Das Terminbuch von Friseurmeisterin Babsy Martin aus Murg ist leer. Und auch in den Salon „Modern Hair“ in Bad Säckingen kommen derzeit bestenfalls eine Handvoll Kunden am Tag. Wegen der geringen Nachfrage Inhaber Dieter Schlachter seinen zweiten Salon „New Modern Hair“ in der Rheinbrückstraße vorübergehend geschlossen.

Das Schaufenster im „New Modern Hair“ in der Rheinbrückstraße.
Das Schaufenster im „New Modern Hair“ in der Rheinbrückstraße. | Bild: Wehrle, Verena

Die Lage für die Friseure ist auch nach Ende der mit dem Lockdown verbundenen Schließungen alles andere als einfach. Nach dem großen Ansturm nach der Wiedereröffnung Anfang März, bleiben inzwischen häufig die Kunden aus und die Kassen leer.

Der Grund: Die mit der Bundesnotbremse für die Kunden eingeführte Testpflicht – die für Erwachsene und für Kinder gilt. Sie sorgt für Verunsicherung, Frust, und führt in letzter Konsequenz häufig dazu, dass der Friseurbesuch erst einmal aufgeschoben wird.

Welchen Test brauche ich, damit ich zum Friseur kann?

Die Bundesnotbremse regelt, dass Friseurkunden in Gebieten mit einer Corona-Inzidenz über 100 einen tagesaktuellen negativen Corona-Test vorlegen müssen. Ein Selbsttest sei dabei aber nicht zulässig, wie Florian Mader vom Sozialministerium Baden-Württemberg auf Anfrage klar macht. Der Grund: Diese würden ohne Anleitung, Überwachung oder sonstige Beteiligung von geschultem Personal durchgeführt werden und seien also nicht überprüfbar.

Das heißt also: Es werden nur Testergebnisse von offiziellen Teststellen anerkannt, etwa Arztpraxen, Apotheken, Testzentren der Kommunen oder privaten Anbietern. „Es ist für Kunden problemlos möglich, vor dem Friseurbesuch an einen Test zu kommen“, so Florian Mader.

Dürfen Frisöre ihre Kunden testen?

Babsy Martin aus Murg sowie Dieter Schlachter von „Modern Hair“ in Bad Säckingen haben sich bereits beim DRK schulen und zertifizieren lassen, um ihre Kunden vor dem Salon selbst zu testen.

Die Frisörin aus Murg ist sich nun aber unsicher, ob sie dazu überhaupt berechtigt ist. Laut Florian Mader ist es mit der erweiterten Teststrategie des Landes auch geschulten Privatpersonen erlaubt, andere zu testen. Die Anbieter müssen laut Gesundheitsminister Manne Lucha jedoch geschult sein und sie müssen bestimmte Qualitätsstandards zwingend einhalten, das Angebot muss auf Dauer angelegt sein und alle Schutzvorschriften der Hygiene müssen eingehalten werden. Jeder Anbieter, also auch die Frisöre, seien verpflichtet, sich beim Gesundheitsamt zu melden. Dieses könne die Testung dann auch untersagen.

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Sowohl Babsy Martin als auch Dieter Schlachter wollen, dass ihre Kunden den Abstrich aus der Nase selbst entnehmen. Sie geben dann Anweisungen und werten den Test aus.

Zu „Modern Hair“ können die Kunden ihre selbst gekauften Tests mitbringen, aber der Frisör organisiert auch welche für seine Kunden. Babsy Martin macht klar, dass sie die Tests kaufen muss und nicht kostenlos anbieten kann.

Friseurmeisterin Barbara Martin aus Murg.
Friseurmeisterin Barbara Martin aus Murg. | Bild: Barbara Martin

Wann gilt die Testpflicht?

Die Testpflicht gilt bei Wirkung der Notbremse, also wenn die 7-Tages-Inzidenz an drei hintereinander folgenden Tagen über 100 liegt. Erst wenn die Inzidenz wieder fünf Tage in Folge unter 100 liegt, tritt die Regel außer Kraft.

Bei einer Inzidenz unter 100 gilt laut Florian Mader: „Während des gesamten Aufenthalts in der Einrichtung und der Dauer der Dienstleistung müssen alle Beteiligte medizinische Masken tragen. Ist dies nicht möglich (z.B. bei einer Rasur), wird ein tagesaktueller Schnell- oder Selbsttest der Kunden sowie ein Testkonzept für das Personal benötigt – eine vorherige Terminbuchung ist vorgeschrieben.“

Im modern hair wird weiter gearbeitet – das Bild entstand vor der FFP2-Maskenpflicht.
Im modern hair wird weiter gearbeitet – das Bild entstand vor der FFP2-Maskenpflicht. | Bild: Dieter Schlachter

Müssen sich auch die Friseure testen lassen?

Eine Pflicht der Mitarbeiter sich testen zu lassen, besteht nicht, laut Corona-Arbeitsschutz-Verordnung besteht aber eine Testangebotspflicht für Beschäftigte. Das heißt: Die Arbeitgeber müssen ihren Mitarbeitern die Tests anbieten.

Und wie läuft das im Salon in Bad Säckingen? Dieter Schlachter von „Modern Hair“ lässt sich selbst zwei Mal die Woche testen, seine Angestellten mindestens einmal die Woche. Eine Angestellte, die sich nicht testen lassen will, sei nun von der Arbeit freigestellt worden, wie Schlachter erzählt.

Dieter Schlachter
Dieter Schlachter | Bild: Dieter Schlachter

Welche Maske muss ich nun beim Frisör tragen?

Auch mit Testpflicht gilt weiterhin, dass beim Frisörbesuch Masken getragen werden müssen. Greift die Notbremse müssen FFP2-Masken getragen werden. Darüber ärgert sich Frisörin Babsy Martin: „Im Dezember habe ich hunderte OP Masken bestellt, die ich meinen Kunden zur Verfügung gestellt habe, die kann ich jetzt entsorgen.“

Was halten die Frisöre von der Testpflicht?

„Im Grunde finde ich die Testpflicht nicht verkehrt“, sagt Babsy Martin. Aber: „Nur finde ich es unverhältnismäßig, dass diese nur Friseure und den Einzelhandel betrifft. In Lebensmittelmärkten tummeln sich die Menschen, ohne Abstand, ohne Test, ohne Kontaktdaten und teilweise mit nicht korrekt getragenen Masken.“

Dass sich die Regeln ständig ändern, bezeichnet Dieter Schlachter als „peinlich und lächerlich“. Er spricht von einem Regel-Wirrwarr, bei dem keiner mehr wisse, was gelte. Auch bei seinen Kunden spüre er diese große Unsicherheit.

Welche Auswirkungen hat die Testpflicht auf die Frisöre?

„Das Terminbuch ist ziemlich leer, weil die Kunden unter diesen Voraussetzungen nicht kommen wollen“, erzählt Babsy Martin. Das Gleiche bei Dieter Schlachter. Viele würden Termine absagen. Von ein bis drei Kunden pro Tag berichtet er. Deshalb haben er und sein Geschäftspartner Jürgen Bäuerle die zweite Filiale new modern hair in der Rheinbrückstraße vorübergehend geschlossen.

Das Bild entstand, als im „New Modern Hair“ noch gearbeitet wurde, nun hat der Salon vorübergehend geschlossen.
Das Bild entstand, als im „New Modern Hair“ noch gearbeitet wurde, nun hat der Salon vorübergehend geschlossen. | Bild: Dieter Schlachter

„Auch unsere vielen Schweizer Kunden können gar nicht mehr kommen und haben mittlerweile einen neuen Frisör gefunden“, erzählt Schlachter. Aktuell arbeiten nur er und zwei Lehrlinge im Salon. Alle anderen seien in Kurzarbeit oder im Urlaub.

Das Team von Modern Hair und New Modern Hair in Bad Säckingen. Aktuell arbeiten nur wenige.
Das Team von Modern Hair und New Modern Hair in Bad Säckingen. Aktuell arbeiten nur wenige. | Bild: Dieter Schlachter

Wie viele seiner Berufskollegen würde auch er lieber wieder in die Lockdown-Schließung wechseln, die immerhin mit einer Förderung vom Staat versehen war. „Dann wäre es geregelt.“

Schlachter spricht von bis zu 90 Prozent Umsatzeinbußen. Man habe nicht mal ein Achtel vom Umsatz vor der Corona-Zeit. „Die enormen Unkosten laufen aber weiter.“ Auch Babsy Martin ärgert sich: „Ich bin langsam wütend, uns werden die Daumenschrauben angezogen, seit einem Jahr halten wir uns an diese Hygienevorschriften, akribischer als jeder Arzt. Aber was bringt uns das, außer immer mehr Kosten?“

Voller Corona-Regeln und Infos hängt das Schaufenster vom „New Modern Hair“ in der Rheinbrückstraße.
Voller Corona-Regeln und Infos hängt das Schaufenster vom „New Modern Hair“ in der Rheinbrückstraße. | Bild: Wehrle, Verena

Wie geht es weiter?

Das finanzielle Polster des Geschäfts sei aufgebraucht, so Schlachter. Jetzt geht‘s ans private Budget. „Wenn das so weiter geht, sind hier ganz viele Geschäfte leer“, sagt der Frisör mit Blick auf die Bad Säckinger Innenstadt. Auch er überlegt nun, die Öffnungszeiten zu begrenzen. „Ich weiß nicht, wo das noch hinführt und könnte nur noch heulen.“

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