Ist die Hochrheinautobahn 98 wirklich ein „Desaster“? Für die Menschen in der Region gleicht sie wohl eher einer „unendlichen Geschichte“, doch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat das Projekt jüngst wieder scharf kritisiert. Denn der Neubau der A 98 zählt laut BUND zu den zwölf unwirtschaftlichsten und unökologischsten Fernstraßenprojekte Deutschlands. Aufgeführt wird das Projekt in der kürzlich veröffentlichten Zusammenstellung 'Desaster im Dutzend'. Neben elf weiteren Verkehrsprojekten, beispielsweise in Berlin, im Pfälzerwald, in Bayern und Nordrhein-Westfalen, taucht die A98 hier unter dem Titel „Auf vier Spuren in die Sackgasse“ auf. Und der BUND Baden-Württemberg richtet seinen Appell an die Landesregierung, „den Planungsdinosaurier A 98 zu beerdigen und natur- und klimaverträgliche Varianten zu unterstützen“.

„Verkehr vermindern und verlagern“

Aus Sicht der Umweltschützer sei der Bau der A 98 in Zeiten der Klimakrise das falsche Signal und es werde „weiter Politik für das Auto„ gemacht. Brigitte Dahlbender, Landesvorsitzende des BUND Baden-Württemberg, weist in einer Mitteilung außerdem darauf hin, dass die Autobahn ökologisch wertvollen Gebieten schade: „Mit der Hochrheinautobahn als Bergtrasse werden am Rand des Südschwarzwalds über dem Rhein unzerschnittene, ökologisch höchst wertvolle Gebiete zubetoniert.“

Die Bundesregierung hätte zwar bereits 2003 die naturschutzfachliche Problematik erkannt, aber nicht die notwendigen Konsequenzen gezogen und die Planungen gestoppt, so Dahlbender. Und weiter: „Nicht neue Straßen braucht es für eine zukunftsfähige Mobilität, sondern Konzepte, die Verkehr vermindern und verlagern.“ Steuermittel sollten demnach für zukunftsfähige Alternativen verfügbar gemacht werden, so der BUND, der auf Alternativen zur A 98 verweist: Den Ausbau der Bundesstraße 34, verbunden mit einem Tunnelneubau bei Schwörstadt und in Waldshut, sowie die Stärkung der Hochrheinbahn durch Streckenausbau, Elektrifizierung und engere Taktung, „um Verkehr klima- und lärmschonend auf die Schiene zu verlagern“.

„Ein Bärendienst für die Region“

Dass der BUND den Bau der A 98 generell ablehnt, ist nicht neu. Dennoch sorgt diese erneute Forderung eines Baustopps für erhitzte Gemüter und deutlichen Widerspruch am Hochrhein. So kritisiert der CDU-Bundestagsabgeordnete Felix Schreiner: „Der Weiterbau der A 98 ist überfällig. Eine solche Blockadehaltung von einem wichtigen Gesprächspartner, wie dem BUND, hilft den Menschen am Hochrhein nicht weiter. Noch mehr: Der BUND führt eine Debatte, die wir vor langer vielen Jahren geführt haben und die jetzt nicht mehr zur Diskussion steht.“ Diese Position könne der Region nicht gleichgültig sein.

„Die Menschen in unserer Region sehnen sich nach einer Lösung der Verkehrsprobleme. Und wir sind in den letzten Jahren vorangekommen. Aber mit der Aussage alles stoppen zu wollen, erweist der BUND der gesamten Region einen Bärendienst“, so Felix Schreiner. Er bezeichnet die Aussagen als „Störfeuer“, die nichts mit der Realität zu tun hätten. Er verweist in seiner Stellungnahme auf die Situation vor Ort, wo auch in Zukunft das Auto und der Individualverkehr sehr wichtig wären. „Wir erleben einen Wandel der Mobilität, aber nicht ohne, sondern mit dem Auto. Die Entwicklung neuer Antriebstechnologien wird mit voller politischer Kraft vorangebracht“, betont Schreiner. Der Unionspolitiker betont zudem, dass der Ausbau des Straßennetzes ebenso Priorität hätte, wie die Weiterentwicklung der Schieneninfrastruktur und des ÖPNV.

„Ein Schlag ins Gesicht“

Kritik und Widerspruch kommt auch aus Bad Säckingen: Der CDU-Stadtverband sieht den Bau der A 98 als alternativlos an und warnt vor einer neuen Grundsatzdiskussion über eine Autobahn. Damit stellt sich der Stadtverband hinter den Bundestagsabgeordneten Felix Schreiner. „Statt eine Diskussion über das ‚Ob‘ zu führen, sollte die Energie besser in die Diskussion über das ‚Wie‘ und in eine Beschleunigung der Umsetzung gesteckt werden“, teilt der Bad Säckinger CDU-Sprecher Klaus-Werner Kroll mit. Der CDU-Stadtverband appelliere an alle Verantwortlichen der Region, den gemeinsamen Kurs der Geschlossenheit nicht in Frage zu stellen. Die Forderung des BUND sei „für die Bewohner des Hochrheins ein Schlag ins Gesicht“. Wer die Forderung nach Einstellung der Planung der A98 stelle, habe „die Probleme der Menschen im ländlichen Raum hier am Hochrhein bis heute nicht verstanden.“

Mit Verweis auf die Lebensrealität der Menschen und die sehr angespannte Verkehrssituation in der Region, von der zahlreiche Berufspendler und Anwohner stark betroffen sind, hebt der Stadtverband als Ziel am Hochrhein eine deutlich verbesserte Verkehrsinfrastruktur, die Bus, Bahn und selbstverständlich die A 98 einschließt, hervor. „Die Menschen am Hochrhein erwarten eine Lösung, die ökologische Belange mit ihren Bedürfnissen unter einen Hut bringt und nicht schon wieder neue epische Diskussionen“, so Kroll für die CDU Bad Säckingen.

Kritik an Polemik

Doch Widerspruch gibt es nicht nur von Seiten der Christdemokraten. Auch der SPD-Landtagskandidat Peter Schallmayer zeigt sich irritiert über Forderungen des BUND die Neubauplanungen bezüglich der Hochrheinautobahn zu stoppen: „Gerade im ländlichen Raum sind wir auf eine gute Infrastruktur angewiesen, um den Anschluss nicht zu verlieren.“ Als wenig zielführend kritisiert Schallmayer unter anderem die Polemik des BUND: „Als einziges Autobahnprojekt in Baden-Württemberg ist die A98 mit dem Kriterium ‚hoch‘ in der umweltfachlichen Beurteilung versehen. Fragen des Umwelt- und Naturschutzes werden bei den Planungen also in höchstem Maße berücksichtigt.“

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