Im Wahlkampf ist es üblich, dass sich die Politprominenz auch in der Region ihr Stelldichein gibt. In diesem Jahr war es allerdings der Pandemie und den damit einhergehenden Kontaktbeschränkungen geschuldet, dass Christian Lindner, der Vorsitzende der FDP und ihr Fraktionssprecher im Bundestag, den Weg nach Südbaden nur digital antrat. Gemeinsam mit dem Bundestagsabgeordneten Christoph Hoffmann diskutierte Lindner mit Experten und hiesigen Landtagskandidaten über „die Corona-Pandemie und ihre Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft“.
So kamen die Sorgen und Perspektiven von Unternehmern zur Sprache, die auch entlang des Hoch- und Oberrheins und im Südschwarzwald die Menschen beschäftigen. Als Wirtschaftsexperte gab Münzer, selbst Hauptgeschäftsführer der wvib Schwarzwald AG, einen allgemeinen Einblick. Er erläuterte, dass es trotz der Pandemie-Maßnahmen einigen Branchen überraschend gut gehe und nannte die Industrie als Beispiel. Hier seien vergleichsweise wenige staatliche Hilfsgelder nötig gewesen. In anderen Bereichen sei die Situation dagegen deutlich schwieriger und zunehmend besorgniserregend. Der Lörracher Landtagskandidat und Gastronom Felix Düster bekräftigte: „Wir werden Betriebe sehen, die schließen.“ Der Gastronomie und Hotellerie fehle eine Perspektive, das Takeaway-Geschäft sei schwierig.
Mit etwas Verspätung klinkte sich FDP-Chef Christian Lindner in die südbadische Runde ein. Offen für Neues, Freude an Schaffenskraft, so habe er die Region im Südwesten Deutschlands kennengelernt. Der hierfür genutzte Begriff „südgermanische Mentalität“, den Christoph Münzer wählte und Linder dann aufgriff, wirkte allerdings etwas befremdlich. Gerhard Gantner, unabhängiger Finanzberater im Markgräflerland, und der zweite regionale Experte an diesem Abend, kritisierte, dass zu viele Vorschriften für Unternehmen und Gesellschaft zentral gemacht und zu wenig vor Ort entschieden werden könne. Er sprach von einem „Bürokratiemonster“ und hob als Chance mehr Selbstverantwortung hervor. Deutlich die Zustimmung von FDP-Chef Lindner. Er führte einige Beispiele auf und verwies auf das Ziel der FDP „gesellschaftliches Leben wieder zu ermöglichen“, das mit einem Stufenplankonzept, das klare Perspektiven biete und die regionale Situation berücksichtige, erreicht werden soll.
Digitalisierung im Blick
Finanzberater Gantner warnte auch davor, dass gerade junge Firmen bei der staatlichen Hilfe durch das Raster fallen würden, da sie 2019 vielleicht noch gar nicht bestanden, oder nur sehr geringe Umsätze gehabt hätten. Er selbst stelle im Rahmen seiner Tätigkeit fest, dass seine Kunden angesichts der Corona-Maßnahmen zunehmend verzweifelt seien. Kritik gab es darüber hinaus an der Komplexität der nötigen Anträge für staatliche Unterstützung in der Corona-Pandemie. „Es geht um die Zukunft“, so Gantner. Auch hier Zustimmung des FDP-Parteichefs, der betonte: „Es gilt die Pleite von leistungsfähigen Unternehmen zu verhindern.“ Landtagskandidatin Marianne Schäfer (Freiburg I), Elektroingenieurin hob hervor, wie wichtig in diesem und vielen weiteren Kontexten die Digitalisierung sei. Dass es hier im Land noch viel zu tun gebe, sei nicht erst seit Corona der Fall. Dieser Auffassung schlossen sich auch Christoph Hoffmann und die weiteren Teilnehmer an.
Verbunden mit dem Dank für die Einladung hob Christian Lindner die Bedeutung der Landtagswahl am 14. März in Baden-Württemberg auch für die Bundestagswahl hervor. Hier gelte es für die FDP „Temperatur zu fühlen“ . Nach rund eineinhalb Stunden schloss Moderator Christoph Hoffmann die Runde, die zwischenzeitlich bis zu 64 Teilnehmer im Livestream verfolgt haben sollen.