Eine kulturhistorische Reise in literarischer Form hat die in Herrischried lebende Autorin Sandhya Hasswani unternommen. Mit ihrem kürzlich im Basler Friedrich Reinhardt Verlag erschienenen Buch „Sagenhafter Hotzenwald“ begibt sie sich auf die Spuren so origineller Persönlichkeiten wie dem Heidewiibli, dem Gaudihans mit der wüsten Schnöre oder dem Moosteufel vom Murgtal. 32 Erzählungen, basierend auf Überlieferungen und eigenen Recherchen, hat sie zu einer Art Kompendium von Sagen und Erzählungen aus der Region zwischen Hochrhein und Südschwarzwald zusammengefasst.

Hasswani schlägt auf rund 300 Seiten einen zeitlichen Bogen von der Habsburger Regentschaft bis ins 19. Jahrhundert. Sie erweckt historische Persönlichkeiten und Sagen des Hotzenwalds zu neuem Leben. Dazu liefern Infokästen erstaunliche und wissenswerte Fakten zu Land, Menschen, Tradition und Kulturgeschichte aus mehr als 800 Jahren. „Erzählung für Erzählung durchwandert man die Region und lernt sie auf eine unterhaltsame und informative Weise kennen und verstehen“, bewirbt der Verlag das Buch.
Das Sahnehäubchen sind die mehr als 80 Aquarelle, die die Autorin selbst gemalt hat. Sie sind mehr als „nur“ Illustrationen, sondern eigenständige Kunstwerke, die sich gut in einer Ausstellung machen würden. Das Aquarell gilt als eine anspruchsvolle Kunstform, da sie vom Prinzip „Weniger ist mehr“ lebt. Sandhya Hasswani hat das Buch mit ihren Bildern zu einem Schmuckstück gemacht.

Auch ihre Auswahl an Geschichten ist durchweg gelungen. Darunter befindet sich die Gründungslegende von Todtmoos oder wie die Stadt Waldshut zu ihrem Namen kam. Den Hotzenwäldern bekannte Figuren wie der Stehli-Fürscht, das Heidewiibli und das Maisenhardt-Joggeli lässt Hasswani wieder aufleben. Weniger bekannte Geschichten wie „Die Sachsenprinzessin von Hogschür“ oder „Metzger-Fine und das Wägele voll Seidenbänder“ geben einen Eindruck von früheren Zeiten und Bräuchen.
Sagenhaft sind außerdem „Die Frohnmühle und das silberne Tuch“, „Wie das Glasmännle den Kaiser traf“, „Der Fischer und der Pfaffesteg-Joggele“ sowie „Der Jäger und der Hirsch“. Laufenburg kommt mit Geschichten über den „guten Graf Hans“ und die Salmfänger zu Ehren. Hasswanis Sprache ist präzise und weniger schmuckvoll als von einer Sagensammlung erwarten wird – was den Geschichten gut tut, denn dadurch bleibt ihre Originalität bewahrt.

Was dem Buch auch gut tut: Das Stichwortverzeichnis, das auf die „wahren“ Ereignisse und Zustände verweist. Ein ganzes Kapitel ist den Auswanderungswellen aus dem Hotzenwald gewidmet, von der Übersiedlung ins Banat bis hin zu den Auswanderungen nach Amerika. Weitere Beispiele sind die Beschreibungen der Hotzenwälder Baumwollweberei, der Schwarzwälder Glasbläserei oder wie die Elektrizität und in deren Zug die Industrialisierung in die Region gelangte.
So wird Hasswanis Buch auch eines der Fakten, eine Beschreibung von Land und Leuten aus dem „echten“ Leben. Die Autorin stellt Zusammenhänge her und lädt die Leser auf eine Zeitreise durch eine einmalige Kultur ein. „Nicht immer muss Althergebrachtes auch altbacken daherkommen“, stellt sie fest. Hasswani weiter: „Meist offenbart sich uns das breite Spektrum einer Überlieferung erst, wenn wir uns eingehender mit ihrer Geschichte auseinandersetzen. Und manchmal ergeben sich dabei völlig neue Sichtweisen.“
Dazu mögen auch die Heimtaforscher beigetragen haben, die der Herrischrieder Autorin mit Auskünften und Hinweisen zur Seite gestanden haben, so der kürzlich gestorbene Görwihler Ehrenbürger Paul Eisenbeis, der frühere Schwarzwaldverein-Präsident Georg Keller, Gerhard Neugebauer aus Rickenbach, Lothar Lüber aus Bernau, Hans-Dieter Folles aus Todtmoos, Reinhard Valenta aus Wehr und Adelheid Enderle-Jehle aus Bad Säckingen.