Der 19-jährige Mann, der kurz vor Ostern in Lienheim seine Eltern und einen Bruder getötet und seine Schwester schwer verletzt haben soll, ist wohl psychisch krank und daher sehr wahrscheinlich vermindert schuldfähig. Zu diesem Ergebnis kommt laut Darstellung der Staatsanwaltschaft Waldshut-Tiengen ein Sachverständiger, der den mutmaßlichen Täter untersucht hat.

Am Montag, 15. April, sei er per Unterbringungsbefehl des Amtsgerichts Waldshut-Tiengen in eine psychiatrische Klinik verlegt worden, so die Staatsanwaltschaft weiter. Genau zu diesem Zeitpunkt wurden auf dem Friedhof in Erzingen die drei getöteten Familienmitglieder unter großer öffentlicher Anteilnahme beigesetzt.

Wie ist genau der Stand der Dinge in dem Fall?

Die Staatsanwaltschaft Waldshut-Tiengen habe „unverzüglich nach der Inhaftierung des Beschuldigten einen erfahrenen forensisch-psychiatrischen Sachverständigen mit seiner Begutachtung“ beauftragt, schildert deren Sprecherin Rahel Diers in einer Mitteilung der Ermittlungsbehörde.

„Nach derzeitigen Erkenntnissen soll aufgrund einer psychiatrischen Erkrankung zum Tatzeitpunkt die Fähigkeit des Beschuldigten, das Unrecht der Taten einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, aufgehoben gewesen sein“, führt Diers näher aus.

Aufgrund dieses bislang aber nur vorläufigen Ergebnisses habe die Staatsanwaltschaft die Aufhebung des Untersuchungshaftbefehls beim zuständigen Jugendrichter beantragt, verbunden mit dem Antrag auf Erlass eines Unterbringungsbefehls in ein psychiatrisches Krankenhaus. Diesem habe der zuständige Haftrichter des Amtsgerichts Waldshut-Tiengen am Montag zugestimmt.

Wie kommen die Ermittlungen voran?

Konkretere Angaben zu weiteren Erkenntnissen der Ermittlungen macht die Staatsanwaltschaft nicht. Auf Anfrage unserer Zeitung erklärt Diers: „Die Ermittlungen dauern nach wie vor an.“ Einen Zeitplan für die Dauer der Ermittlungen gebe es nicht.

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Was hat sich seit der Tat ereignet?

Die drei bei der Tat Getöteten – die Eltern und der Bruder des mutmaßlichen Täters – wurden ebenfalls am Montag in Erzingen beigesetzt. Die Trauerfeier fand unter großer öffentlicher Anteilnahme statt.

Groß sei auch die öffentliche Beteiligung an einer Spendenaktion der Gemeinde Hohentengen gewesen, wie deren Bürgermeister Jürgen Wiener auf Nachfrage darstellt. 419 Privatpersonen, Vereine und Firmen hätten sich daran beteiligt. Die genaue Spendensumme stehe noch nicht fest. Allerdings: „Das Ziel war so hoch gesetzt, dass sich die Hinterbliebenen keine Gedanken über Bestattungskosten und Folgekosten der Beerdigung machen müssen, und ihnen diese finanzielle Last genommen wird. Dieses Ziel wurde erreicht“, so Wiener.

Wie ist die Stimmung in der Gemeinde?

Als belastend hätten viele Menschen das in der Anfangszeit überbordende internationale Medieninteresse empfunden. Der Fall hatte auch in der Schweiz und in Italien, wo die Familie Wurzeln hat, für viel Aufsehen gesorgt. Doch das habe schnell nachgelassen, auch weil sich die Gemeinde mit offiziellen Stellungnahmen um die Beantwortung aller Fragen bemüht habe, so Wiener.

„Meine Wahrnehmung ist so, dass der Trauerprozess und die Trauma-Verarbeitung je nach Betroffenheit und Nähe zu den Verstorbenen noch andauert“, schildert Wiener seine Eindrücke. Auf jeden Fall werde die Verarbeitung noch einige Zeit andauern. Die Gemeinde werde nach wie vor für etwaige Fragen in dieser Sache zur Verfügung und bei Bedarf gerne auch Hilfsangebote vermitteln, so der Bürgermeister. Auch sei er mit den Hinterbliebenen in Kontakt, und die Gemeinde bemühe sich um Unterstützung bei allen erforderlichen amtlichen Schritten.