Nachdem die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) am Dienstag, 2. Januar, per Pressemitteilung bekannt gegeben hat, dass es ab dem 8. Januar zu einer Fusion der bisher noch getrennt organisierten Kinderarzt-Notfalldienstbereiche Lörrach und Waldshut kommt, werden nach und nach die Auswirkungen deutlich.
Auswirkungen auf den Rettungsdienst befürchtet
So wird es künftig nicht nur für Eltern von kranken Kindern aus dem Raum Waldshut schwieriger und aufwendiger, ihren Nachwuchs vor allem am Wochenende und den Feiertagen außerhalb des Landkreises Waldshut – entweder in Lörrach, Singen, Freiburg oder Villingen-Schwenningen – behandeln zu lassen. Auch im Rettungswesen vor Ort wird mit einem stärkeren Anstieg der Hilfesuchenden gerechnet.
Zwar soll unter der Woche weiterhin eine dezentrale kinderärztliche Versorgung sichergestellt werden, allerdings sind auch hier die Notfalldienstbereiche Lörrach und Waldshut zusammengefasst. Bedeutet: Eltern aus Waldshut müssen im Ernstfall ebenfalls mit ihren Kindern nach Lörrach fahren.
Das sagt das Landratsamt Waldshut

„Das Landratsamt habe frühzeitig darauf hingewiesen, dass bei einer etwaigen Zentralisierung von Leistungen weitere Aspekte zu berücksichtigen sind, die nicht unmittelbar im Verantwortungsbereich der KV liegen. So ist unter anderem eine zusätzliche Belastung des Rettungsdienstes zu befürchten, wenn der kinderärztliche Notdienst noch weiter entfernt und schwerer zu erreichen ist“, schreibt das Landratsamt Waldshut auf SÜDKURIER-Anfrage.
Das sagt das DRK Kreisverband Waldshut
Heiko Zimmermann, Betriebsleiter Rettungswesen und stellvertretender Kreisgeschäftsführer des Deutschen Roten Kreuzes Kreisverband Waldshut sagt: „Wir gehen stark davon aus, dass die Fusion bei uns im Rettungswesen zu einem Anstieg führt.“
Das wiederum könne dazu führen, dass die Einsatzkräfte blockiert sind, wenn es zu einem akuten Notfall eines anderen Patienten kommt. „Die Fusion ist ein weiterer, tiefer Einschnitt, den wir bedauerlich zu Kenntnis nehmen müssen“, so Zimmermann.
Kritik an der Kassenärztlichen Vereinigung
Sowohl das DRK als auch das Landratsamt kritisieren, dass die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg im Vorfeld keinen Kontakt aufgenommen habe. „Wir sitzen hier vor Ort und müssen deren Entscheidungen hinnehmen. Die Entscheidung der Fusion – ohne Rücksprache mit uns – spiegelt nach meiner Wahrnehmung das grundsätzliche Verhalten der KV wieder. Und auch jetzt sind wir offiziell noch nicht von der KV informiert worden“, kritisiert Zimmermann.
Auch beim Landratsamt sieht die Situation kaum anders aus, denn der Behörde lägen bis heute noch keine Einzelheiten der Fusion vor.
Was sagt die KV auf die Frage, warum der Landkreis nicht in die Entscheidung einbezogen worden ist? dazu schreibt die Pressestelle: „Das ist eine Entscheidung, die die KV gemeinsam mit den Beteiligten vor Ort treffen muss. Der ärztliche Bereitschaftsdienst stellt eine hohe Belastung für die ohnehin stark belasteten Ärztinnen und Ärzte dar. Wir müssen die Regelversorgung stärken und daher Strukturen schaffen, die einen dauerhaft sicheren Dienst gewährleisten.“
Wie geht es jetzt weiter?
Zwar seien dem Landratsamt noch nicht alle Einzelheiten der Fusion bekannt, aber nachdem das der Fall sein wird, will der Landkreis erneut mit den Kinderärztinnen und Kinderärzten ins Gespräch gehen. „Denn deren Einschätzung zur Versorgungssituation ist selbstverständlich maßgeblich. Hiernach werden wir das Gespräch mit der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg suchen“, schreibt das Landratsamt auf Nachfrage.
Hintergrund der Fusion ist, dass die Kinderärzte im Landkreis Waldshut entlastet werden sollen. Laut KV gibt es derzeit 15 Kinderärzte im Landkreis Waldshut. „Das ist eine reine Kopfzahl und sagt noch nichts darüber aus, in welchem Umfang sie tätig sind“, so die KV. Zwei der 15 Ärzte hätten zudem eine Spezialisierung in Neuropädiatrie und stünden damit also nur in einem geringeren Umfang für die Basisversorgung zur Verfügung.
„Trotz einer rechnerisch guten Quote wissen wir, dass die Wartezimmer voll sind und Eltern Schwierigkeiten haben, einen Kinderarzt zu finden.“ Mit der Fusion der Kinderarzt-Notfalldienstbereiche soll laut KV die Anzahl der teilnehmenden Pädiater aufgestockt und der Dienst in Zukunft gesichert werden. „Die Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte werden in ihrer Dienstpflicht entlastet, telle
Damit der Rettungsdienst nicht noch stärker belastet wird, braucht es laut Landratsamt begleitende Maßnahmen und Rahmenbedingungen für Eltern mit kranken Kindern. „Verunsicherte und verängstigte Eltern brauchen eine Anlaufstelle, an der sie eine medizinische Ersteinschätzung bekommen und die sie darin unterstützt, die Situation richtig einzuschätzen und die richtigen Maßnahmen zu ergreifen.“ Die Behörde weiter: „Ob die KV unsere diesbezüglichen Anregungen aufgenommen hat und inwieweit sie gehört wurden, können wir derzeit nicht beurteilen. Hierzu hat leider entgegen unserer ausdrücklichen Bitte keine Kommunikation mit der KV stattgefunden.“
Was die KV eingerichtet hat, ist ein allgemeines Patienten-Navi. Damit sollen Betroffene einschätzen können, ob ein dringender Arzt-Patientenkontakt erforderlich ist.
Sind Unterstützungen für Eltern bei der Anreise in die Notfallpraxis geplant zum Beispiel ein Zuschuss für Taxi-Kosten?
Die KV schreibt: „Das ist nicht vorgesehen, das gab es aber auch bisher schon nicht. Bisher mussten die Eltern ebenfalls an den Wochenenden und Feiertagen mit ihren Kindern in eine Praxis fahren. Wir haben landesweit den kinderärztlichen Dienst in zentralen Notfallpraxen an Kinderkliniken angesiedelt. Das hat den Vorteil, dass die Eltern immer wissen, wo sie hinfahren und nicht erst recherchieren müssen, wo der diensthabende Arzt seine Praxis hat.“