

Es ist schön, dass ich dort angekommen bin, wo ich immer hinwollte. Ich habe mir verschiedene Gemeinden angeschaut. In Hohentengen ist die Breite der Themen schön. Es gibt viele Eigenbetriebe, viele große Themen, wie das geologische Tiefenlager oder die Flugverkehrsbelastung. Wir haben eine gute aufgestellte Verwaltung und engagierte Bürger, die gleich in mehreren Vereinen aktiv sind. Es ist einfach eine lebenswerte Gemeinde, die ich mit Stolz repräsentieren darf.

Fragen: Melanie Völk