„Das Gebäude ist vor ihren Augen eingestürzt“, gibt der Waldshuter Wisam Hawasli die Eindrücke der Tante seiner Frau wieder. Zusammen mit ihrer Familie wohne sie in Homs (Syrien) und habe zusehen müssen, wie das eigene Haus den Erdbeben zum Opfer gefallen sei.
Die gute Nachricht: „Sie konnten das Gebäude schnell verlassen und ihnen ist nichts passiert.“ Allerdings hätte die Familie die Nacht auf Dienstag im Auto schlafen müssen – und das bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Auch weitere Bekannte aus Hawaslis alter Heimat habe ein ähnliches Schicksal ereilt.
„Es ist einfach so krass, was in den Medien gerade zu sehen und zu lesen ist“, kann es Wisam Hawasli immer noch nicht fassen. Selbst seine Eltern in Damaskus (Syrien) hätten das Erdbeben gespürt, wenn auch nicht ganz so schlimm. Und das trotz einer Entfernung von über 600 Kilometern zum Epizentrum des Hauptbebens. Das Haus hätten seine Eltern während der Beben dennoch sicherheitshalber verlassen.
Fast eine Minute lang wackelt der Boden
„Das Merkwürdige dieses Mal war, dass das Hauptbeben sehr lange dauerte.“ Normalerweise bewege sich die Erde bei einem Beben dort in der Region etwa fünf bis zehn Sekunden. Dieses Mal habe der Boden allerdings fast eine Minute lang gewackelt.
Hawasli habe am Montagmorgen über die Sozialen Medien mitbekommen, was in der Nacht in der türkisch- syrischen Grenzregion passiert war. „Ich habe sofort meine Eltern angerufen, um nachzufragen wie es ihnen geht.“ Seine Frau habe zeitgleich ihre Tante angerufen und so von der Katastrophe erfahren.
Bilder wecken Erinnerungen an den Krieg
Dass die Bilder Wisam Hawasli nicht loslassen, schildert der Syrer eindrücklich: „Ich hätte am Montag eigentlich von 13 bis 21 Uhr arbeiten müssen, bin aber schon um 17 Uhr nach Hause gegangen. Ich konnte einfach nicht mehr.“
Das Ganze erinnere ihn stark an den Krieg. Hawasli ist 2015 von Syrien über die Türkei nach Deutschland gekommen, um dem Krieg und Bedrohungen gegenüber seiner Familie zu entkommen.
Über Nürnberg, Erlangen, Mannheim, Stühlingen und Laufenburg kam er dann schließlich in Waldshut an.
Der Wunsch zu helfen
„Es ist kalt, die Menschen haben keinen Strom und viele schlafen im Auto oder liegen noch immer zwischen den Trümmern“, fasst Hawasli die Katastrophe zusammen. Dass er helfen möchte, stehe bereits fest.
Nur wie sei noch offen: „Vielleicht spreche ich mit meinen Schwiegereltern, ob ich ihnen Geld zukommen lassen kann. Das Problem ist nur, wie das Geld dann in der betroffenen Region ankommt.“
Auch wenn der Wille, sich einzubringen, da sei – auch das eigene Leben in Waldshut müsse weitergehen. „Es ist einfach schwierig, weil das Ganze von hier aus so weit weg ist. Aber immerhin ist dem Kreis der Familie nichts Schlimmeres passiert.“
Video zeigt das Ausmaß der Zerstörung
Auf einem Video, das die Redaktion Waldshut erreichte, sind aus einem Bus heraus zerstörte Gebäude in der Stadt Urfa (Türkei) zu erkennen.
Privatpersonen sollen zu Hause bleiben
Hidir Gürakar, ehemaliger SPD-Landtagsabgeordneter und Stadtrat in Bad Säckingen, ist gerade in der Türkei. Er habe bereits darüber nachgedacht, in das von den Erdbeben betroffene Gebiet zu reisen.
Allerdings erklärt er: „Es wurde von Seiten der Behörden und Hilfsorganisationen ausdrücklich geraten, als Privatperson oder -personen nicht in das Erdbebengebiet zu reisen.“ Ansonsten würden Hilfsgüter und technische Hilfe nicht vorankommen.