Die Schweizer Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) hat vor zwei Wochen die Tiefenbohrungen in Trüllikon abgeschlossen und nun die ersten Ergebnisse bekannt gegeben. Medienstellenleiter Patrick Studer und Programm Koordinator Philipp Senn informierten in einer Video-Medienkonferenz über die Tiefenbohrungen, die für ein mögliches Atommüll-Endlager in den vergangenen siebeneinhalb Monaten in der unmittelbaren Nachbarschaft der östlichen Kreisgemeinden Jestetten und Lottstetten ausgeführt wurden.

„Die Auswertung aller Daten und Proben wird noch mehr als ein Jahr dauern“, sagte Studer. Aus den bisherigen geologischen und seismischen Untersuchungen haben sich die Standorte bei Bülach (ZH), Bözberg (AG) und Marthalen (ZH) für ein Tiefenlager als grundsätzlich geeignet herauskristallisiert. Alle drei potenziellen Standortregionen liegen nahe der deutschen Landesgrenze. Mit den Probebohrungen soll nun herausgefunden werden, welcher Standort der geeignetste ist.

In den drei Regionen liegen Bewilligungen für insgesamt 17 Bohrungen vor, doch nicht alle sollen ausgeführt werden. Eine Bohrung kostet rund 15 Millionen Franken. Die Bohrungen in Trüllikon wurden vom Bundesamt für Energie geleitet. „Sie sind bis in eine Tiefe von über 1300 Meter technisch sehr gut verlaufen“, berichtete Patrick Studer. Die Nagra habe dabei von den Erfahrungen der ersten Bohrungen im Standort Nördlich Lägern, gegenüber von Hohentengen profitiert, wo es in einem Abschnitt bohrtechnische Schwierigkeiten gegeben habe.

In Trüllikon wurden aus allen Steinschichten Bohrkerne entnommen und untersucht. Besonders interessant seien die Proben aus der für ein Atomendlager geeigneten Gesteinsschicht im Opalinuston gewesen, die in einer Tiefe von 815 Metern erreicht wurde und sich bis in eine Tiefe von 920 Meter erstrecke. Abgelagerte Tonmineralien hätten sich dort zu festem Gestein verbunden, das keine sichtbaren Hohlräume aufweise und wasserundurchlässig sei.
Laut Nagra eignet sich der mehr als 100 Meter dicke Opalinuston in Trüllikon durchaus als Wirtgestein für ein Tiefenlager. „Es ergaben sich auch keine Hinweise, dass man sich im Bereich der ‚Neuhauser Störung‘ befindet“, sagte Philipp Senn bei der jüngsten Medienorientierung. Die Resultate würden stark den Ergebnissen jener Bohrungen gleichen, die Ende der 90er Jahre in Benken (CH) gemacht wurden.

Ende des Monats sollen in Bözberg im Aargau unweit von Laufenburg die Bohrungen beginnen. Das Bohrloch in Trüllikon sei verschlossen, doch der Bohrplatz bleibe vorerst noch bestehen. Eventuell sei ein Langzeit-Beobachtungs-System im Bohrloch vorgesehen.

Um die Erkenntnisse in der Standortregion Zürich Nordost noch zu ergänzen, laufen seit Anfang Februar in der Lottstetter Nachbargemeinde Marthalen die zweiten Bohrungen. Dabei sei die Nagra in einer Tiefe von 590 bis 700 Metern auf Opalinuston mit den gleichen Eigenschaften wie in Trüllikon gestoßen. „Das Bild innerhalb der Standortregion hat sich verdichtet und ist bisher schlüssig“, sagte Philipp Senn.

Wenn die Ergebnisse in Marthalen die Erwartungen erfüllen, werden im Zürcher Weinland vorerst keine weiteren Bohrungen nötig. Die Bohrungen in Marthalen sollen im Sommer abgeschlossen werden. Patrick Studer erklärte auf Anfrage, dass keine weiteren seismischen Untersuchungen auf deutschem Boden geplant sind. „Die deutsche Nachbarschaft vertritt ihre Interessen im Sachplan-Verfahren des Bundes“, sagte Patrick Studer.