Verkehrslärm ist nicht nur eine der großen Herausforderungen unserer Zeit, sondern auch ein handfestes Problem, das für Betroffene weitreichende Folgen bis hin zu gesundheitlichen Auswirkungen haben kann. In Gestalt des Lärmaktionsplans hat die Stadt Waldshut-Tiengen das künftige Vorgehen zur Linderung der Problemstellung zusammengefasst. Nun wurden konkrete Pläne vorgestellt, verbunden mit der Möglichkeit für Bürger, eigene Vorschläge einzubringen und Maßnahmen zu hinterfragen. Die Resonanz fiel überraschend gering aus: Gerade 40 Menschen kamen in die Stadthalle.
Wie sieht das bisherige Vorgehen aus?
Im Rahmen der ersten Schritte der Lärmaktionsplanung wurden die Straßen ermittelt, die von mehr als 4000 Fahrzeugen pro Tag frequentiert werden, bei gleichzeitiger Prüfung der Anzahl von betroffenen Anwohnern, wie Alexander Colloseus vom Ingenieurbüro Fichtner darstellte: „Es gilt immer, eine Abwägung zwischen der Zahl der Betroffenen und den Eingriffen in Verkehrsabläufe zu treffen.“
Die Ermessensspielräume seien dabei teilweise „sehr groß“, wenn es um rechtssicher umsetzbare Maßnahmen gehe, so Colloseus weiter. Auch die Lärmgrenzwerte spielen eine wichtige Rolle, vor allem mit Blick auf die Dringlichkeit einer Maßnahme.

Gemäß den daraus entstandenen Lärmkarten sind Bereiche der Bundesstraßen und Ortsdurchfahrten besonders stark lärmbelastet, die Waldshut, Tiengen und Gurtweil tangieren oder durch diese Ortsteile hindurch führen.
Auf Basis von Verkehrszählungen und eingehenden Untersuchungen wurden im nächsten Schritt Maßnahmen abgeleitet, die zusätzliche Geschwindigkeitsreduzierungen in Verbindung mit Verkehrskontrollen beziehungsweise auch den Einbau von lärmminderndem Straßenbelag vorsehen. Sollten diese Maßnahmen entsprechend umgesetzt werden, könnte sich daraus eine Verbesserung der Lärm-Situation für etwa 1800 Anwohner ergeben, so Colloseus.
Welche Maßnahmen stehen konkret im Raum?
Den Einbau von speziellem Asphalt schlagen die Experten auf der B34 in den Bereichen Liedermatte, Eisenbahnstraße und Schmittenau vor, ebenso auf der B500 (St. Blasier Straße), der Ortsdurchfahrt Tiengen (L159) und der Ortsdurchfahrt Gurtweil (Schlüchttalstraße, L 161).
Geschwindigkeitsbegrenzungen sieht das Maßnahmenkonzept in folgenden Bereichen vor: B34/Liedermatte (nachts auf 50 km/h), Ortsdurchfahrten Tiengen und Gurtweil (nachts auf 30 km/h), Gurtweiler Straße und Rathausstraße Gurtweil (ganztägig 30 km/h).
Was wünschen sich die Bürger?
Im Rahmen der Gespräche an den fünf Themen-Stationen wurden weiterführende Maßnahmen diskutiert und zusätzliche Wünsche und Vorschläge aus der Bürgerschaft aufgenommen. Gezielt wurden dabei die Lärmschwerpunkte in Waldshut, Tiengen und Gurtweil sowie mögliche verkehrsberuhigte Bereiche besprochen. Dieter Bollinger, Leiter des Straßenbaureferats Süd des Regierungspräsidiums Freiburg, stand derweil für technische Rückfragen Rede und Antwort.
Am Ende konnten Alexander Colloseus und sein Team eine durchaus beachtliche Anzahl von weiterführenden Vorschlägen mitnehmen. Das Spektrum reichte dabei von der Ausweitung von Geschwindigkeitsreduzierung über den Einbau von Hindernissen wie Verkehrsinseln auf beliebten Raserstrecken bis hin zur Ausweitung der Geschwindigkeitskontrollen. Die Vorschläge wurden einstweilen aufgenommen und werden auf Umsetzbarkeit geprüft.
Was ist zu beachten?
„Bei allen Möglichkeiten, die sich aus dem Lärmaktionsplan ergeben, und allem Wünschenswerten, was noch hinzukommen könnte, ist es wichtig, Maß zu halten“, brachte es Oberbürgermeister Martin Gruner im Gespräch mit unserer Zeitung auf den Punkt.
Dazu zähle auch, dass insbesondere die Funktion der Durchgangsstraßen nicht beeinträchtigt werden dürfe. So sei die Einführung zusätzlicher Tempo-30-Bereiche sicherlich ein probates Mittel, um Verkehrsströme zu lenken. Es sei aber absehbar, dass eine Geschwindigkeitsbegrenzung in der Ortsdurchfahrt Waldshut auf 30 km/h die Stauproblematik nur weiter verschärfe, so Gruner. Daran könne keiner ein Interesse haben.

Darüber hinaus gebe es auch rechtliche Vorgaben zu beachten, wie Colloseus darstellte: „Eine durchgehende Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h innerorts gibt zum Beispiel die Gesetzeslage nicht her.“ Denn für jede Stelle, an der entsprechende Maßnahmen vorgesehen seien, bedürfe es einer Begründung und den Nachweis der Notwendigkeit. Darum dürften auch keine prophylaktischen Maßnahmen ergriffen werden.
Dies sei auch bei technischen Limitierungen zu beachten: So sei laut Colloseus der Einbau des sogenannten Flüsterasphalts innerorts wesentlich weniger effektiv als außerorts, da die lärmmindernde Wirkung auch abhängig von der gefahrenen Geschwindigkeit sei.
Wie geht es jetzt weiter?
Nach der nun erfolgten frühzeitigen Mitwirkung der Öffentlichkeit werden die Ergebnisse geprüft und gegebenenfalls in den Lärmaktionsplan eingearbeitet. Voraussichtlich noch vor der Sommerpause wird sich der Gemeinderat mit dem Thema befassen und die Offenlage der Planung beschließen. Nach Abschluss der folgenden Verfahrensschritte wird der Lärmaktionsplan wiederum per Gemeinderatsbeschluss in Kraft gesetzt. Vorgesehen ist eine Überprüfung in Fünfjahresschritten.