Unmittelbar nachdem der Chemie-Konzern Novartis erst Ende August angekündigt hatte, an seinem Standort Stein 90 Millionen Franken für den Bau einer modernen Produktionsanlage für Zell- undGentherapienzu bauen und dabei 450 neue Arbeitsplätze zu schaffen, waren Spekulatrionen über einen möglichen großangelegten Stellenabbau aufgekommen. Nun schafft das Unternehmen Fakten. Etwa 2150 Stellen sollen demnach in den nächsten vier Jahren in der Schweiz gestrichen werden – 700 davon in Stein.
Neben Stein trifft diese Entscheidung vor allem den Standort Basel, wo knapp 1000 Stellen in Produktion und im Novartis Campus wegfallen. Unter anderem sollen dort angesiedelte Service-, Management- und Transaktionstätigkeiten in die fünf bestehenden Servicezentren in Prag, Kuala Lumpur, Mexico-City, Dublin und Hyderabad zu verlagern, was allein einen Abbau von ungefähr 700 Stellen zur Folge hat.
Konkurrenzdruck und veränderte Nachfrage
Der Konkurrenzdruck, der Novartis zwinge "effizienter und agiler" zu werden, aber auch die Veränderungen auf dem Gesundheitsmarkt macht Novartis-Geschäftsführer Vas Narasimhan für die einschneidenden Veränderungen verantwortlich.
Gefragt werden demnach immer weniger hochvolumige Produkte und wesentlich stärker "innovative spezialisierte und personalisierte Medikamente", führt der Novartis-CEO aus: "Das Resultat ist eine Verschiebung in der Investitionsstrategie, weg von traditionelleren Fertigungstechnologien und hin zu neuartigen Fertigungsplattformen."
Die Zeichen der Zeit habe Novartis bereits 2015 erkannt und seine strategische Planung entsprechend ausgerichtet. Nun gehe es an die Umsetzung.

Unternehmen hält trotzdem an Investitionsplan fest
Zugleich sollen aber auch die angekündigten Investitionen in neuartige Produktionsplattformen vorgenommen werden, die auch in Stein geplant sind. Hierdurch werden am Standort in Bad Säckingens Nachbarschaft wiederum 450 Stellen geschaffen. Der Standort kommt also mit einem blauen Auge davon. Netto werden aber dennoch 300 Stellen wegfallen.
Scharfe Kritik und Forderungen von Regierungsrat
Der Regierungsrat des Kantons Aargau reagiert mit Enttäuschung, aber auch scharfer Kritik auf die angekündigten Stellenstreichungen, die außerdem die beiden Standorte Schweizerhalle (Basel-Land) und Locarno (Tessin) betreffen.
Urs Hofmann, Vorsteher des Departements Volkswirtschaft, macht in einer Stellungnahme deutlich, dass aus Sicht des Regierungsrats das letzte Wort in dieser Sache noch nicht gesprochen sei: "Wir erwarten, dass die Verlagerung der Produktionskapazitäten von Stein ins Ausland im Rahmen des anstehenden Konsultationsverfahrens noch einmal überdacht werden."
Ziel müsse es sein, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten, auch indem Mitarbeiter weitergebildet oder umgeschult werden, um möglichst in anderen Unternehmensbereichen am Standort Stein eingesetzt werden zu können. Denn der massive Stellenabbau habe gravierende Auswirkungen auf die ganze Region – insbesondere auch auf die deutsche Nachbarschaft.
Hilfe für betroffene Mitarbeiter bei der Jobsuche
Tatsächlich plane Novartis, die betroffenen Mitarbeiter nach Kräften zu unterstützen, um die die Folgen der angekündigten Maßnahmen möglichst abzumildern. Nicht nur solle der beabsichtigte Abbau zeitlich gestaffelt über vier Jahre erfolgen. Das Unternehmen wolle gemeinsam mit seinen Arbeitnehmervertretungen und dem Management Gespräche und Konsultationen führen, um die Details der Umsetzung zu klären.
Dazu gehöre unter anderem ein internes Job Center, das Mitarbeiter bei der Suche neuer Arbeitsplätze innerhalb des Unternehmens und auf dem Arbeitsmarkt unterstützen soll.
Es soll auch einen Sozialplan, Frühpensionierungsmöglichkeiten, sowie Umschulungsmaßnahmen für den potenziellen Einsatz auf neuen Tätigkeitsfeldern geben, so das Unternehmen in seiner Mitteilung.
"Bleiben in der Schweiz fest verankert"
"Novartis bleibt in der Schweiz fest verankert", betont das Unternehmen. Immerhin zehn Prozent der weltweiten Gesamtbelegschaft würden demnach in der Schweiz beschäftigt. Zudem seien Investitionen in neue Technologieplattformen vorgesehen, und jährlich werden mehr als 3 Milliarden Franken in die Forschung und Entwicklung investiert.
Wie die Mitarbeiter die Nachricht vom geplanten Stellenabbau aufgenommen haben, erfahren Sie in Kürze. Derzeit laufen an den Standorten noch Gespräche zwischen Management und kleineren Mitarbeitergruppen.
Standort Wehr von den Umstrukturierungen nicht betroffen
Das Wehrer Novartis-Werk ist von den aktuellen Stellenstreichungen in der Schweiz nicht betroffen. In den vergangenen zwei Jahren gab es in Wehr bereits einige Umstrukturierungen: Bis 2022 wird der Bereich Verpackung an andere Standorte verlagert.
Außerdem veränderte sich das Produktportfolio: Nach dem Verkauf der Generika-Sparte an die britische Glaxo Smith Kline verlor der Wehrer Standort einige Medikamente, beispielsweise den Dauerbrenner Voltaren. Wie das Unternehmen nun mitteilt, werde das Werk in Wehr „weiterhin Marktneueinführungen (Launches) und die Herstellung von Produkten mit hoher Wertschöpfung für Novartis unterstützen und dabei auf das über viele Jahre aufgebaute Fachwissen bauen. Diese Aussagen haben nach wie vor Gültigkeit.“