Sie sind wieder da, schlagartig, von einem Tag auf den anderen: Die Schweizer Kunden. Seitdem für geimpfte Schweizer Privilegien beim Grenzübertritt gelten, hat das Geschäft in der Grenzregion in vielen Bereichen spürbar angezogen. Denn wer den Impfschutz hat, darf die Grenze wieder ohne den „triftigen Grund“ überqueren – eben auch einfach, um einzukaufen.
Bis zu 78 Pakete werden auf einmal geholt
Bei „My Paketshop“ in Bad Säckingen fahren die Schweizer Kunden schon seit Montag vergangener Woche wieder vor – seit bekannt wurde, dass vollständig Geimpfte wieder quarantänefrei und ohne triftigen Grund nach Deutschland einreisen dürfen. Wobei Geschäftsführer Simon Kühn selbst aktiv geworden ist und seine Kunden vorab über die Lockerungen informiert hat. Verrückte Szenen hat er seitdem beobachtet: „Ein Kunde hat am Dienstag tatsächlich 78 Pakete auf einmal abgeholt. Der fuhr mit einem kleinen Lastwagen vor.“
Eine weitere Kundin aus der Innerschweiz habe 60 Sendungen mitgenommen. „Die war seit einem halben Jahr das erste Mal wieder da. Kunden aus den Nicht-Grenzkantonen durften ja schon seit Oktober 2020 nicht mehr zu mir kommen“, berichtet Kühn. Der ist nach Einbrüchen von 80 Prozent in seinem Geschäftsbereich inzwischen wieder besser gelaunt.
„Wir haben während der Grenzschließung gemerkt, wie teuer die Schweiz ist“
Alain Bardet ist 81 Jahre alt und wartet im Auto auf seine Frau Joana, die im Bad Säckinger Toom-Baumarkt gerade einkauft. Beide sind vollständig geimpft und genießen es jetzt, seit Dezember mal wieder in Deutschland einkaufen zu können. „Am Montag kam die Nachbarin zu uns, erzählte aufgeregt, dass man jetzt als Geimpfter wieder rüber darf“, berichtet der Rentner aus Mettau. Bardet räumt freimütig ein: „Wir kaufen praktisch alle Lebensmittel in Deutschland ein. Und während der Grenzschließung haben wir gemerkt, wie teuer die Schweiz ist.“
Eine Lidl-Kundin aus Stein sagt: „Ich dachte, ich probiere es jetzt einfach einmal.“ Sie beteuert, seit der Aufhebung der Quarantänefreiheit für Einkaufstouristen auch aus den Grenzkantonen das erste Mal wieder in Bad Säckingen einzukaufen. Und das war kurz vor Weihnachten 2020.
Sie ist nicht vollständig geimpft, habe aber einen Beleg dafür, mit Corona infiziert gewesen zu sein. Damit ist sie eine Genesene und darf jetzt auch wieder einreisen. Aber sie sagt: „Zur Sicherheit habe ich das ganze Dossier im Auto. Damit bin ich bei Kontrollen vorbereitet.“
Zu Beginn noch Schwierigkeiten am Zoll
Offenbar hat es in der ersten Wochenhälfte mancherorts noch Probleme gegeben – mit deutschen Polizisten oder Zöllnern, die von den neuen Freiheiten der Schweizer noch nichts wussten. Auch Kühn wurde von Seiten seiner Kunden darüber informiert. Er reagierte, schrieb E-Mails an die deutsche Bundespolizei und den Zoll, informierte über die aktuelle Lage.
Friedrich Blaschke, Sprecher der Bundespolizei Weil am Rhein, kann derlei Vorfälle nicht bestätigen. Er verweist darauf, dass zur Überwachung der Corona-Verordnung von Baden-Württemberg viele Sicherheitsorgane einbezogen sind. Wobei keiner von denen jetzt Impfpässe oder Testnachweise einreisender Schweizer kontrolliere.
Trotzdem und zur Sicherheit hat Kühn auch das Bad Säckinger Ordnungsamt in Kenntnis gesetzt. Auf keinen Fall sollte bei seinen Kunden der Eindruck entstehen, nach Bad Säckingen eingeladen zu werden, um dann dort doch noch Probleme zu bekommen.
Lebensmittelmärkte registrieren steigende Nachfrage
Auch Lebensmittelhändler aus der Grenzregion freuen sich über die wiederkehrenden Schweizer. „Ja, wir merken es“, sagt Martin Schmidt,
Geschäftsführer von Schmidts Märkte, mit dem XL-Markt auch in Bad Säckingen vor Ort.
Rainer Weber, Marktleiter des E-Centers Laufenburg, berichtete vergangene Woche: „Seit Donnerstag hat es angezogen. Und fürs Wochenende wird es noch mehr werden.“
Dann könnte es auch wieder eng werden: Denn mit der in Deutschland geltenden Notbremse dürfen in den Laufenburger Supermarkt nur 100 Leute rein.