„Ich bin kein Verwalter, auch kein Bürokrat, ich bin Projektmacher.“ Dieses Zitat beschreibt sehr gut die Arbeitsweise und das Selbstverständnis des Kulturmachers Reinhard Valenta, der über die Kulturarbeit in Wehr hinaus einige interkommunale Landschaftsprojekte angestoßen hat.
Kultur, Tourismus und VHS unter einem Dach
Der promovierte Literaturhistoriker war der erste hauptamtliche städtische Kulturamtsleiter im Landkreis Waldshut. Es war 1990, als die Stadt Wehr mit einem Kultur- und Verkehrsamt vorpreschte und erstmals Kultur, Tourismus und VHS unter einem Dach vereinte. Selbst die Homepage, das Mitteilungsblatt und das Stadtmarketing laufen seither über das Kulturamt.
Die Weiterentwicklung der Kultur ließ auch andernorts nur eine Lösung zu: Zwei Jahre später zog Waldshut-Tiengen mit Adelheid Pohl als hauptamtlicher Kulturreferentin nach und löste das ehrenamtliche Waldshuter Modell mit Jürgen Klein an der Spitze eines größeren Kulturteams ab. Bis zu seiner Pensionierung Ende Juni konnte Valenta 29 Jahre lang durch eine exzellente Kultur- und Öffentlichkeitsarbeit die positive Wahrnehmung der Kleinstadt Wehr steigern.
Erstes Treffen mit einem Gleichgesinnten
Schon im Jahr seines Amtsantritts lernte er Jürgen Glocker, den Leiter des Amtes für Kultur, Archivwesen und Öffentlichkeitsarbeit des Landkreises, kennen und schätzen. Gleich lud er ihn zum ersten literarischen Vortrag nach Wehr ein, nicht ohne sich zuvor Glockers Dissertation über einen spätmittelalterlichen Autor in der Konstanzer Universitätsbibliothek anzuschauen.
„Glocker war promoviert wie ich. Das ist ein Kollege“, habe er sich gefreut, jemanden in gleicher Position zu wissen, mit dem er sich über Literatur austauschen konnte und dem er beruflich und freundschaftlich verbunden bleiben wird.
Als er nach einer Serie von Hörstürzen, die ihn zwangen, über seine hohen Ansprüche, sein stressiges Workaholic-Leben und seine vielen Überstunden nachzudenken, im Kreiskrankenhaus Waldshut lag, besuchte ihn Jürgen Glocker spontan und brachte ein Präsent mit. Eine kollegiale Geste, an die sich Valenta heute noch gern erinnert. Es entstand eine gegenseitigen Wertschätzung der beiden langjährigen Weggefährten.
Engagement in der Kommunalpolitik
Während eines kommunalpolitischen Zwischenspiels, als er von 1999 bis 2003 mit einem Mandat für die Freien Wähler im Kreistag saß, stellte sich Valenta auf die Seite von Jürgen Glocker, weil er von dessen Arbeit begeistert war. Mit Glocker, der bis 2017 über 30 Jahre lang die Kulturlandschaft am Hochrhein prägte und berühmte Namen aus der Kunst-, Musik- und Literaturszene ins Schloss Bonndorf brachte, arbeitete Valenta gerne zusammen und stimmte die Kulturtermine ab.
Für den Germanisten und Historiker war es gar nicht abwegig, das Experiment zu wagen und für den Kreistag zu kandidieren. Schließlich wollte Valenta seine neuerworbene kulturelle Kompetenz einbringen, und regionalgeschichtlich war er ja bestens informiert. „Das war völlig neu für mich“, sagt der 66-Jährige über sein politisches „Gastspiel“.
Stimmenkönig ohne Parteiprogramm
Valenta erhielt eine hohe Stimmenanzahl: „Ich war damals der Stimmenkönig, wie man so sagt, mit einer sehr hohen Zustimmung.“ Wegen seiner Qualifikation wurde er gleich in den Kulturausschuss des Kreistags gewählt. „Ich habe kein Parteiprogramm“, gab er bekannt, „ich vertrete die Kultur“. Sein Hauptanliegen war eben die Förderung von Kulturinitiativen.
Kulturzentrum Schloss Bonndorf
Es war die Zeit der großen Diskussionen im Kulturausschuss über Schloss Bonndorf und das Kreismuseum St. Blasien. Valenta konnte nicht immer mit der eigenen Fraktion stimmen, indes unterstützte er Glocker bei dessen Initiative, Schloss Bonndorf bundesweit bekannter zu machen. Da mussten Mittel des Landkreises fließen.
„Glocker hat das Niveau hochgebracht, da konnte ich als Kulturamtsleiter der Stadt Wehr nie dagegen stimmen.“ Auch im damaligen Landrat Bernhard Wütz, einer durch und durch kulturellen Persönlichkeit, fand Valenta einen Förderer der Kreiskultur, der zu vielen Veranstaltungen nach Wehr kam und sich im Alten Schloss Wehr schon mal spontan ans Klavier setzen konnte.
Nach dieser Legislaturperiode stellte sich Valenta nicht wieder zur Wahl, weil er als Vorsitzender von „Kunst und Diakonie Öflingen“ stark beansprucht war, Großausstellungen wie „Dialoge“ und „Begegnungen“ organisierte und den Wehrer Agenda-Prozess weiter mit entwickeln wollte.
Ausflug in die Politik zahlt sich aus
Ein Zwischenspiel mit lehrreichen Einblicke in kommunalpolitische Prozesse dürfte dieser zeitintensive und anstrengende Ausflug in die Politik für ihn allerdings gewesen sein. Bis heute nachhaltig wirkt der Lothar-Späth-Förderpreis für Künstler mit geistiger Behinderung, bei dem der gut vernetzte Jürgen Glocker mit einbezogen und in die Jury geholt wurde.

Nach seiner Zeit im Kreistag verfolgte Valenta den Gedanken eines Wehratal-Erlebnispfades weiter. Die Projektidee einer Aufschließung des wunderschönen Flussverlaufs hatte er schon Mitte der 1990er Jahre.
Damals schrieb er mehrere Beiträge im Regio-Magazin und anderen baden-württembergischen Zeitschriften über das Thema „Die Wehra von der Quelle bis zur Mündung“, die auch über den Bannwald und die Schlucht kreisten. Die Herausgabe eines Bildbandes von Todtmoos trug ebenfalls dazu bei, dass die Planung konkreter werden konnte.
Vom Erlebnispfad zum Schluchtensteig
Der große Wanderweg zwischen Wehr und Todtmoos von der Quelle bis zur Mündung der Wehra bei Brennet fand die Unterstützung von Wütz, der damals schon nicht mehr Landrat, aber Vorsitzender des Naturparks Südschwarzwald war. Im Sommer 2006 wurde der Erlebnispfad, der als ein „Leuchtturmprojekt“ in die Annalen der Regionalgeschichte einging, mit einer Bustour eingeweiht.

Dabei entstand auch die kühne Idee, die Wutachschlucht mit der Wehraschlucht zu verbinden. Mit dem 119 Kilometer langen Premiumwanderweg Schluchtensteig zwischen Stühlingen und Wehr konnte 2008 ein weiteres touristisches Highlight etabliert werden. Der populäre Fernweg wurde vergangenes Jahr unter die besten fünf Fernwanderwege Deutschlands gewählt.

Autor zahlreicher Publikationen
Der historischen Nachhaltigkeit wegen begleitete Valenta alle größeren Projekte mit Publikationen. Aus einem Gespräch mit dem Publizisten und Autor Manfred Bosch über den Maler Hans Thoma, den Rhein und den Laufen (die einstige Stromschnelle in Laufenburg) resultierte ein Bildband, der aufzeigt, wie sich die historische Flusslandschaft seit den Tagen Thomas verändert hat und wie sich das Gefühl des Verlustes der Landschaft durch die Industrialisierung und den planierten Rhein äußert.
Wenn es um das journalistische Schreiben geht, spielte Jürgen Glocker eine wichtige Rolle. Glocker veröffentlichte im Kreisjahrbuch viele Beiträge von Valenta über Künstler in der Region, Wehrs Ehrenbürgerin Anne-Sophie Mutter, die Geschichte der Textilindustrie, das Haus der Diakonie bis hin zu Walther von Klingen, den Valenta in Klingnau entdeckt hatte und über den er biografisch schrieb.
Das von der Sparkasse Hochrhein unterstützte und in der Waldshuter Geschäftsstelle präsentierte Buch über „Landschaft am Hochrhein“ war die Initialzündung, dass Valenta hier bei Ausstellungen regelmäßig Eröffnungsreden hielt.
Kontakte in der Bildenden Kunst und Musik
Überhaupt knüpfte Valenta im Bereich der Bildenden Kunst und der Musik gern Kontakte zur Kreisstadt. Das zeigte sich bereits in der allerersten Ausstellung, zu der er mit dem Maler Günther Voellner und der Bildhauerin Lieselotte Voellner-Gallus ein bekanntes Künstlerpaar aus Waldshut-Tiengen nach Wehr holte und seine erste Vernissagerede hielt, der mehr als 250 folgen sollten. 1991 machte er eine Ausstellung von Conrad Schierenberg aus Dachsberg, der einen Malkreis in Waldshut hatte, und inspirierte den Künstler sogar zum literarischen Schaffen.
Das Wehrer Klassik-Konzertleben bereicherten die Geigerinnen Ulrika und Anima Mathé, die übrigens an der Musikschule Honigberger in Wehr Unterricht hatten. Es verwundert nicht, dass Reinhard Valenta sogar das Akkorde-Festival am Hochrhein des Waldshuter Gitarrenlehrers Harald Stampa mitentwickelt hat, das in Zusammenarbeit mit Kulturamtsleiter Hartmut Schölch seinerzeit nach Waldshut-Tiengen erweitert wurde. Viele Initiativen in Valentas Amtszeit hatten also starke Waldshut-Bezüge!
Zur Person
Dr. Reinhard Valenta. geboren 1953 in Wallau/ heute Biedenkopf, Landkreis Marburg, Abitur. Schulsprecher. Nach der Bundeswehr Studium in Marburg/Lahn und Konstanz Literaturwissenschaft, Geschichte und Politologie. Examen und Promotion mit einem Thema zur Münchner Literatur- und Theatergeschichte. Regieassistenz am Stadttheater Konstanz, Auftritte als Liedermacher auf Festivals und in Theatern. Veröffentlichung von Songs und Lyrik in Literaturzeitschriften. Von 1990 bis 30. Juni 2019 war er Kulturamtsleiter von Wehr.
Publikationen
Bücher, Bildbände und Zeitschriften, die Reinhard Valenta als Autor selbst gemacht oder an denen er als Herausgeber und Redakteur beteiligt war: Der Bodensee (1993), Der Hochrhein (1997), Die Brennet (1999), Bad Säckingen (2001), Braun-Verlag Karlsruhe. Die Allmende ,Hg. Martin Walser/Manfred. Bosch. Ko-Redaktion der Hefte „Weitermachen – aber wie? Kultur in der Krise“, Allmende-Forum 1996), „Heimat – aber woher nehmen?“ (1997), „1848/49 – Wege zur Revolution“ (1998). Wehr (1993), Herrischried (1994), Todtmoos (1995), Stadler-Verlag Konstanz. Der Dinkelberg (2001), Das Wehratal (2005), Lutz-Verlag Lörrach. Der Bergsee (1999), Edition Isele Eggingen sowie zahlreiche Beiträge in den von Jürgen Glocker redigierten Kreisjahrbüchern. Diakonie-Ausstellungsbücher „Dialoge“ (2003) und „Begegnungen“ (2006). Bildbände des Fotografen Jakob Bosch „Das Museum der Brennet“ (2016) und „Wege durch die Zeit“ (2018).Neuestes Buch: „Wehr und Öflingen in historischer Fotografie“. Erscheint am 13. Juli 2019 im Wittich-Verlag.
Zu Person und Publikationen
- Reinhard Valenta, geboren 1953 in Wallau/heute Biedenkopf, Landkreis Marburg, Abitur. Schulsprecher. Nach der Bundeswehr Studium in Marburg/Lahn und Konstanz Literaturwissenschaft, Geschichte und Politologie. Examen und Promotion mit einem Thema zur Münchner Literatur- und Theatergeschichte. Regieassistenz am Stadttheater Konstanz, Auftritte als Liedermacher auf Festivals und in Theatern. Veröffentlichung von Songs und Lyrik in Literaturzeitschriften. Von 1990 bis 30. Juni 2019 Kulturamtsleiter von Wehr.
- Publikationen: Bücher, Bildbände und Zeitschriften, die Reinhard Valenta als Autor selbst gemacht oder an denen er als Herausgeber und Redakteur beteiligt war: Der Bodensee (1993), Der Hochrhein (1997), Die Brennet (1999), Bad Säckingen (2001), Braun-Verlag Karlsruhe. Die Allmende, Herausgeber Martin Walser/Manfred. Bosch. Ko-Redaktion der Hefte „Weitermachen – aber wie? Kultur in der Krise“, Allmende-Forum 1996), „Heimat – aber woher nehmen?“ (1997), „1848/49 – Wege zur Revolution“ (1998). Wehr (1993), Herrischried (1994), Todtmoos (1995), Stadler-Verlag Konstanz. Der Dinkelberg (2001), Das Wehratal (2005), Lutz-Verlag Lörrach. Der Bergsee (1999), Edition Isele Eggingen sowie zahlreiche Beiträge in den von Jürgen Glocker redigierten Kreisjahrbüchern. Diakonie-Ausstellungsbücher „Dialoge“ (2003) und „Begegnungen“ (2006). Bildbände des Fotografen Jakob Bosch „Das Museum der Brennet“ (2016) und „Wege durch die Zeit“ (2018).Neuestes Buch: „Wehr und Öflingen in historischer Fotografie“. Erscheint am 13. Juli 2019 im Wittich-Verlag.