Von einem unerwarteten Geldsegen träumt jeder. Doch wenn das geschenkte Geld aus illegaler Quelle kommt, ist es eher Fluch als Segen. So erging es einem 32 Jahre alten Mann, der deshalb vor dem Singener Amtsgericht landete. Vor drei Monaten wurde die Hauptverhandlung bereits eröffnet. Wegen fehlender Beweise wurde der Prozess pausiert. Jetzt wurde er mit geladenen Zeugen fortgesetzt, die aus dem gesamten Bundesgebiet anreisten. Der Angeklagte aus Singen blieb bei seinen Aussagen. Dennoch wurde er am Ende wegen vorsätzlicher Geldwäsche in drei Fällen verurteilt.
Der Angeklagte soll zwischen dem 31. Dezember 2022 und dem 3. Januar 2023 sein Konto für Straftaten zur Verfügung gestellt haben, wie Richter Hoenig verlas. Unbekannte Täter waren zuvor widerrechtlich an die Kontodaten von fünf Betroffenen gelangt und hatten Geld von deren Postbank-Konten auf das Volksbank-Konto des Singeners überwiesen. Dieser hob die insgesamt 23.000 Euro in drei Schritten ab.
Das erlebten die Geschädigten
Die Geschädigten aus Hamburg, München, Frankfurt am Main und dem saarländischen Losheim am See sowie ein Polizeibeamter der Kriminalpolizei Brandenburg sagten nun als Zeugen aus. Dabei deckten sich ihre Angaben in den wesentlichen Punkten: Sie wurden alle vor dem Jahreswechsel 22/23 von der Postbank über einen Systemwechsel informiert. Daraufhin hatten sie mehrere Tage bis Wochen keinen Zugriff mehr auf ihr Online-Banking und veranlassten eine Kontosperrung. In dieser Zeit wurden allerdings drei- bis fünfstellige Summen von ihren Konten auf das Konto des 32-Jährigen überwiesen, die sie nicht selbst veranlasst hatten.
Alle erstatteten im Januar 2023 Strafanzeige. Auffällig war zudem, dass bei allen Geschädigten noch weitere Überweisungen veranlasst wurden. Auch an andere Zahlungsempfänger. Diese wurden allerdings von der Postbank gestoppt oder rückerstattet. Doch das bereits überwiesene Geld erhielten die Geschädigten bis heute nicht zurück. Die Zeugen sagten alle aus, den angeklagten Singener nicht zu kennen.
Der Angeklagte selbst gab an, er habe niemandem sein Konto zur Verfügung gestellt und auch die Geschädigten nicht gekannt. Er habe lediglich auf das Arbeitslosengeld und sein letztes Gehalt nach einer Kündigung gewartet und sei deshalb jeden Tag zur Bank gegangen. Da habe er die 23.000 Euro entdeckt. „Ich wusste nicht, woher sie kamen, aber das war mir auch egal.“ Er habe das Geld in drei Schritten am Schalter abgehoben. Trotz der vier- bis fünfstelligen Höhe und seiner eigentlich miserablen finanziellen Situation habe niemand nachgefragt. Richter Hoenig konterte: „Bei Ihrer dritten Abhebung in Höhe von 13.000 Euro hat die Bank eine Geldwäscheverdachtsanzeige gestellt.“
Ist die Spielsucht nur ein Vorwand?
Doch zu diesem Zeitpunkt wollte der Angeklagte das Geld längst verprasst haben, um seine Spielsucht zu befriedigen – in Casinos und vereinzelten Kneipen in Singen und im Hegau. Ermittlungen der Kriminalpolizei ergaben allerdings anderes, wie der zuständige Kommissar des Polizeipräsidiums Konstanz in seiner Zeugenaussage äußerte: „In den besagten Spielhallen gibt es an den Automaten technische Grenzen, man kann dort maximal 60 Euro pro Stunde ausgeben. Dass also so viel Geld in solch einer kurzen Zeit verspielt wurde, ist sehr unrealistisch.“ Doch der Angeklagte beharrte darauf, das Geld für Glücksspiele, Klamotten und Lebensmittel ausgegeben und es somit nicht den Tätern übergeben zu haben.
Der Staatsanwältin Iurzu zufolge seien die Aussagen des Angeklagten widersprüchlich und unglaubhaft, die der Zeugen wiederum lebensnah und schlüssig. Sie plädierte deshalb für ein Geldwäsche-Urteil mit entsprechender Haftstrafe. Der Strafverteidiger hingegen forderte einen Freispruch. In seinen Augen stecke ein System hinter den Überweisungen, mit dem die Täter den Angeklagten und andere Betroffene für die betrügerische Beschaffung von Geldbeträgen ausnutzten. Es gebe schließlich keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Singener in Kontakt zu den Tätern stand.
So sieht das Urteil aus
Richter Hoenig verurteilte den 32-Jährigen letzten Endes wegen vorsätzlicher Geldwäsche in drei Fällen zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe. Diese könne zur Bewährung ausgesetzt werden – Frist seien drei Jahre. Darüber hinaus hafte er für die 23.000 Euro, müsse also den Beschädigten den Schaden wiedergutmachen. Außerdem muss der Angeklagte 70 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten, sich bei der Schuldnerberatung melden und mit einem Arbeitsvertrag seine Wiedereingliederung nachweisen.
Ausschlaggebend für das Urteil waren Hoenig zufolge die erheblichen Geldbeträge: „Sie haben völlig gleichgültig die wirtschaftlichen Rücklagen anderer Menschen verspielt.“ Er habe sich auf die Zahlungseingänge eingelassen, indem er diese abgehoben und ausgegeben habe. Die Verhandlung konnte zwar nicht klären, ob er das gesamte Geld wirklich selbst verspielte oder doch an die Täter weitergab, aber das ändere laut dem Richter nichts am Straftatbestand der Geldwäsche. Denn das Geld stamme ganz klar aus betrügerischen Machenschaften.
Doch die Strafe hätte auch härter ausfallen können – Geldwäsche wird mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet. Zugunsten des Angeklagten sprach dem Richter zufolge, dass der Beschuldigte die Abhebung der Geldbeträge zugegeben habe und es keine Anhaltspunkte für eine Beteiligung am Betrug gebe. Dass der Singener mehrere Vorstrafen habe, könne man dem Strafmaß nicht anrechnen, da er dafür bereits im vergangenen Jahr fünf Monate im Gefängnis saß, so Hoenig. Und weiter: „Inzwischen sind Sie sozial und beruflich integriert und haben einen Ausweg aus Ihrer Spiel- und Betäubungsmittelsucht gefunden. Sie sind also auf einem guten Weg.“