Als Ulrika Schirmaier, Karin Höhl und Gertrud Bernauer-Eckert im Frühjahr 2019 innerhalb der Seelsorgeeinheit Mittlerer Hochrhein St. Verena zum Lauchringer Kirchenstreik aufriefen, ahnten sie noch nicht, wie erfolgreich ihre Aktion „Kirche – Frauen – Zukunft“ werden würde.
„Unsere Erwartungen sind komplett übertroffen worden“, sagt Karin Höhl, die mit ihrem Mann in Oberlauchringen einen Steinmetzbetrieb führt. Und Ulrika Schirmaier, Verwaltungsangestellte und Religionslehrerin aus Unterlauchringen, ist sich sicher: „Ohne Beistand von oben wären wir nicht so weit gekommen.“
Viele Unterstützer
Ihr Einsatz für die Gleichberechtigung von Männern und Frauen in der katholischen Kirche hat die drei ehrenamtlichen Mitglieder der Gemeindeteams von Ober- und Unterlauchringen unter anderem bis in die Bundeshauptstadt Berlin und zur Deutschen Bischofskonferenz nach Fulda geführt.

„Wir haben viele prominente Unterstützer“, sagt Höhl stolz und zählt die Abgeordneten vom Hochrhein, Felix Schreiner, Rita Schwarzelühr-Sutter und Sabine Hartmann-Müller, den Waldshut-Tiengener Sänger Max Mutzke und die CDU-Bundesvorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer auf.
Begriffe rund um den Kirchenstreik
Nicht zu vergessen die rund 5000 Menschen, die mit ihrer Unterschrift die Initiatorinnen des Lauchringer Kirchenstreiks bei ihrem Vorhaben unterstützt haben.
Enttäuschend: Erzbischof lehnt Treffen ab
Diese Petition wollten Schirmaier, Höhl und Bernauer-Eckert eigentlich Stephan Burger, Erzbischof der Erzdiözese Freiburg, persönlich übergeben. Dies hatten sie den Unterzeichnern versprochen. Obwohl die drei Frauen Burger mehrmals schriftlich um ein Treffen baten, habe er dieses mit Verweis auf seinen vollen Terminkalender jedoch abgelehnt.
Die Absage des Erzbischofs stößt bei den engagierten Katholikinnen auf Unverständnis. „Das kann ich nicht nachvollziehen. Schließlich ist er doch unser Hirte“, sagt Ulrika Schirmaier und fügt hinzu: „Wenn 5000 Leute für eine Sache einstehen, dann sollte er uns empfangen.“
Auf einer Internetseite über die geplante Strukturreform in der Erzdiözese Freiburg, die dafür den Begriff „Pastoral 2030“ verwendet, schreibt Stephan Burger direkt an die Katholiken gewandt: „Bringen Sie sich in den Diskussionsprozess ein. Ich bin offen für Ihre Erfahrungen und Argumente und beziehe diese gern in meine Überlegungen mit ein.“ Die drei Frauen aus Lauchringen sehen in dieser Aussage einen „Riesenwiderspruch“. „Wie kann er dann 5000 Menschen ignorieren?“, fragt sich die Sozialarbeiterin Gertrud Bernauer-Eckert. „Wir sind enttäuscht von Herrn Burger, aber nach wie vor gesprächsbereit“, betont Schirmaier.
Ermutigend: Pfarrer Ulrich Sickinger ist stolz
Ein Geistlicher, der den Frauen den Rücken stärkt, ist Pfarrer Ulrich Sickinger, Leiter der Seelsorgeeinheit Mittlerer Hochrhein St. Verena. Sickinger ist einer von bislang 138 Unterzeichnern einer Online-Petition mit der Priester und Diakone der Erzdiözese Freiburg ihre Unterstützung für die Reformbewegung Maria 2.0 der katholischen Kirche ausdrücken.
„Pfarrer Sickinger hat uns geschrieben, dass er stolz auf uns ist, auf die mutigen Frauen in seiner Seelsorgeeinheit, und er hat uns Glück gewünscht für Fulda„, freut sich Karin Höhl.

In der hessischen Stadt Fulda trafen sich Ende September die Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz zu ihrer Herbstversammlung. „Wir waren nicht eingeladen und sind einfach hingefahren“, erzählt Ulrika Schirmaier. Der Plan der drei rührigen Katholikinnen: Irgendeinem Bischof die 5000 Unterschriften in die Hand zu drücken.
Dass es dann sogar der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, höchstpersönlich war, der den Aktenordner mit der Petition von Ulrika Schirmaier entgegennahm, verdanken die Frauen einem glücklichen Umstand: Mechthild Heil, Vorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (KFD), hatte im Freien vor der St. Bonifatiuskirche einen Pressetermin mit Kardinal Marx.
Genau wie die Lauchringer Kirchenstreikenden drängt der mit 450.000 Mitgliedern größte katholische Frauenverband in Deutschland auf den Zugang von Frauen zu allen kirchlichen Diensten und Ämtern.

Schirmaier hatte mit Heil vereinbart, dass diese ihr ein Zeichen gibt, sobald das Gespräch mit Kardinal Marx beendet ist. Dadurch gelang es Schirmaier, „ohne den Einsatz von Ellbogen“ und an dessen Bordyguards vorbei zum Vorsitzenden der deutschen Bischöfe vorgelassen zu werden.
Kardinal ist überrascht
Der Kardinal habe sich offen gegenüber dem Anliegen der Lauchringer Frauen gezeigt und die 5000 Unterschriften entgegengenommen. „Was, aus dem Schwarzwald kommen Sie, und da haben Sie so eine weite Reise auf sich genommen?“, soll Marx ungläubig gefragt haben. Schirmaier entgegnete dem Geistlichen: „Ja, das ist es uns wert.“
Mit ihren selbstgestalteten Transparenten und ihrem Logo, einem pinkfarbenen Kreis mit einem stilisierten Kirchturm und dem Motto „Keine Kirche ohne Frauen“, fielen die drei Frauen vom Hochrhein inmitten des 150-köpfigen Demonstrationszuges in Fulda auf und waren sogar kurz in den Fernsehnachrichten zu sehen.
So geht es weiter
Nach ihrer Rückkehr aus Fulda setzen Schirmaier, Höhl und Bernauer-Eckert ihr Engagement fort. Einmal pro Monat laden sie bis zum kommenden Sommer zum Gebet für Gleichberechtigung in eine andere Kirche oder an einem anderen Veranstaltungsort ein.
Der nächste Termin ist am Mittwoch, 16. Oktober, in der Kirche Mariä Himmelfahrt in Tiengen. Im Rahmen der Frauenaktionswochen des Landkreises Waldshut laden sie außerdem am Donnerstag, 10. Oktober, um 19.30 Uhr zu einem Filmabend in das Pfarrzentrum Unterlauchringen ein. Gezeigt wird der Dokumentarfilm „Jesus und die verschwundenen Frauen“.
Seit 1998 veranstaltet der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) am 29. April, dem Gedenktag der Heiligen Katharina von Siena, den Tag der Diakonin. Damit setzt sich der Verband für die Öffnung des Diakonats für Frauen ein.
„In unserer Region ist dieser Tag nicht bekannt“, bedauert Gertrud Bernauer-Eckert. Dies wollen sie und ihre beiden Mitstreiterinnen ändern. Denn sie sind überzeugt, dass die katholische Kirche nur eine Zukunft hat, wenn sie sich reformiert und Weiheämter den Frauen zugänglich macht. „Wir sind guter Dinge, dass sich mit Blick auf Pastoral 2030 zugunsten der Gemeindeteams mehr Freiheiten ergeben“, sagt Karin Höhl.