Mit angelegten Fußfesseln und in Handschellen, geführt von einem Justizvollzugsbeamten, ist ein 25 Jahre alter Angeklagter dem Schöffengericht des Amtsgerichts Bad Säckingen in einem Saal des Amtsgerichts in Waldshut vorgeführt worden. Acht Stunden später durfte er das Gericht auf freiem Fuß verlassen.
Das Gericht verurteilte ihn nach vier Monaten in Untersuchungshaft zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und acht Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wird. Eine der Bewährungsauflagen ist es, Deutschland so schnell wie möglich zu verlassen und zu seiner Familie in Rumänien zurückzukehren. Die zweite Auflage verbietet ihm, jeglichen Kontakt zu einer Frau aufzunehmen, die im Dezember 24 und Januar 25 im Wiesental eine entscheidende Rolle in seinem Leben gespielt hat.
Einsamkeit, die Flucht in den Alkohol und letztlich die Sehnsucht nach Begegnungen und menschlichen Kontakten hatten den 25-Jährigen um den Jahreswechsel auf die schiefe Bahn gebracht. „Gut, dass diese Fahrt letztlich durch die Inhaftierung gestoppt wurde“, sagte Richterin Stefanie Hauser in ihrer Urteilsbegründung. Ein Mensch hätte tot sein können.
Der Mann beginnt zu trinken
Der junge Mann kam im November 2024 alleine nach Deutschland. Warum er kam, wollte er vor Gericht nicht sagen. Seine Freundin, einen halbjährigen Sohn und seine Eltern ließ er in Rumänien zurück. Auch, ob er in Deutschland Arbeit gefunden hatte, wollte er nicht sagen. Offenkundig aber war, dass er begann, regelmäßig und sehr viel zu trinken.
Und offensichtlich war auch, dass er sich mit einer Kellnerin in einem Restaurant im Wiesental anfreundete, die ihn auch in sein äußerst spartanisch eingerichtetes Zimmer begleitete und ihn bei sich zu Hause empfing. Sie habe ihm Speisen aus dem Restaurant gebracht und auch Bier für ihn gekauft, sagte sie im Zeugenstand. Man habe sich gemocht und geküsst, zu mehr sei es aber nicht gekommen, sagte sie.
Dass aber auch bei ihr Emotionen im Spiel waren und wohl noch immer sind, zeigte sich in ihrem Blick und in den Tränen, die über ihre Wangen kullerten, als sich der Angeklagte bei ihr entschuldigte. Er jedenfalls, so räume seine Verteidigerin Katharina Kübler ein, hatte sich Hoffnungen auf Anschluss zu der Frau gemacht und sei von ihren Zurückweisungen hart getroffen worden.
Streit auf offener Straße: Angeklagter schlägt Passanten zusammen
Zu solch einer Zurückweisung kam es auch in einer Nacht Mitte Dezember 2024 im Zentrum eines Städtchens im Wiesental. Dort habe der Angeklagte die Frau nach deren Feierabend abgepasst, woraufhin es auf der Straße zu einem heftigen und lauten Streit gekommen war. Zwei Passanten wollten der Frau zu Hilfe eilen und wurden dabei vom Angeklagten übelst zusammengeschlagen. Einer erlitt Kieferbrüche, der andere eine lebensbedrohende Brustverletzung und einen Oberschenkelhalsbruch.
Tage später wollte der Angeklagte in die Wohnung der Frau eindringen und trat dazu die Türe ein. Wiederum einige Tage später wollte er abermals in die Wohnung eindringen und drückte die Frau dort mehrere Minuten lang am Hals, bis schließlich die zuvor von ihr über ihren Chef verständigte Polizei eintraf.
Und noch einmal einige Tage später soll der Angeklagte dann mit einem Besenstiel in der Hand vor der Gaststätte gestanden sein und dort heftige Beschimpfungen, Beleidigungen und Bedrohungen gegen die Frau, den Wirt und andere Beschäftigte ausgesprochen haben.
Der 25-Jährige entschuldigt sich
Vor Gericht entschuldigte sich der Angeklagte bei allen Opfern, die als Zeugen ausgesagt hatten. Er wisse nicht, warum er das getan habe, es tue ihm leid. In einer zu Beginn von seiner Anwältin verlesenen Einlassung räumte er die Taten ein, er bekannte aber auch, wegen des konsumierten Alkohols keine Erinnerungen mehr zu haben. Offen blieb, ob er in der Auseinandersetzung mit den beiden Passanten Mitte Dezember einen Schlagring einsetzte oder nicht.
Seine Anwältin sah den Einsatz des Schlagrings als nicht erwiesen an, Staatsanwalt Tobias Scherm und letztlich das Gericht aber schon. Entscheidend aber war dies nicht, denn in der Verständigung, zu der sich das Gericht mit der Staatsanwaltschaft und der Verteidigerin einigte, wurde diese Frage bewusst ausgeklammert.
Verständigung vor Gericht
Der von Stefanie Hauser vorgegebene Verständigungsrahmen lag zwischen eineinhalb und zwei Jahren Haft auf Bewährung. Staatsanwalt Tobias Scherm plädierte unter Zurückstellung erheblicher Bedenken auf ein Jahr und zehn Monate Haft auf Bewährung. Verteidigerin Katharina Kübler kam auf ein Jahr und sechs Monate. Das Gericht blieb letztlich genau dazwischen.
Zur Verständigung kam es, weil der auf der Straße im Wiesental lebensbedrohlich verletzte Zeuge nicht erschien, sondern in Bulgarien weilt. Die Alternative zur Verständigung wäre eine möglicherweise nicht unerhebliche Verzögerung mit drohender kompletter Neuaufnahme des Verfahrens gewesen. Dies hätte die belastende U-Haft für den Angeklagten verlängert, aber möglicherweise keine neuen Erkenntnisse gebracht.