2500 Euro für mehr Ruhe, Sicherheit und Lebensqualität: Diese Rechnung stellen Anwohnerinnen und Anwohner der Gurtweiler Straße in Waldshut an. Für diese eher bescheidene Summe – diese wurde ihnen von Fachplanern genannt – könnten entlang der Straße Tempo-30-Schilder aufgestellt werden.

Dann ginge für sie ein langgehegter Traum in Erfüllung: Dass die Fahrerinnen und Fahrer der mehr als 4000 Fahrzeuge, die hier täglich passieren, endlich vom Gas gehen müssten. „Wir haben nichts gegen Autofahrer, wir sind ja selbst welche“, unterstreicht Eva-Maria Zuber, die in der Gurtweiler Straße 41 wohnt. Sie sagt: „Aber wir haben hier eine Riesenbelastung zu erdulden und es wird immer schlimmer.“

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1968 nur Waldweg nach Gurtweil

Klaus Büttner, in der Nummer 52 wohnhaft, nickt. Als er mit seiner Familie 1968 ins Haus einzog, erzählt er, habe die Gurtweiler Straße noch am Ortsrand von Waldshut geendet und nach Gurtweil habe es nur einen ungeteerten Waldweg gegeben. Auch Nachbar Klaus-Dieter Frank, der in Haus 58 an der Straße aufgewachsen ist, hat diese Zeiten noch erlebt. Carola Kunzelmann mit Adresse Gurtweiler Straße 31 berichtet: „Im Sommer auf der Terrasse zu sitzen und sich zu unterhalten, ist wegen des großen Straßenlärms unmöglich.“

Als Fußgänger die Straße zu überqueren oder sich mit dem eigenen Auto von der Hauseinfahrt in den fließenden Verkehr einzufädeln, sei außerdem kaum zu schaffen, sagen sie. Kunzelmann: „Manchmal warte ich zehn Minuten und länger, bis das gelingt.“

Hier könnte Tempo 30 helfen, trage es doch dazu bei, die Lücken zwischen den vorbeifahrenden Autos zu vergrößern. Auch den Zeitverlust wollen sie nicht gelten lassen. „Von 50 auf 30 abzusenken, bedeutet auf eine Distanz von 100 Metern gerade einmal zwei Sekunden mehr Fahrzeit“, rechnet Büttner vor.

Rund um die Christliche Schule Hochrhein besteht das Tempolimit bereits, aber nur zeitweise.
Rund um die Christliche Schule Hochrhein besteht das Tempolimit bereits, aber nur zeitweise. | Bild: Wagner, Hans

Die Gruppe kennt sich gut, tauscht sich untereinander aus und verfolgt das Thema schon seit vielen Jahren. Jetzt haben sie, weil die Stadt in Sachen Lärmaktionsplan wieder einen Anlauf nimmt, erneut Hoffnung. Das mit dem Plan befasste Fachbüro sieht für ihr Quartier „deutlichen Handlungsbedarf“ und bewertet die bestehenden Lärmpegel als über der Zumutbarkeitsschwelle liegend. Tempo 30, so die Fachleute, hätte dabei eine „sehr gute lärmentlastende Wirkung“.

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Sie empfehlen diese auch die ganztägige Geschwindigkeitsbegrenzung für die Gurtweiler Straße ab dem Kreisverkehr nahe der Brückenstraße bis zur Ortsausfahrt auf einer Länge von etwa 900 Metern. 850 Anwohnende könnten davon profitieren. Die Minderungswirkung betrage bis zu 3,1 Dezibel. Tagsüber halbiere sich dadurch fast die Zahl derjenigen, die Lärmpegeln von über 60 Dezibel ausgesetzt sind. Nachts sei der Entlastungseffekt sogar noch höher.

Viele auch schneller als 50

Wobei sich die Gruppe der Anwohnenden in einem einig ist: Der nächtliche Verkehrslärm ist weniger das Problem. Es geht um den Tag, um die Rushhour am Morgen und am Feierabend und um Motorräder bei schönem Wetter am Wochenende. Schon an die aktuell hier vorgeschriebenen 50 Kilometer pro Stunde hielten sich viele nicht. Von Gurtweil kommend oder dorthin fahrend, bremsten sie kaum ab oder gäben schon weit vor dem Ortsausgangsschild auf der ansteigenden Strecke erneut Gas, um auf die angrenzend erlaubten 70 zu kommen. „Immer wieder sind hier schon von Gurtweil viel zu schnell kommende Autos in Bäume gekracht“, weiß Büttner.

Ein Anwohner der Gurtweiler Straße in Waldshut hat sich diese Blitzerattrappe Marke Eigenbau in den Garten gestellt.
Ein Anwohner der Gurtweiler Straße in Waldshut hat sich diese Blitzerattrappe Marke Eigenbau in den Garten gestellt. | Bild: Wagner, Hans

Daher hätten sie es auch gerne, dass die Stadt am Ortseingang eine kleine Verkehrsinsel baut, welche die Bleifüße zum Bremsen zwingen würde. Auch das, glauben sie, kann ja nicht die Welt kosten. Alternativ fänden sie die Aufstellung von Tempoanzeigegeräten mit Smiley-Display sinnvoll – auch schon jetzt mit den noch erlaubten 50 Kilometern pro Stunde. Ein Anwohner ist indes bereits initiativ geworden: Er hat auf seinem privaten Grund eine Blitzer-Attrappe Marke Eigenbau aufgestellt – in der Hoffnung, die Autofahrer halten sie für echt.

Umfahrung des Staus auf der B 34

Kein Geheimnis ist auch: Es können täglich keine 4000 Fahrzeuge und mehr sein, die allein nach Gurtweil fahren und von dort kommen. Jedem hier ist klar: Viele nehmen die Gurtweiler Straße, weil sie Richtung Tiengen und Lauchringen weiterfahren, aber nicht im Stau auf der B 34 stehen wollen. Tempo 30 auf der Gurtweiler Straße könnte die Nutzung der Bundesstraße als Bypass unattraktiver machen. Rund um die Christliche Schule Hochrhein besteht das Tempolimit bereits. Aber es gilt nur von Montag bis Freitag, nur zwischen 7 Uhr und 16.30 Uhr und eben nur auf einem kurzen Abschnitt.

Sie sind eine lose Gruppe von Alteingesessenen, die hinter Tempo 30 stehen. Sie sagen, es sei schwierig, weitere Anwohnerinnen und Anwohner der Gurtweiler Straße für das Thema zu mobilisieren, gerade unter denen, die dort zur Miete wohnen und bei denen der Wechsel groß sei. Dennoch sind sie überzeugt, dass auch sie zu den Gewinnern zählten, sollte die Maßnahme kommen. Sie sagen: „Die Stadt hat es in der Hand. Wenn sie es wirklich will, dann kommt es auch.“