Das Regenwetter der vergangenen Wochen ist bereits angekündigt, als die Winzer im östlichen Landkreis ihre Lesen abschließen. Nur noch vereinzelt wird letzte Woche noch im Weinberg gearbeitet, so auch am Erzinger Kapellenberg. Zu diesem Zeitpunkt ist die Handlese für das Erzinger Weingut Keller gerade noch im vollen Gange. Gut zwei Dutzend Erntehelfer schneiden die Trauben hier von Hand aus der Rebe. Entstehen soll daraus ein Premiumwein.

Gerade in den vergangenen zwei Wochen der Reifung sei die Aromaeinlagerung in den Früchten am höchsten, erklärt Lorenz Keller. „Man ist als Winzer zwar grundsätzlich vom Wetter abhängig, aber man kann auch ein wenig pokern, muss dann zum Schluss aber auch die Coolness bewahren“, erklärt er.

Keller pokert mit hohem Einsatz, schon für den Nachmittag ist wieder Regen vorhergesagt. Im Weinberg arbeiten derweil Dutzende von Händen daran, rechtzeitig alle Früchte „nach Hause“ zu bringen. Der größte Teil der Weintrauben ist bereits gelesen. Ihr Mostgewicht beträgt rund 97 Grad Öchsle. Ein sehr guter Wert für einen durchschnittlichen Sommer. Aus ihm lässt sich ein moderater Alkoholgehalt für den späteren Wein ableiten. Lorenz Keller ist mit der Saison zufrieden. Im Vergleich zum Hitzesommer 2018 und seinen intensiven Weinen sei der Öchsle-Wert zwar geringer, aber „das Mostgewicht und der spätere Alkoholgehalt sind nur zwei von vielen Faktoren für die spätere Qualität des Weins“, erklärt er.

Andere Winzer der Region bestätigen diese Einschätzung: „2019 gibt es einen sehr fruchtbetonten, schönen Jahrgang“, sagt Andrea Netzhammer vom Weingut Engelhof in Hohentengen. Dort ist die Lese bereits eine Woche früher abgeschlossen worden. Die Strategie war, vor den ersten Niederschlägen fertig zu werden: „Wir haben mit Vollgas gearbeitet, damit wir die Traube in gesundem Zustand in den Keller kriegen“, erklärt die Winzerin. „Es war ein typisch deutscher Herbst mit den üblichen Wetterkapriolen, auf die wir reagieren mussten“, fasst Engelhof-Kellermeister Alexander Schira die vergangenen Wochen zusammen. Besonders zufrieden ist er mit dem Grau- und dem Weißburgunder. Auch der Müller-Thurgau habe sich gut entwickelt.

Martin Stoll, Vorsitzender der Winzergenossenschaft Erzingen, spricht von einer „wirklich tollen Weinlese bei bestem Wetter“. Das Ergebnis sei eine sehr schöne Qualität mit Mengen in vermarktbarem Rahmen. „Man kann von einem Wunschjahrgang schwätzen“, so Stoll. Die Bedingungen seien in diesem Jahr jene, die schöne, fruchtige Weine hervorbringen, sagt er.

Erst vorgestern ist mit der Weinlese Berthold Clauss vom Weingut Clauss in Lottstetten fertig geworden. „Wir haben im Sommer mit viel Handarbeit darauf hingearbeitet, gute Voraussetzungen für gesunde und vollreife Trauben zu schaffen“, berichtet er. Das wechselhafte Wetter während der Lese sei eine Herausforderung gewesen, über das Ergebnis sei er aber sehr zufrieden. Und ganz fertig ist er dann doch noch nicht. In Rechberg warten noch einige seiner Reben auf Minusgrade, minus 7, um genau zu sein. Das Ziel: Eiswein.
Weinsorten
Erzingen, Klettgau und Hohentengen gehören zu den südlichsten Weinbauregionen Deutschlands. Zu den hier angebauten Sorten gehören Burgunder-Sorten, Sauvignon Blanc und Müller-Thurgau, Chardonnay, Elbling, Gutedel, Solaris, Johanniter, Muskaris und Cabernet Cortis sowie spritzige Seccos und Süßweine, aber auch verschiedene Spezialitäten.