Der Richter und die Vertreterin der Staatsanwaltschaft waren sich einig: Eine heute 31-jährige Frau aus Osteuropa hat im vergangenen Jahr mehrmals auf ihren damaligen Partner eingeprügelt und ihn dabei mitunter erheblich verletzt. Vor Gericht räumte sie die ihr vorgeworfenen Taten ein, betonte aber, sich jedes Mal lediglich zur Wehr gesetzt zu haben, nachdem sie von ihrem damaligen Partner heftig geschlagen und/oder getreten worden war.

Wilde Szenen auch im Gerichtssaal

Wild ging es zu im Sitzungssaal des Amtsgerichts in Waldshut und noch wilder muss es in der Wohnung des Paars im östlichen Teil des Landkreises Waldshut zugegangen sein. „Wir hatten zweimal pro Woche eine Schlägerei, als wir zusammen gewohnt haben“, sagt der frühere Partner der Angeklagten und Vater eines gemeinsamen, heute noch nicht ganz drei Jahre alten Sohnes.

„Ich habe noch nie Hand gegen sie erhoben“, betonte der Mann vor Gericht. Bei seiner Aussage wurde er immer wieder von seiner einstigen Partnerin wortreich unterbrochen. Richter Raphael Kania hatte erhebliche Mühe, die Sitzungsordnung herzustellen. „Was verstehen Sie eigentlich nicht?, rede ich chinesisch?“, fragte er die Angeklagte quasi im Minutentakt, womit der bescheidene Erfolg seiner Bemühungen um Ruhe auf der Anklagebank sichtbar wird.

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Für Unruhe sorgte auch der zweijährige Sohn des Paares, der mangels eines Betreuungsplatzes der Sitzung beiwohnte und dabei zwischen der Mama auf der Anklagebank und dem Papa im Zeugenstand hin und her sauste. Für die Angeklagte und den als Zeugen aussagenden Ex-Partner wurde die gesamte Verhandlung von einer Dolmetscherin übersetzt.

Das wird der Frau vorgeworfen

Amtsanwältin Julia Schmid hatte in ihrer Anklageschrift vier Fälle aus dem vergangenen Jahr aufgelistet. Einmal soll die Angeklagte ihrem damaligen Partner mit einer Tasse auf die Nase geschlagen haben und etwa zwei Monate später sei ihre Faust auf der Nase des Partners gelandet. Das Ergebnis war jedes Mal ein gebrochenes Nasenbein.

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Ein anderes Mal soll sie ihm so heftig in die Wade gebissen haben, dass er eine offene Fleischwunde davon trug. Und schließlich soll ein drei bis vier Zentimeter großes Hämatom das Ergebnis von Schlägen mit dem Mobiltelefon auf den Hinterkopf des damaligen Partners gewesen sein. In diesem Fall, so argumentierte die Amtsanwältin in der Anklageschrift, sei die Frau nach erheblichem Alkoholkonsum wohl schuldunfähig gewesen. Zum Tatzeitpunkt hatte sie wohl mehr als zwei Promille Alkohol im Blut.

Alkohol spielt öfter eine Rolle

Alkohol spielte offenbar häufig eine Rolle. „Wir hatten damals öfter getrunken; dann kann man sich wegen allem streiten“, sagte der Mann im Zeugenstand. Zuvor meinte er, dass es wegen des Alkohol- und Drogenkonsums seiner damaligen Partnerin immer wieder zu Streit gekommen sei. Die heute 31-Jährige musste sich in ihrer osteuropäischen Heimat viermal wegen Diebstahls verantworten. Zuletzt erhielt sie eine Bewährungsstrafe. „Das war wegen Heroinkonsums“, sagte sie jetzt vor Gericht.

In ihrem Plädoyer wertete Amtsanwältin Schmid die Schilderungen der Angeklagten als Schutzbehauptungen. Wäre sie tatsächlich so heftig verprügelt worden wie sie es angab, dann wäre dies den jeweils von ihrem Partner gerufenen Polizeibeamten aufgefallen. Auch seien ihre Beschreibungen der Vorkommnisse im Detail sehr vage geblieben. Sie forderte eine Geldstrafe von 85 Tagessätzen zu zehn Euro.

Mit 70 Tagessätzen zu zehn Euro blieb Richter Kania beim Strafmaß unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Der Angeklagten schrieb er ins Stammbuch, die Finger von Alkohol und erst recht von illegalen Drogen zu lassen. Ansonsten nämlich hätte sie im nun bald anstehenden familiengerichtlichen Verfahren wegen des Sorgerechts für den Jungen schlechte Karten.

Für Angeklagte ist das Urteil ungerecht

Die Angeklagte selbst sprach von einem ungerechten Urteil: „Dass ich keine Fotos habe und zu blöd war, zur Polizei zu gehen, heißt nicht, dass ich nicht verletzt wurde“, sagte. „Er lügt die ganze Zeit und hat keine Strafe bekommen“, meinte sie noch über ihren Ex-Partner.