„Die ärztliche Versorgung im Landkreis Waldshut ist prekär. Ganz extrem ist die Lage bei den Kinderärzten“, so Klaus Denzinger anläßlich eines Pressetermins bei Kinderarzt Jochen Sperling in Wehr-Öflingen.

Die Lage für Eltern und Ärzteschaft wird grenzwertig

Nachdem sich Kinderarzt Bernd Zerfass in Waldshut-Tiengen Ende des Jahres zur Ruhe setzen werde und Matthias Franki in Laufenburg seine Praxis auf unbestimmte Zeit geschlossen habe, sei auf diesem Sektor der Gesundheitsversorgung am Hochrhein eine Situation entstanden, „die immer grenzwertiger wird. So können wir zum Beispiel Kinder mit erhöhter Temperatur oft erst nach dem fünften Fiebertag einbestellen“, ergänzt Jochen Sperling. Nach dem Verlust der beiden Kinderärzte seien rund 3000 Kinder und Jugendliche aus Waldshut und Laufenburg ohne Betreuung – die Folgen für die Patienten und seine Praxis illustriert Arzthelferin Carolin Richard: „Mittlerweile kommen Eltern aus Lörrach oder hinter Waldshut hierher in die Praxis“ führt sie aus und verweist auf das geringe Interesse von Kinderärzten, von einer Krankenhausstelle aus eine Praxis zu übernehmen: „Von zehn Ärzten dort kann sich nur einer vorstellen, eine eigene Praxis zu betreiben.“

Schweiz lockt Fachärzte über die Grenze

Für Denzinger, Fraktionsvorsitzender der FDP im Kreistags Waldshut und Bundestagskandidatin Nathalie Wagner Anlass, sich über die Lage im Bereich Kinderheilkunde im Landkreis ein eigenes Bild zu verschaffen. Es gelte, so Denzinger, in den von Vertretern des Gesundheitswesens und der Politik um Landrat Martin Kistler anfang Oktober initiierten Runden Tisch auch den Westen des Landkreises einzubeziehen. „Die Situation wird auch hier prekärer werden, da nun auch Patienten aus dem östlichen Landkreisgebiet zu uns kommen werden. Ich weiß, dass es keine Soforthilfe gibt, doch der Westen muss beim Runden Tisch dabei sein.“

Einen Grund für den Mangel an Kinderärzten sieht Sperling in den besseren Arbeitsbedingungen in der Schweiz. „Der Wechsel von Ärzten in das Nachbarland verschärft die Lage zusätzlich“, erläutert er. „Es gibt keinen Mangel an ausgebildeten Kinderärzten, doch für viele jüngere Kollegen ist der Schritt in die Selbstständigkeit mit einer eigenen Praxis ein No-Go, niemand will mehr Verantwortung übernehmen“, fügt Sperling hinzu. Dabei gehe ein junger Kollege bei der Übernahme einer freien Praxis gar kein finanzielles Risiko ein, „denn es ist ein sicherer Job. Doch es haben sich bei dieser Generation wohl die Prioritäten für das Arbeitsleben geändert.“

Private Initiative als Lösungsansatz?

Eine Lösung sieht Sperling in einem Investorenmodell, also dem Kauf freier Kassenarztpraxen und der Einrichtung einer Gemeinschaftspraxis beim Waldshuter Krankenhaus – aber auch den klassischen Betrieb einer Kinderarztpraxis hält Sperling weiter für attraktiv. Denzinger rät Landkreis und Gemeinden, Medizinstudenten aus dem Landkreis anzuschreiben, um für eine spätere Rückkehr an den Hochrhein zu werben. Darüber hinaus gelte es, privat betriebene Gemeinschaftspraxen anstelle öffentlicher Betreiber in den Mittelpunkt zu rücken. Eine Einschätzung, die auch Nathalie Wagner teilt: „Es muss geprüft werden, was effektiv unternommen werden kann, um die Attraktivität des Hochrheins für Ärzte zu erhöhen, hier spielt sicher neben der wirtschaftlichen Seite auch die Bürokratie eine große Rolle“, erklärt sie.

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