Ralf Göhrig

Es war eine fast absurde Episode, die sich bei der jüngsten Sitzung des Gemeinderates abspielte: Das Gremium beschloss, entsprechend der Gesetzeslage, einen Lärmschutzplan für die Gemeinde. Aber Konsequenzen wird dies wahrscheinlich nicht haben, obwohl vom Eisenbahnverkehr durch die Ortsmitte ein wesentlicher Lärm und eine damit verbundene Gesundheitsgefahr ausgeht.

Wolfgang Wahl vom Planungsbüro Rapp Trans und der Rechtsanwalt Dario Mock versuchten, die Situation darzustellen – nachzuvollziehen oder gar zu verstehen war sie für die Gemeinderäte und auch die anwesenden Zuhörer nicht. Während der Autoverkehr für Lottstetten keine wesentliche Lärmbeeinträchtigung darstellt, ist die Bahn die Hauptquelle der Lärmintensität.

Mehr als 30 000 Züge rollen durchschnittlich jedes Jahr mitten durchs Dorf. Dabei gibt es am Tag 107 Lärmbetroffene, in der Nacht sogar 162. Im Vergleich dazu sind es in Jestetten nur zehn am Tage und 21 in der Nacht. Dort allerdings wurden Lärmschutzwände errichtet, was durch den Doppelspurausbau möglich geworden war.

In Lottstetten gab es bislang keine baulichen Veränderungen an der Bahn und während im Bundeseigentum befindliche Bahnlinien den Lärmschutzrichtlinien unterworfen sind, gilt dies nicht für die SBB-Strecke. Hier leidet die Gemeinde ganz offensichtlich unter einer Gesetzeslücke. „Was für die SBB in der Schweiz gilt, gilt nicht für schweizerische Gleise in Deutschland“, stellte Rechtsanwalt Mock fest.

Notfalls bleibt nur der Rechtsweg

Demnach kann die SBB auch nicht verpflichtet werden, den definitiv gesundheitsgefährdenden Lärm zu dämmen. „Der Lärmaktionsplan ist keine Rechtsgrundlage, und die Gemeinde hat lediglich die Möglichkeit, mit der SBB in Verhandlungen zu treten oder den Rechtsweg zu beschreiten“, so Mock weiter. Letzterer ist allerdings mehr als ungewiss, und Bürgermeister Jürgen Link meinte: „Dies ist allenfalls für die Gemeinde eine teuere Beschäftigungstherapie.“

Während das Rollmaterial in den vergangenen Jahren viel leiser geworden ist, gilt die alte Stahlbrücke, die den Anwohnern nicht nur den Schlaf raubt, als größte Lärmquelle. Ziemlich fassungslos zeigten sich die in der Sitzung anwesenden Betroffenen. Regina Czech beklagte den permanenten Lärm, der dort entsteht. „In früheren Jahren konnte die SBB durch regelmäßige Sanierungsmaßnahmen den Lärm an der Brücke eindämmen. Doch heute ist das offenbar nicht mehr möglich“, bemängelte sie in der Bürgerfrageviertelstunde.

Trotz Ratlosigkeit beschloss der Gemeinderat den Lärmaktionsplan, und Bürgermeister Jürgen Link versprach, das Gespräch mit der SBB zu suchen.