Kaum hat er einen Pilz erblickt, springt Klaus John auch schon vom schmalen Waldweg auf eine kleine Böschung. Der 82-Jährige ist sein seiner Jugend ein passionierter Pilzsammler. „Ich habe einfach irgendwann damit angefangen. Meine Eltern haben nie gesammelt“, sagt der promovierte Chemiker, der bis zur Rente in der Arzneimittelentwicklung und -prüfung gearbeitet hat.

John geht noch immer regelmäßig auf Pilzsuche. „Mit unseren Hunden gehe ich jeden Morgen eine Stunde in den Wald und während der Pilzsaison habe ich immer meinen Korb dabei“, so der gebürtige Ruhrpöttler, der mit seiner Frau seit 40 Jahren in einem Haus unterhalb des Öflinger Waldes wohnt. Kürzlich ist er sogar zweimal in den Wald: Einmal wie immer morgens mit den Hunden und ein weiteres Mal nach dem Mittagessen mit dem SÜDKURIER.
Ein Versprechen auf reiche Pilz-Ausbeute kann John beim Start des Spaziergangs nicht geben: „Es ist viel zu trocken. Wären die Niederschlagsmengen normal, wäre jetzt im August und September die Hochzeit für Steinpilze und Pfifferlinge.“ Doch dank des durch Erfahrung und Fachliteratur geschulten Blickes des 82-Jährigen landen dann doch noch ein paar Pilze in seinem Weidekorb. Darunter ein Täubling mit hell-violettem Hut.
„In Westeuropa gibt es etwa 20 bis 25 verschiedene Täublinge. Es gibt auch solche mit dunkelblauem, gelb-fleischlichem oder rotem Hut“, erklärt John und dreht den Stängel des violetten Exemplars aus dem Boden. Sein Messer braucht er nur, um ein Stück des Pilzes abzuschneiden. „Täublinge sind oft gute Speisepilze, aber schwer voneinander zu unterscheiden. Da hilft probieren: Schmeckt es mild und nussig, ist er essbar, schmeckt es brennend scharf, ist es ein Spei-Täubling und schmeckt es nach altem Hering, ist es ein Herings-Täubling“ sagt John und steckt sich ein Stück des Pilzes in den Mund, kaut es und spuckt es wieder aus: Test bestanden, der Täubling schmeckt nussig.
Was Täublinge von anderen Pilzen unterscheidet, ist ihr Stiel, wie Klaus John im Video erklärt:
So könne man fast jeden Pilz probieren, denn die Mundschleimhaut nehme die Pilzstoffe nicht auf. Nur runterschlucken darf man die Stücke in der Regel nicht. Täublinge haben unter ihrem Hut Lamellen wie auch Champignons, die meist auf Wiesen und nicht im Wald wachsen. „Bei den Schirmpilzen gibt es grundsätzlich zwei Arten: Blätter- und Röhrenpilze“, erklärt John. Zum Vergleich pflückt er einen Röhrenpilz. Zu dieser Art gehören beispielsweise auch die Steinpilze. Während der Fruchtkörper unter dem Hut der Blätterpilze lamellenförmig ist, hat er bei den den Röhrenpilzen oder Röhrlingen eine röhrenartige Struktur.
Der Unterschied zwischen Blätterpilzen und Röhrlingen:
Schließlich entdeckt John auch noch einen seiner Lieblingspilze: den Flockenstieligen Hexen-Röhrling. „Das ist der häufigste Röhrling hier“, erklärt der 82-Jährige. Das Spezielle an diesem Röhrling: Schneidet man ein Stück des rötlich-braunen Stils oder Huts ab, kommt darunter das gelb-farbene Pilzfleisch zum Vorschein, das sich in Sekundenschnelle blau färbt – eine durch Sauerstoff ausgelöste Reaktion. Dieses „Hexenwerk“ darf einen aber nicht abschrecken: „Er ist sehr schmackhaft und in der Pfanne wird er wieder hell“, sagt John.
Wie sich der Flockenstielige Hexen-Röhrling blau färbt, sehen Sie hier:
Neben Täublingen und Hexen-Röhrling landen auch junge Staub-Boviste im Weidekörbchen:
Im Gegensatz zu jungen Staub-Bovisten, sind Baumpilze oft nicht essbar:
Viel mehr Pilze kann er heute nicht sammeln, denn auf einmal erklingen Rufe von Waldarbeitern. John muss sein am Waldrand abgestelltes Auto wegfahren. Es geht zurück zu Johns Haus, wo er die Pilze zunächst säubern wird. „Man darf sie auf keinen Fall waschen, sondern nur den Dreck abkratzen und mit einem Pinsel abwischen“, betont der 82-Jährige.
Warum Pilze nicht gewaschen werden dürfen und wie sie Klaus John mit seinem Pilz-Messer putzt:
Danach schneide er die Pilze jeweils in Scheiben und schmore sie mit Butter, Zwiebeln, Salz und Pfeffer gar. „Bei uns gibt es in der Regel täglich Pilze“, sagt John. Um sie länger haltbar zu machen, rät er dazu, die Pilze ohne Salz zu schmoren und dann im Tiefkühlfach zu lagern.