Die im Sinne der Pandemie-Bekämpfung geltenden Beschränkungen verlangen den Menschen in Deutschland im Alltag viel ab. Das gilt vor allem für Jugendliche, deren natürlicher Drang nach Freiheit, abendlichen Vergnügungen und Treffen mit Gleichaltrigen in krassem Gegensatz zu den geltenden Maßregeln wie Ausgangssperre und Aufenthaltsverbot in größeren Gruppen stehen.
Umso verlockender sind die da die Lockerungen, die die Schweiz jüngst vorgenommen hat. Gastronomiebetriebe haben wieder geöffnet, Treffen von größeren Personengruppen sind wieder erlaubt. In der Konsequenz führt dies dazu, dass laut Berichten der Schweizer Medien junge Leute zumindest zeitweise heimlich ins Nachbarland flüchten, um die hiesigen Bestimmungen zu umgehen. Das ist aber durchaus riskant, denn nach wie vor gelten für den Grenzübertritt strikte Kriterien.
Empfindliche Konsequenzen möglich
Vor allem die Holzbrücke in Bad Säckingen oder die alte Grenzbrücke in Laufenburg, die für den Autoverkehr gesperrt und die weder von Zoll noch anderen Behörden kontrolliert werden, werden demnach mit Vorliebe für die temporäre Flucht von den deutschen Corona-Maßregeln genutzt, wie Schweizer Medien berichten.
Im Schutz der Dunkelheit oder in der Gewissheit, dass ohnehin nicht kontrolliert werde, wird die Grenze überschritten. Spätnachts oder eben nach Ende der Ausgangssperre um 5 Uhr geht es dann zurück. Auf deutscher Seite war dieses Problem bislang „kaum auf dem Schirm“, zumal bisher auch keine derartigen Vorfälle registriert worden seien, wie Vertreter von Polizeibehörden und Stadtverwaltungen in der Region auf Nachfrage einräumen. Dass der illegale Grenzübertritt aus der Schweiz nach Deutschland aber nicht ganz ohne ist, und sogar in mehrfacher Hinsicht teuer werden kann, daran lassen sie aber keinen Zweifel.
Die Bußgeld-Sachbearbeiterin der Stadt Bad Säckingen, Christina Scholz, betont im Gespräch mit unserer Zeitung, dass ungeimpfte Personen, die quasi zu touristischen Zwecken in einem Risikogebiet waren – und die Schweiz zählt ausdrücklich auch dazu – bei ihrer Einreise in häusliche Quarantäne gehen müssen. Und ein Bußgeld komme für jeden, der erwischt wird, noch oben drauf: „Der Regelsatz liegt bei zwischen 200 und 400 Euro. Verfügt ein Jugendlicher nicht über die nötigen liquiden Mittel, kann das gegebenenfalls auch in Arbeitsstunden umgewandelt werden.“
Grenzübertritt und Ausgangsbeschränkungen
Problem der Zuständigkeit
Die Krux ist jedoch die Frage, wer Verstöße gegen die Corona-Verordnung an der Grenze kontrolliert und ahndet. Eigentlich ist die Bundespolizei für Grenzkontrollen zuständig, wie Friedrich Blaschke, Sprecher der Bundespolizei Weil am Rhein, darstellt: „Grenzkontrollen gibt es derzeit aber gar nicht, sonst müssten die Grenzübergänge komplett geschlossen werden.“ Vielmehr befasse sich die Bundespolizei mit der sogenannten „intensivierten Schleierfahndung“, wobei die Beamten sich in einem Umkreis von 30 Kilometern zur Grenze bewegten. Dabei gehe es aber nicht um Grenzübertritte als solche, sondern um etwaige damit verbundene Verbrechen wie Menschenhandel oder Schmuggel, so Blaschke.
Die Landespolizei sei zwar laut Polizeisprecher Mathias Albicker für die Kontrolle der Ausgangssperre zwischen 22 und 5 Uhr zuständig. Allerdings: „Wir dürfen keine Grenzübertritte kontrollieren. Wir sind eher im Hinterland unterwegs.“
Formal zuständig sind die Ordnungsämter als verlängerter Arm des Sozialministeriums, das die Corona-Verordnungen erlässt. Doch wie Bad Säckingens Ordnungsamtleiter Markus Haag schildert, könnten die Kontrollen nur in der Arbeitszeit bis 17 Uhr gewährleistet werden. Danach sei man wiederum auf die Amtshilfe durch die Polizei angewiesen.
Im Schweizer Fernsehen äußern sich deutsche Jugendliche freimütig, warum sie in die Schweiz gehen. Der Tenor: Der Freiheitsdrang, die Vorfreude, sich mit anderen zu treffen, sei einfach größer als die Angst erwischt zu werden. Und tatsächlich, ist das Risiko, beim illegalen Zurückschleichen in die Heimat aufzufliegen, relativ gering. Zumindest bisher.