Melanie Kaysi aus Waldshut-Tiengen hat sich vor zweieinhalb Jahren ihren Traum von einem eigenen kleinen Geschäft erfüllt. In Tiengen hat die Kosmetikerin Gesichtsbehandlungen, Nagelmodellage, Wimpernlifting und -verlängerungen angeboten. Die 41-Jährige hat dafür ihre Stelle als Verkäuferin in einem Lebensmittelgeschäft aufgegeben, um sich zu 100 Prozent auf ihren Laden konzentrieren zu können. Doch dann kam Corona.
Der zweite Lockdown war zu viel
Den ersten Lockdown konnte die Tiengenerin noch verkraften, doch im zweiten Lockdown, der bis auf eine dreiwöchige Unterbrechung seit November für die Kosmetikbranche im Landkreis Waldshut anhält, hat die zweifache Mutter jetzt keinen finanziellen Spielraum mehr, ihr Erspartes aus dem ersten Geschäftsjahr vor dem Lockdown ist aufgebraucht. Vor kurzem musste sie ihren Betrieb schließen.
Zurück in eine Anstellung
„Seit Beginn des zweiten Lockdowns arbeite ich nebenher wieder in einem Lebensmittelgeschäft, auch, weil ich einfach etwas machen muss und nicht nur Herumsitzen und Warten kann. Das bedeutet aber auch, dass durch mein Einkommen die Fördergelder, die ich vom Staat beziehen könnte, gekürzt würden. Da sie in meinem Fall eh nicht hoch ausfallen, weil meine Fixkosten für Miete gerade einmal bei 500 Euro liegen, lohnt es sich für mich eher, arbeiten zu gehen, damit ich Geld zum Leben habe“, sagt Kaysi. Allerdings könne sie davon die Fixkosten wie Miete und Strom für ihr Geschäft nicht bezahlen. „Und wir sind jetzt eben schon im siebten Monat des zweiten Lockdowns und da wird es jetzt für viele eng, auch wenn man vorher gut gewirtschaftet hat.“
Die Branche hat es schwer
Generell habe es die Gesundheits- und Schönheitsbranche laut Thomas Kaiser, Kreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft Waldshut, in der Pandemie schwerer als andere Bereiche. „Viele mussten für mehrere Monate schließen und vom Ersparten leben“, sagt Thomas Kaiser. „Überleben werden nur die Betriebe, die wirtschaftlich gesund sind. Allerdings ist das für Start-Ups natürlich schwerer, weil sie in der Regel nicht viel Geld zur Seite legen könnten.“
Zwar gibt es laut Kaiser für jeden Betrieb, der aufgrund der Pandemie schließen musste Fördergelder, Voraussetzung dafür sei aber, einen Steuerberater zu haben und alle Umsätze immer genau angegeben zu haben. „Zudem gibt es über unsere Kammer auch Berater, die individuell unseren Mitgliedern zur Verfügung stehen“, informiert der Kreishandwerksmeister. „Und viele unserer Mitglieder nutzen dieses Angebot.“

Anders als Friseure darf die Kosmetikbranche erst ab einer Inzidenz von unter 100 öffnen. Zusätzlich muss ein negativer Schnelltest vorgelegt werden, wenn Behandlungen ohne Maske, beispielsweise eine Akne-Behandlung – durchgeführt werden. „Viele Kosmetikerinnen aus der Region haben sich in den sozialen Netzwerken zusammengeschlossen, um auf unsere Lage aufmerksam zu machen und dafür zu plädieren, dass wir mit den Friseuren gleichgestellt werden, weil wir sehr hohe Hygienemaßstäbe haben. Das hätte die Situation vielleicht auch entschärft, aber leider blieb unsere Aktion ohne Erfolg“, informiert Kaysi.
Corona-Tests sind noch keine Option
Um ihren Kunden den Besuch zur erleichtern, hat Kosmetikerin Melanie Kaysi aus Waldshut-Tiengen dafür sogar eine spezielle Ausbildung absolviert, um selbst Schnelltests durchführen zu dürfen. „Ich dachte, es ist für die Kunden praktischer, wenn ich den Test für sie mache. So brauchen sie nicht extra zu einem Testzentrum oder einer Apotheke fahren, sondern müssen nur rund 15 Minuten vor ihrem Termin für den Test da sein.“ Doch weil die Inzidenz seit Wochen im Landkreis über 100 liegt, bedeutet das für die 41-jährige Tiengenerin, dass sie ihren Laden nicht öffnen darf. Mittlerweile ist die Situation so dramatisch, dass die zweifache Mutter jetzt ihren Salon schließen musste.
Das gilt für die Friseur- und Kosmetikbranche
Melanie Kaysi ist eine von rund 150 Kosmetikerinnen im Kreis Waldshut. Sie selbst kenne einige Kolleginnen, denen es ähnlich geht. Manch eine orientiere sich neu, wieder andere gingen in die Schweiz, weiß Kaysi. „Das Problem in unserer Branche ist, dass viele Behandlungen regelmäßig erfolgen müssen. Ist das nicht möglich, dann kommen die Kunden auch nicht mehr. Schon nach dem ersten Lockdown haben wir Kundinnen, die beispielsweise ihre Nägel modellieren lassen, verloren. Es ist für uns derzeit einfach nicht möglich, eine Beständigkeit anzubieten, weil wir von den Inzidenzwerten abhängig sind. Und da gibt es keinen Spielraum. Trotz allen Sicherheitsvorkehrungen müssen wir ab einer Inzidenz von 100 eben schließen.“
„Die Rücklagen sind jetzt aufgebraucht“
Während des erstens Lockdown im vergangenen Jahr konnte Melanie Kaysi von ihren Rücklagen leben. „Außerdem habe ich rund 8500 Euro an Fördergeldern für knapp drei Monate erhalten. Die Rücklagen sind jetzt aufgebraucht, weshalb ich bereits seit Beginn des zweiten Lockdowns wieder nebenher in einem Lebensmittelgeschäft arbeite. Noch im November dachte ich, dass ich den Job nur zur Überbrückung mache, wer hätte denn damit gerechnet, dass wir im Mai – bis auf eine kurze Unterbrechung – immer noch im Lockdown sind?“
Für Kaysi, die seit 2013 selbstständig ist, sich aber erst vor zweieinhalb Jahren den Traum vom eigenen Salon in der Tiengener Innenstadt erfüllt hat, ist nun ihr Traum geplatzt. Aber falls irgendwann wieder etwas Normalität einkehrt, dann kann sich die 41-Jährige vorstellen, wieder einen Salon zu eröffnen. Bis dahin wird sie weiter im Angestelltenverhältnis in einem Supermarkt bleiben.